Ein kleiner Disclaimer zu Beginn, denn sicher wird der eine oder andere hier die Meinung vertreten, dass Grades direkt nach dem Draft ohnehin keinen Sinn ergeben - dem stimme ich nicht zu. Vielleicht liegt aber auch ein Missverständnis darüber vor, was Draft Grades eigentlich genau sind.
Bei Draft Grades geht es nicht darum, jede Klasse im Detail auf die nächsten vier Jahre zu prognostizieren. Es geht nicht darum, sich festzulegen, welcher Sechstrunden-Sleeper explodieren und der nächste Superstar oder welcher Top-10-Pick in drei Jahren ein Draft-Bust sein wird - leider kann niemand in die Zukunft schauen.
Es geht auch nicht darum, stupide die Picks mit seinem eigenen Pre-Draft-Board abzugleichen und dann eine Note daraus zu basteln - das hätte keinerlei Mehrwert. Vielmehr geht es darum, den Prozess im Hier und Jetzt zu bewerten; und das wiederum ist ausschließlich jetzt möglich, bevor sich das Bild unweigerlich verschiebt, wenn die über die letzten Tage gedrafteten Prospects dann ihre ersten NFL-Jahre auf dem Buckel haben.
Jedes Jahr kommt es vor, dass ein Prospect, das so gut wie jeder als absolutes Elite-Talent auf dem Zettel hatte, am Ende nicht funktioniert - das rückblickend zu bewerten und Gründe dafür zu finden ist aber ein völlig anderes Thema als den Prozess und die Herangehensweise der 32 Teams über die drei Draft-Tage anzuschauen, zu beurteilen und zu versuchen, die Überlegungen nachzuvollziehen.
Um diesen Prozess geht es maßgeblich beim Erstellen von Draft Grades. Natürlich fließen zusätzlich die eigenen Analysen der individuellen Prospects - sonst könnte man sich diese auch sparen -, die möglichen Needs der Teams sowie Dinge wie Positional Value und in wie weit sich der mit dem Value des investierten Draft-Picks deckt, mit rein.
Zu sagen, dass Draft Grades keinen Sinn ergeben, weil die Spieler noch keinen Snap in der NFL gespielt haben, spielt jedoch auf eine ganz andere Evaluierung an als die, die bei Draft Grades im Mittelpunkt steht.
Und damit hinein ins Vergnügen!
NFL Draft Grades 2020
Draft Grades: AFC EAST
Buffalo Bills
Die Picks: Edge A.J. Epenesa (2. Runde), RB Zack Moss (3. Runde), WR Gabriel Davis (4. Runde), QB Jake Fromm (5. Runde), K Tyler Bass (6. Runde), WR Isaiah Hodgins (6. Runde), CB Dane Jackson (7. Runde).
Die Analyse: Infolge des Trades für Stefon Diggs hatte Buffalo keinen Erstrunden-Pick; mit Epenesa haben sie dennoch ein potenzielles Erstrunden-Talent ergattert. Mit seiner Power ein Kandidat, um regelmäßig auch nach innen zu rücken und Druck auf den Quarterback zu machen.
Value gab es dann auch mit Fromm in Runde 5, der zumindest ein sehr guter Backup-Quarterback werden sollte - und im Idealfall auch ein Low-Level-Starter werden kann. Hodgins könnte die Rolle des Big-Slot-Receivers als Ergänzung zu Cole Beasley einnehmen; sehr gut möglich, dass es der Sechstrunden-Pick in den Kader als Nummer-4-Receiver schafft - womöglich vor Viertrunden-Pick Davis.
Abzug gibt es für den Kicker-Pick in Runde 6; man sollte gerade beim Draft nie in Absoluten denken oder reden, aber: Niemals einen Kicker draften. Und gerade die Bills, die keinen Erstrunden-Pick hatten, sind kein Team, das sich in der dritten Runde einen Running Back hätte leisten sollen. Buffalo hatte bereits letztes Jahr einen Drittrunden-Pick, überaus erfolgreich, in Devin Singletary investiert und auch wenn man die Frank-Gore-Rolle neu besetzen musste: Ein weiterer Drittrunden-Pick war dafür keinesfalls nötig.
Die Note: 3+.
