Der SPOX -Nachbericht vom 29. April 2010.
Als die 94 elend langen Minuten endlich vorbei waren, ging es den Spielern von Inter Mailand so richtig nass rein. Kapitän Javier Zanetti und Esteban Cambiasso weinten Krokodilstränen der Freude. Der Rest der Nerazzurri tanzte inmitten dicker Fontänen.
Die Sprenkleranlage des Camp Nou sprang unmittelbar nach Spielende an, aber nur dort, wo die Inter-Spieler den ersten Einzug ins Europacup-Finale der Meister seit 1972 feierten. "Schon seltsam. Ich glaube nicht, dass das geplant war. Die wollten uns da wohl weghaben", sagte Wesley Sneijder.
Der Gewinner hat Recht
Dem FC Barcelona ein schlechtes Verlierer-Image anzuheften, wäre verkehrt. Pep Guardiola gratulierte höflich: "Jeder Trainer und jede Mannschaft hat das Recht, so zu spielen, wie sie es für richtig halten. Inters Defensiv-Stil zu kritisieren, steht mir nicht zu. Im Sport hat der Gewinner immer Recht."
Inter kehrte im Camp Nou zu den Wurzeln des jahrzehntelang erfolgreichen Calcio zurück: Catenaccio in seiner reinsten Form. Schon vor Thiago Mottas Platzverweis (28.) verbarrikadierten sich die Nerazzurri in der eigenen Hälfte. In der Schlussphase bildete Inter eine Sechser-Abwehrkette mit Samuel Eto'o als äußerstem Außenverteidiger.
"Unser Trainer findet immer die richtige Taktik, um den Gegner zu zerstören", sagte Sneijder. Jose Mourinho hat mit Inter nicht nur die "nach wie vor beste Mannschaft der Welt" (Mourinho) rausgenommen, sondern zuvor bereits den FC Chelsea mürbe gemacht.
Keine Provokation der Barca-Fans
Mourinho war nach der Abwehr- und Nervenschlacht überschwänglich stolz.
"Das war die schönste Niederlage meines Lebens. Meine Mannschaft hätte ein 0:0 verdient gehabt, weil sie phantastisch verteidigt hat. Wir waren Helden. Wir haben Blut geschwitzt. Es ist eine unglaubliche Freude. Ich habe schon einmal die Champions League gewonnen. Aber das hier ist viel besser. Es ist schade, dass ich im Finale nicht spielen kann, weil ich das gleiche Blut habe wie meine Spieler."
Sneijder erlebte nach dem Schlusspfiff eine neue Facette seines Trainers: "Er hat geschrien wie am Spieß. Das war wild." Mit ausgestreckten Zeigefingern und erhobenen Hauptes rannte der Portugiese über den Platz. Barca-Torhüter Victor Valdes stellte sich Mourinho in den Weg und packte ihn an der Schulter.
"Valdes hat geglaubt, dass ich die Barca-Fans provozieren wollte. Das ist nicht wahr. Ich wollte mit den Inter-Fans jubeln und mit meinen Spielern. Jetzt werden wir ein Festival feiern. Ich will, dass der Flughafen in Mailand brennt, wenn die Spieler nach Hause kommen. Sie waren episch und perfekt. In 40 Jahren werden unsere Enkelkinder noch von diesem Spiel sprechen."
Laporta: Grausamkeit des Fußballs
Wahrscheinlich werden seine Ururenkel Mourinho noch als Coach erleben. The Special One hat noch lange nicht genug. "Ich bin heute 47. Das heißt, dass ich noch 23 Jahre Trainer sein werde. Ich hoffe, dass Gott mir hilft, dass ich gesund bleibe. Dann werde ich noch viel gewinnen und verlieren, noch viel weinen und viel jubeln."
Beim FC Barcelona war das Scheitern in der Königsklasse schnell abgehakt. "Wir mussten diesmal die ganze Grausamkeit des Fußballs erfahren. Aber unsere Mannschaft hat Applaus verdient. Sie hat alles gegeben. Jetzt zählt für uns nur noch die Liga. Wir wollen mit aller Macht Meister werden", sagte Präsident Joan Laporta.
Mourinho von Bayern begeistert
Ein technisch perfektes Tor von Abwehrspieler Pique war zu wenig, um erneut ins Champions-League-Finale einzuziehen. "Madrid wäre schön gewesen. Wir haben dort zuletzt gute Erfahrungen gemacht. Aber es sollte nicht sein. Jetzt stehen eben Inter und Bayern im Finale", sagte Mittelfeldstratege Xavi.
Der nächste Gegner hat es Mourinho besonders angetan: "Der FC Bayern ist ein Vorbild für viele Vereine. Die Bayern haben in dieser Saison nicht gut begonnen und sich in einer schweren Situation befunden, aber sie haben die Ruhe bewahrt. Und nun stehen sie im Champions-League-Finale, im Pokalendspiel und sind Erster in der Liga. Dank Louis van Gaal. Bayern hat eine großartige Mannschaft und die Kultur eines Champions."