Dirk Nowitzki, Jason Kidd, Tyson Chandler, Shawn Marion, Jason Terry und, und, und. Diese Namen werden Fans der Dallas Mavericks wohl nie vergessen, schließlich waren sie die Eckpfeiler der einzigen Meisterschaft der Franchise im Jahre 2011.
Was dieses Team aber so einzigartig machte, war der Umstand, dass im Prinzip jeder Spieler im Playoff-Kader seinen Teil zum Erfolg beitrug. J.J. Barea terrorisierte die Miami Heat mit seinen Drives, Peja Stojakovic traf in Spiel vier gegen den amtierenden Champion Los Angeles Lakers jeden seiner sechs Dreier. Ian Mahinmi spielte kaum, wurde aber durch die Verletzung von Brandon Haywood plötzlich als Backup in den Finals gebraucht und stand seinen Mann.
Und dann war da noch Brian Cardinal, zu Beginn der Saison als klassischer 15. Mann eingeplant, der in der Regular Season für Entlastung sorgen und dann in den Playoffs seine Mitspieler motivieren und mit dem Handtuch wedeln sollte. Der damals bereits 34-Jährige war zuvor ein Wandervogel, dank harter Arbeit und tadellosem Verhalten konnte er aber immer wieder einen Job in der NBA ergattern.
Brian Cardinal: Der klassische Journeymen
Seit 2000 (44. Pick) spielte der Forward für Detroit, Washington, Golden State, Memphis und Minnesota. In seinem Playoff-Resümee waren bis 2011 lediglich sieben Spiele und 100 Minuten notiert.
Das sollte sich auch zunächst beim Playoff-Run der Mavs nicht ändern. Cardinal durfte in den ersten drei Runden nur viermal aufs Parkett (insgesamt 6:36 Minuten), seinen einzigen Wurf, einen Dreier, versenkte er.
Und so rechnete selbst Cardinal nicht damit, dass er in den Finals gegen Miami seine Chance kommen würde. Doch in Spiel 2 brauchte Dirk Nowitzki eine Pause und Coach Rick Carlisle rief tatsächlich Cardinals Namen, was dieser gar nicht glauben wollte, wie er später im Interview mit SPOX berichtete.
Brian Cardinal: "Dachte, ich soll eine Stelle trocknen"
"Ich dachte, ich hätte auf dem Parkett eine nasse Stelle gesehen. Und als der Coach meinen Namen rief, bin ich davon ausgegangen, dass ich die Stelle trocknen soll und nahm deswegen mein Handtuch", erklärte Cardinal. "Dann dämmerte mir, dass ich tatsächlich eingewechselt werden sollte."
Eine Minute sollte Cardinal spielen, Nowitzki konnte also dank einer zwischenzeitlichen Auszeit ein wenig durchatmen und wenig später ein ikonisches Finals-Comeback hinlegen, wodurch die Mavs die Serie in Miami tatsächlich ausgleichen konnten.
Der Cardinal-Kurzeinsatz sorgte dennoch für Schlagzeilen, vor allem weil er schon vor der Partie mit einer gewissen Portion Selbstironie das Duell "King gegen den Hausmeister" angekündigt hatte.
Brian Cardinal: Der Hausmeister trifft auf den King
"The Custodian", diesen Spitznamen hatte Cardinal schon seit Jugendzeiten, als er in seiner Heimat Illinois für das lokale Baseball-Team die Linien gezogen und auch die Toiletten und Bäder geputzt hatte.
Nun stand der Hausmeister aber in den Finals und seine Rolle wurde ab Spiel 4 deutlich größer. Stojakovic war durch seine defensiven Mängel unspielbar geworden, dazu verletzte sich mit Haywood der dritte Big Man hinter Nowitzki und Chandler.
Cardinal war ebenfalls kein berühmter Verteidiger, stattdessen versuchte der Forward zumeist, Offensiv-Fouls zu ziehen oder eben keine leichten zwei Punkte zuzulassen. "Meine Aufgaben sind immer gleich", sagte Cardinal damals. "Ich spiele harte Defense, nehme offene Würfe und bewege den Ball."
Zu viel mehr war dieser hüftsteife, glatzköpfige Veteran auch nicht mehr im Stande, seine markigen Sprüche, sein voller Einsatz und eben auch sein äußerliches Erscheinungsbild machten ihn aber zusammen mit seinem Spiel 5 zu einer Mavs-Legende.
In 9:37 Minuten erzielte Cardinal mit 4 Punkten einen Playoff-Bestwert, dazu versuchte er dreimal das Offensiv-Foul zu nehmen, dreimal kassierte jedoch er das Foul. Ein Pfiff war strittig, nämlich der Zusammenprall mit Heat-Star Dwyane Wade im ersten Viertel.
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Brian Cardinal: Der heimliche MVP der FInals
Trotz der zwei Freiwürfe für Wade war es einer der Wendepunkte der Serie, die bis dahin so ausgeglichen war. Wade zog sich beim Fall eine Hüftprellung zu und war für den Rest der Serie sichtlich eingeschränkt.
Dallas holte sich die 3-2-Führung und dann drei Tage später den Titel, während die Big Three um LeBron, Wade und Chris Bosh jede Menge Spott einstecken mussten. Selbst der Hausmeister hatte nun einen Ring mehr als LeBron (das sollte sich ein Jahr später ändern) und Scottie Pippen schlug vor, dass die Mavs Cardinal, dem eigentlichen MVP der Finals, eine Statue errichten sollten.
Knapp neun Jahre später wurde dies noch nicht umgesetzt, selbst Nowitzki hat noch keine bekommen. Hier ist zur Erinnerung noch einmal sein Resümee: Spielte Cardinal in den Finals, gewannen stets die Mavs, blieb er auf der Bank setzte es zwei Niederlagen. In der Serie versenkte er 66,7 Prozent seiner Würfe, alle 210 Sekunden beging er ein Foul. Dafür schnappte er sich immer einen Rebound.
"Es war ein fantastisches Jahr. Anfangs wusste ich nicht einmal, ob ich in Dallas bleiben darf oder nicht", fasste Cardinal die denkwürdige Saison zusammen. "Dass ich am Ende sogar etwas zum Titel beitragen konnte, lag jenseits meiner Vorstellungskraft."