Miami Dolphins
Die Picks: QB Tua Tagovailoa (1. Runde), OT Austin Jackson (1. Runde), CB Noah Igbinoghene (1. Runde), OG Robert Hunt (2. Runde), DT Raekwon Davis (2. Runde), S Branon Jones (3. Runde), OL Solomon Kindley (4. Runde), DT Jason Strowbridge (5. Runde), Edge Curtis Weaver (5. Runde), LS Blake Ferguson (6. Runde), WR/RB Malcolm Perry (7. Runde).
Die Analyse: Die Grundidee dieses Dolphins-Drafts ist absolut super - und allein die Art und Weise, wie sie letztlich (ohne Uptrade, ohne etwas zusätzliches aufzugeben) Tua Tagovailoa bekamen, macht diesen Draft sehr positiv. Doch Miami hatte mit seinem immensen Draft-Kapital und den dazu analog großen Baustellen im Kader auch größeren Druck für diesen Draft als jedes andere Team. Und nach Tua wurden sie ein Beispiel dafür, wie Draft-Bewertungen sich unterscheiden können: Prozess und Gedankengänge waren gut, doch die Spieler-Auswahl überraschte teilweise.
Austin Jackson in Runde 1 ist hoch diskutabel; das Potenzial ist da, aber Jackson wird auch noch Zeit brauchen. Igbinoghene, ein physischer Man-Corner, und Raekwon Davis, ein 2-Gapper und Run-Stopper, sind exzellente Scheme-Fits, waren beide aber auch vergleichsweise hoch gepickt. Und gerade Igbinoghene überraschte, angesichts der Tatsache, dass Miami bereits das teuerste Cornerback-Duo der Liga hat und dass mit Bama-Safety Xavier McKinney noch ein anderes Top-Prospect auf einer großen Dolphins-Baustelle auf dem Board war.
Curtis Weaver in Runde 5 - trotz der athletischen Defizite - ist an dem Spot ein sehr guter Pick und der neben Tua "aufregendste" Spieler dieser Klasse ist womöglich Malcolm Perry. Der Navy-Quarterback wird eine Gadget-Waffe auf dem nächsten Level sein, für die man offensive Kreativität braucht - dann aber könnte er sehr viel Spaß machen. Bonuspunkte gibt es dafür, dass die Dolphins keinen hohen Pick für einen Running Back verwendeten und stattdessen diese Problemzone mit dem deutlich günstigeren Trade für Matt Breida schlossen.
Die Note: 2+.
New England Patriots
Die Picks: S Kyle Dugger (2. Runde), Edge Josh Uche (2. Runde), Edge Anfernee Jennings (3. Runde), TE Devin Asiasi (3. Runde), TE Dalton Keene (3. Runde), K Justin Rohrwasser (5. Runde), OL Michael Onwenu (6. Runde), OL Justin Herron (6. Runde), LB Cassh Maluia (6. Runde), OL Dustin Woodard (7. Runde).
DieAnalyse: Die Strategie hinter dem Pats-Draft war klar: Flexibilität stand im Mittelpunkt, und diese Pats-Defense sollte wieder jede Menge Spaß machen. Das begann mit dem ultra-athletischen Small-School-Safety Kyle Dugger, ging weiter mit den Edge-Linebacker-Hybriden Uche und Jennings und setzte sich dann auch mit den beiden Tight Ends fort. Zusätzlich griff New England ordentlich Value ab, indem man die Chargers hochkommen ließ und aus der ersten Runde raus tradete.
Die Tight Ends waren für meinen Geschmack beide ein wenig hoch, ein Outside-Receiver hätte New England an irgendeinem Punkt an Tag 2 besser zu Gesicht gestanden. Die Offensive-Line-Tiefe später am dritten Tag sollte den Pats einige Möglichkeiten und auch Flexibilität für mögliche Vertragsverhandlungen geben; Rohrwasser in Runde 5 war aber ein in jeder Hinsicht absolut absurder Pick.
Die Note: 3+.
New York Jets
Die Picks: OT Mekhi Becton (1. Runde), WR Denzel Mims (2. Runde), S Ashtyn Davis (3. Runde), Edge Jabari Zuniga (3. Runde), RB Lamical Perine (4. Runde), QB James Morgan (4. Runde), OL Cameron Clark (4. Runde), CB Bryce Hall (5. Runde), P Braden Mann (6. Runde).
Die Analyse: Ein exzellenter Draft. Ja, Becton ist noch ein Projekt, hat aber massive Upside, ist technisch nicht so roh wie er teilweise im Pre-Draft-Prozess gemacht wurde und macht die Jets-Line zumindest im Run-Blocking sofort deutlich besser. Und New York musste an der Line besser werden.
Die Aussage galt für die Receiver; Mims in Runde 2 war für mich ein Steal, das könnte der beste X-Receiver dieser Klasse nach CeeDee Lamb werden und auch hier ging New York einen riesigen Need an. In puncto Value war Davis in der dritten Runde ein herausragender Pick. Vielleicht der beste Deep-Safety dieser Klasse mit enormer Reichweite; ein Spieler, der das vertikale Passspiel des Gegners signifikant limitieren kann.
Der größte Value-Pick dieser Klasse ist aber Bryce Hall in der fünften Runde. War verletzt, aber das ist ein Playmaker auf der Cornerback-Position, der in einer Off-Coverage-Rolle jederzeit ein Play machen kann, um ein Spiel kippen zu lassen.
Die Note: 1-.
Draft Grades: AFC NORTH
Baltimore Ravens
Die Picks: LB Patrick Queen (1. Runde), RB J.K. Dobbins (2. Runde), DT Justin Madubuike (3. Runde), WR Devin Duvernay (3. Runde), LB Malik Harrison (3. Runde), OL Tyre Phillips (3. Runde), OG Ben Bredeson (4. Runde), DL Broderick Washington (5. Runde), WR James Proche (6. Runde), S Geno Stone (7. Runde).
Die Analyse: Dass Queen bis nach Baltimore fiel, könnte so manchem Team rückblickend noch leid tun; ein absolut perfekter Scheme-Fit auf einer Need-Position, Queen wird hinter der dominanten Defensive Line im Raum arbeiten können und passt in den ultra-flexiblen Ansatz der Defense. Madubuike ist direkt ein Rotationsspieler in der D-Line, Duvernay ein explosiver, physischer Slot-Receiver, den die Ravens so noch nicht hatten, der perfekt in diese Offense passt und der ein Day-1-Starter sein könnte. Harrison ist quasi das Gegenstück zu Queen und Bredeson ein kleiner Steal und potenzieller Day-1-Starter in Runde 4.
Einzig der Dobbins-Pick gibt Rätsel auf. Sicher, das Run Game in Baltimore spielt eine gewichtige Rolle und Mark Ingram wird nicht jünger. Aber gerade die Ravens sind eigentlich das Musterbeispiel dafür, dass man keinen Elite-Running-Back braucht. In Baltimore entsteht extrem viel über das Scheme und die Option-Plays sowie die starke Offensive Line, sodass sich Räume für Running Backs ergeben. Ganz zu schweigen davon, dass Lamar Jackson selbst einen gewichtigen Teil des Run Games übernimmt. Dobbins ist ein guter Spieler, aber die Ravens "brauchen" keinen Zweitrunden-Back.
Die Ravens-Note hätte aufgrund des Draft-Abschlusses dennoch auch gut Richtung 1 gehen können. Proche ist kein Receiver, der mit Route-Running gewinnt, aber irre gute Hände hat und im Slot unfassbar produktiv im College war. Und Geno Stone ist einer der besten Safeties dieser Klasse in puncto Antizipation und Play-Recognition, wenn er aus dem Raum spielen kann. Potenziell einer der Steals des gesamten Drafts und ein perfekter Scheme-Fit in Baltimore für diese Rolle.
Die Note: 2+.
Cincinnati Bengals
Die Picks: QB Joe Burrow (1. Runde), WR Tee Higgins (2. Runde), LB Logan Wilson (3. Runde), LB Akeem Davis-Gaither (4. Runde), Edge Khalid Kareem (5. Runde), OT Hakeem Adeniji (6. Runde), LB Markus Bailey (7. Runde).
Die Analyse: Man kann jetzt darüber diskutieren, wie viel Lob die Bengals für Burrow verdienen; zumindest aber haben sie sich auf kein verrücktes Angebot - so es das denn gab - eingelassen und den klar besten Quarterback und wertvollsten Spieler dieser Klasse genommen. Der Grundstein für den Neustart in Cincinnati.
Lob gibt es definitiv für Higgins in Runde 2, ein X-Receiver mit enormem Catch-Radius und im Play subtileren Bewegungen als er zugeschrieben bekommt. Perspektivischer Ersatz für A.J. Green und kann als Nummer 3 auch als Rookie eine Rolle spielen.
Linebacker war die andere Großbaustelle, hier haben die Bengals mit Wilson einen soliden Pick in Runde 3 und mit dem extrem agilen, explosiven, Cover-starken Davis-Gaither einen Steal in Runde 4 gelandet. Bailey ist medizinisch nach mehreren Kreuzbandrissen ein Fragezeichen, sportlich aber ist das ein potenzieller Starter.
Die Note: 1-.
Cleveland Browns
Die Picks: OT Jedrick Wills (1. Runde), S Grant Delpit (2. Runde), DT Jordan Elliott (3. Runde), LB Jacob Phillips (3. Runde), TE Harrison Bryant (4. Runde), C Nick Harris (5. Runde), WR Donovan Peoples-Jones (6. Runde).
Die Analyse: Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich überhaupt bei dieser Browns-Klasse kritisieren soll - und wenn das größte Fragezeichen für mich zumindest darin besteht, wie schnell man Jedrick Wills von der rechten auf die linke Seite umschulen kann, dann ist das vermutlich ein Hinweis darauf, wie gut der Rest der Klasse ist.
Die Browns haben einen absoluten Sahne-Draft hingelegt: Wills adressiert nicht nur den größten Need, er war für mich auch deutlich der beste Offensive Tackle dieser Klasse. Delpit in Runde 2 ist enormer Value und wird die Pass-Defense - Tackling hin oder her - deutlich besser machen, auch Elliott in Runde 3 geht Richtung kleiner Steal.
Harrison Bryant könnte der gefährlichste Downfield-Receiving-Tight-End dieser Klasse werden und passt damit hervorragend in das 2-Tight-End-System, das Kevin Stefanski in Cleveland installieren wird, in dem per Play Action vertikal attackiert werden soll. Ein Scheme-Fit und definitiv ein Steal für mich ist Nick Harris in Runde 5. Harris könnte sich sehr gut als bester Zone-Blocking-Center dieser Klasse entpuppen und passt damit perfekt zu Stefanski.
Die Note: 1+
Pittsburgh Steelers
Die Picks: WR Chase Claypool (2. Runde), Edge Alex Highsmith (3. Runde), RB Anthony McFarland (4. Runde), OG Kevin Dotson (4. Runde), S Antoine Brooks (6. Runde), DL Carlos Davis (7. Runde).
Die Analyse: Rundum solide trotz beschränktem Draft-Kapitals; mit McFarland in Runde 4 etwas hoch, dafür aber ansonsten einem guten dritten Tag.
Eine der größten Baustellen in Pittsburghs Kader war der X-Nummer-1-Receiver, der Coverage auf sich ziehen und JuJu Smith-Schuster auch schematisch entlasten kann: Chase Claypool mag nie ein Elite-Receiver werden, doch er ist sehr wohl ein Receiver, der mit seiner Physis, seiner Körperkontrolle und seinen Fähigkeiten im vertikalen Passspiel alleine Outside gewinnen und Safety-Coverages auf sich ziehen kann.
Auch Highsmith ist ein logischer Fit. Ein agiler, explosiver Edge-Rusher, der als Versicherung dienen könnte, Bud Dupree nach der kommenden Saison nicht zu bezahlen. Kevin Dotson in ähnlicher Rolle könnte Stefen Wisniewski in der Interior Line beerben, ein Guard mit enormer Power. Das waren Picks, die perspektivisch absolut Sinn ergeben für die Steelers.
McFarland in Runde 4 zieht die Note dann aber doch nochmal etwas runter. Ein schmaler Change-of-Pace-Back, bestenfalls für eine Rotationsrolle neben Benny Snell hinter James Conner. Da ist nicht nur der Positional Value äußerst zweifelhaft.
Die Note:2-.
Draft Grades: AFC SOUTH
Houston Texans
Die Picks: DT Ross Blacklock (2. Runde), Edge Jonathan Greenard (3. Runde), OT Charlie Heck (4. Runde), CB John Reid (4. Runde), WR Isaiah Coulter (5. Runde).
Die Analyse: Kein Erstrunden-Pick, doch auch wenn man das berücksichtigt: Wie sehr macht dieser Draft die Texans wirklich besser? Blacklock ist ein extrem athletischer Interior Lineman, der mit Explosivität punktet, aber auch noch technisch sehr roh ist. Gewissermaßen der Ersatz für D.J. Reader mit stärkerem Fokus aufs Passspiel, aber auch noch mit Entwicklungszeit vor sich.
Auch Heck ist ein Projekt, noch viel, viel mehr als Blacklock. Bringt die Maße absolut mit für Tackle, muss technisch aber quasi runderneuert werden. Greenard ist ein rundum durchschnittlicher Nummer-2-Rusher, der letzte Pick des Texans-Drafts - Receiver Isaiah Coulter - ist der interessanteste Pick dieser Klasse. Ein Speedster, der Press schlagen und Routes laufen kann.
Die Note: 3-.
Indianapolis Colts
Die Picks: WR Michael Pittman (2. Runde), RB Jonathan Taylor (2. Runde), S Julian Blackmon (3. Runde), QB Jacob Eason (4. Runde), OT Danny Pinter (5. Runde), DL Robert Windsor (6. Runde), CB Isaiah Rodgers (6. Runde), WR Dezmon Patmon (6. Runde), LB Jordan Glasgow (6. Runde).
Die Analyse: Pittman passt perfekt nach Indianapolis. Er ist die physische Ergänzung gegenüber von T.Y. Hilton und könnte auch als Big-Slot-Receiver Snaps sehen. Hier hatten die Colts definitiv Nachholbedarf, und nachdem man es letztes Jahr mit Funchess versuchen wollte, bekommt man jetzt die talentiertere Version dieses Spielertyps.
Danach ging es aber bergab. Taylor ist der beste Runner dieser Klasse und wird hinter der Colts-Line fraglos Stats produzieren - das aber ist auch der Punkt, hinter dieser Line braucht es keinen Zweitrunden-Back, um Stats aufzulegen und im Passing Game gibt Taylor einfach zu wenig. Zumindest aber, das sei gesagt, als Runner ein klares Upgrade gegenüber Mack. An Sechstrunden-Picks sollte man sich nicht zu sehr aufhängen, abgesehen von vielleicht Patmon sehe ich aber eher weniger Chancen auf den finalen Kader.
Dafür waren die Runden 3-5 dann nochmal besser. Blackmon, ein explosiver Safety mit Cover-Kapazitäten, und Pinter, ein sehr guter Athlet der von Tackle auf Guard umschulen dürfte, sind zumindest perspektivisch sehr spannend. Und das gilt auch für Eason, der noch extrem roh ist, physisches Potenzial auf der Position aber mitbringt. In Runde 4 ist der Pick komplett in Ordnung, und dass er mindestens ein Jahr hinter Rivers und unter Frank Reich lernen darf, ist für ihn eine exzellente (und notwendige) Situation.
Die Note: 2-.
Jacksonville Jaguars
Die Picks: CB C.J. Henderson (1. Runde), Edge K'Lavon Chaisson (1. Runde), WR Laviska Shenault (2. Runde), DT Davon Hamilton (3. Runde), OL Ben Bartch (4. Runde), CB Josiah Scott (4. Runde), LB Shaquille Quarterman (4. Runde), S Daniel Thomas (5. Runde), WR Collin Johnson (5. Runde), QB Jake Luton (6. Runde), TE Tyler Davis (6. Runde), CB Chris Claybrooks (7. Runde).
Die Analyse: Jacksonvilles Draft stellt eine spannende strategische Grund-Frage: Sollte man in Runde 1 auf Upside zocken und später ein paar Picks mit höherer Base-Line einstreuen? Oder in Runde 1 mehr auf Sicherheit gehen und später die Upside-Picks riskieren? Die Jaguars haben klar die erste Option gewählt; es wurde am Ende einer der größten Upside- (und damit natürlich auch Risiko-)Drafts dieses Jahres.
Henderson und Chaisson haben beide enormes Potenzial. Henderson bringt alles mit, um ein Nummer-1-Corner in der NFL zu werden und Chaissons Explosivität und Agilität machen ihn zu einem extrem spannenden Upside-Pass-Rusher. Aber gerade Chaisson war im College nicht ansatzweise so dominant, wie man es sich von einem Erstrunden-Pass-Rusher wünschen würde.
Shenault in Runde 2 entspricht seinem Tape deutlich mehr als der Erstrunden-Hype, den er teilweise hatte. Ein physisches Monster nach dem Catch, sollte sehr gut in die Kurzpass-Offense, die vermutlich in Jacksonville installiert wird, passen und könnte auf dem Feld der beste Freund von Gardner Minshew werden. Ben Bartch ist eines der großen Upside-O-Line-Prospects dieser Klasse, ein Small-School-Tackle, der vermutlich auf Guard umgeschult wird. Collin Johnson ist ein ultra-physischer, riesiger Outside-Receiver, Luton eines der spannenderen QB-Prospects aus den späten Runden.
Die Note: 2+.
Tennessee Titans
Die Picks: OT Isaiah Wilson (1. Runde), CB Kristian Fulton (2. Runde), RB Darrynton Evans (3. Runde), DL Larrell Murchison (5. Runde), QB Cole McDonald (7. Runde), CB Chris Jackson (7. Runde).
Die Analyse: Es dürfte nicht allzu viele Teams gegeben haben, bei denen Wilson ein Erstrunden-Prospect war - in Tennessee ist klar, warum: Wilson ist ein Mauler im Run Game und wenn man Jack Conklin mit einem physischen Run-Blocking-Tackle ersetzen will, ist Wilson ein offensichtlicher Fit. Die Qualitäten in Pass-Protection sind eben überschaubar und damit auch die Frage danach, in wie weit er dem Erstrunden-Pick gerecht werden wird.
Fulton in Runde 2 ist der beste Pick dieser Titans-Klasse, ein toller Press-Corner, der sofort in die Nummer-2-Rolle schlüpfen dürfte. Die Idee, einen Versuch mit McDonald - der extrem unterhaltsame Gunslinger aus Hawaii - in der siebten Runde zu wagen gefällt mir.
Darrynton Evans in Runde 3 dagegen war für mich einer der fragwürdigsten Picks des gesamten Drafts. Ein solider Nummer-2-Back, der mit Speed und Agilität Schaden anrichten, aber nur sehr überschaubar zwischen den Tackles arbeiten kann. Einen solchen Back findet man, wenn man der Meinung ist, dass Henry einen Komplementär-Back benötigt, auch deutlich später als in Runde 3.
Die Note: 3-.
Draft Grades: AFC WEST
Denver Broncos
Die Picks: WR Jerry Jeudy (1. Runde), WR K.J. Hamler (2. Runde), CB Michael Ojemudia (3. Runde), C Lloyd Cushenberry III (3. Runde), DT McTelvin Agim (3. Runde), TE Albert Okwuegbunam (4. Runde), LB Justin Strnad (5. Runde), OG Netane Muti (6. Runde), WR Tyrie Cleveland (7. Runde), Edge Derrek Tuszka (7. Runde).
Die Analyse: Einer der besten Drafts dieses Jahres, bei dem die Strategie klar erkennbar und absolut lobenswert ist: Es ging darum, bestmögliche Umstände für Quarterback Drew Lock zu kreieren. Das hat einmal den Effekt, dass man dessen Entwicklung bestmöglich unterstützt - in der Folge aber ist es auch jetzt umso mehr möglich, Lock richtig zu evaluieren. Stagniert er unter diesen Umständen, die die Broncos für ihn geschaffen haben, ist eher früher als später klar, dass man sich nach einer Alternative umschauen muss.
Mit Jeudy bekommt Lock den eindeutig besten Route-Runner dieser Klasse, Hamler ist der explosivste Slot-Receiver in diesem Jahr, Power-Guard-Monster Muti wäre ein früher Day-2-Pick gewesen, hätte er nicht massive Verletzungsprobleme über die letzten Jahre gehabt. Auch Cushenberry bringt immense Power auf der Center-Position mit und Okwuegbunam ist extrem schnell für seine Größe - und hat mit Lock im College zusammen gespielt.
Einzig Ojemudia in Runde 3 war überraschend früh, doch glichen die Broncos das mit einem exzellenten Value-Pick ganz spät im Draft in Person von Derrek Tuszka aus.
Die Note: 1.
Kansas City Chiefs
Die Picks: RB Clyde Edwards-Helaire (1. Runde), LB Willie Gay (2. Runde), OT Lucas Niang (3. Runde), S L'Jarius Sneed (4. Runde), Edge Michael Danna (5. Runde), CB Thakarius Keyes (7. Runde).
Die Analyse: Gerade der vergangene Super Bowl - welchen Kansas City natürlich gewann - war eine eindrucksvolle Erinnerung daran, dass man keine teuren Ressourcen in die Running-Back-Position investieren muss, um gute Production aus dem Run Game zu kreieren; und insbesondere die Chiefs hatten mit Damien Williams im Super Bowl das Paradebeispiel dafür.
Edwards-Helaire ist ein sehr gutes Prospect und wird einen Impact auch im Passspiel haben; diesen Pick in Runde 1 habe ich trotzdem absolut nicht verstanden. Und wenn GM Brett Veach dann noch davon spricht, dass man so "First Down gewinnen" wolle , würden sich mir als Chiefs-Fan die Nackenhaare hochstellen. Die Chiefs waren letztes Jahr auch deshalb offensiv so gefährlich, weil sie bei First Down den Ball eben nicht aus den Händen von Patrick Mahomes nahmen und stattdessen die Pass-lastigste First-Down-Offense der Liga waren .
Danach wurde es besser. Gay hat absurd hohes Potenzial, kommt aber mit einigen Bedenken abseits des Platzes. Niang ist ein gigantischer Tackle mit enormem Upside und Danna könnte ein Base-Run-Stopper für die Edge-Position werden.
Die Note: 3+.
Las Vegas Raiders
Die Picks: WR Henry Ruggs III (1. Runde), CB Damon Arnette (1. Runde), WR Lynn Bowden (3. Runde), WR Bryan Edwards (3. Runde), S Tanner Muse (3. Runde), OG John Simpson (4. Runde), CB Amik Robertson (4. Runde).
Die Analyse: Eine dieser Draft-Klassen, bei der man über Prozess vs. Spielerauswahl sprechen muss. Der Gedankengang war zunächst gut; die Raiders sind offensichtlich in diesen Draft gegangen, mit dem Ziel, die Offense deutlich explosiver und für (vorläufig) Derek Carr gefährlicher nach dem Catch zu machen. Genau diese Rollen erfüllen Ruggs, sowie Edwards und Bowden.
Aber schon Bowden ist ein Gimmick-Spieler, für den die dritte Runde doch sehr früh war; während die Entscheidung, Ruggs über die deutlich kompletteren Lamb und Jeudy zu nehmen, ebenfalls mal mindestens äußerst diskutabel daherkommt. Zumindest aber kann man davon ausgehen, dass Ruggs und Bowden gemeinsam auf dem Feld Gruden jede Menge Möglichkeiten geben und Defenses konstant in Alarmbereitschaft bringen werden.
Doch genau wie Bowden waren auch Tanner Muse und Damon Arnette doch sehr früh, mit vermeintlich deutlich besserer Qualität auf den jeweiligen Position noch auf dem Board. Arnette leuchtet zumindest als Scheme-Fit ein. Tag 3 saß dafür: Simpson ist ein Power-Guard und Robertson für mich der potenziell beste Slot-Cornerback dieser Klasse. Einer meiner Lieblingspicks in diesem Draft an dem Spot, an dem er ging.
Die Note: 2-.
Los Angeles Chargers
Die Picks: QB Justin Herbert (1. Runde), LB Kenneth Murray (1. Runde), RB Joshua Kelley (4. Runde), WR Joe Reed (5. Runde), S Alohi Gilman (6. Runde), WR K.J. Hill (7. Runde).
Die Analyse: Falls Herbert einschlägt, wird in drei Jahren rückblickend niemand mehr über den Rest dieser Klasse sprechen. Aber genau das ist ja der eingangs erwähnte Punkt: Es geht in diesem Moment maßgeblich auch darum, den Prozess der Teams zu evaluieren; und die Picks 37 und 71 zu investieren, um einen Off-Ball-Linebacker - so explosiv und physisch Murray Downhill auch sein mag - mit Defiziten in Coverage zu investieren, ist schlicht kein guter Prozess. Nicht im Jahr 2020.
In der Folge hatten die Chargers keinen Pick in Runde 2 und 3 - und kommen dann zurück in Runde 4, um einen bestenfalls soliden Running Back für die Rotation neben Austin Ekeler zu picken. Auch hier wieder: kein guter Prozess. Wo ist hier der Positional Value? Und wo der Value generell? Der in dieser Hinsicht beste Pick war vermutlich K.J. Hill ganz am Ende, der reelle Chancen hat, sich zum Starting-Slot-Receiver zu entwickeln. O-Line-Hilfe sucht man in diesem Draft ebenfalls vergebens.
Und dann ist da natürlich Herbert. Ich persönlich sehe es bei ihm einfach nicht. Braucht zu lange, um das Feld zu lesen, ist nicht akkurat, kein guter Quarterback außerhalb der Play-Struktur trotz des Arms. Hier gilt allerdings ganz klar: Abwarten, wie er sich entwickelt. Für den Moment in meinen Augen aber einer der schwächsten Drafts dieses Jahres, mit der Herbert-Upside als Lichtblick.
Die Note: 3-.
Draft Grades: NFC EAST
Dallas Cowboys
Die Picks: WR CeeDee Lamb (1. Runde), CB Trevon Diggs (2. Runde), DT Neville Gallimore (3. Runde), CB Reggie Robinson (4. Runde), C Tyler Biadasz (4. Runde), Edge Bradlee Anae (5. Runde), QB Ben DiNucci (7. Runde).
Die Analyse: Großes Potenzial für den Stand heute besten Draft dieser Klasse. Weil die Cowboys eben keine verrückten Trades eingefädelt haben, um krampfhaft ihre Spieler zu bekommen, und weil sie zusätzlich dazu ganz klar Value über Need priorisiert haben. Andernfalls hätten sie an Position 17 ähnlich wie die Niners oder Falcons davor ebenfalls ihre Cornerback-Baustelle adressiert, statt mit dem überraschend abgerutschten CeeDee Lamb den potenziell besten Receiver dieser Klasse zu picken.
Lamb und Cooper können beide im Slot und Outside gewinnen, und was definiert die NFL im Jahr 2020? Es ist das Passspiel. Die Cowboys haben offensiv jetzt eine spektakuläre Feuerkraft und sollten jeder Defense in der NFL Probleme bereiten können, wenn Lamb gegen Nummer-2- und Gallup gegen Nummer-3-Cornerbacks steht. Gewissermaßen wurde Dallas für diesen Mut noch belohnt, indem in Trevon Diggs ein sehr gutes Cornerback-Prospect bis zu ihnen in Runde zwei fiel.
Gallimore in Runde 3 als Gap-Shooter ist, genau wie Diggs, ein weiterer Hinweis darauf, dass Dallas defensiv in eine aggressivere Richtung geht. Kann ein Jahr hinter McCoy und Poe in der Rotation spielen und dann aufsteigen. Mit Biadasz hat Dallas zudem eines der spannenderen Center-Prospects in Runde 4 bekommen. Ein Elite-Run-Blocker mit jeder Menge Explosivität, der perspektivisch die Travis-Frederick-Nachfolge antreten könnte. Und mit Anae einen sofortigen Rotations-Pass-Rusher in Runde 5 zu bekommen rundet das Ganze ab.
Die Note: 1+.
Philadelphia Eagles
Die Picks: WR Jalen Reagor (1. Runde), QB Jalen Hurts (2. Runde), LB Davion Taylor (3. Runde), S K'Von Wallace (4. Runde), OT Jack Driscoll (4. Runde), WR John Hightower (5. Runde), LB Shaun Bradley (6. Runde), WR Quez Watkins (6. Runde), OT Prince Tega Wanogho (6. Runde), LB Casey Toohill (7. Runde).
Die Analyse: Wenn wir davon reden, den Prozess eines Teams zu bewerten, dann muss man bei den Eagles mit dem zweiten Pick beginnen: Man mag über Jalen Hurts sportlich unterschiedlicher Meinung sein; ich selbst hatte ihn als Late-Third-Rounder mit dem Potenzial, der beste Backup-Quarterback der Liga zu werden. Aber die Idee, einen Spieler, der im Idealfall nie das Feld sieht, mit dem zweitwertvollsten eigenen Pick zu draften, passt was den Prozess und eben den Value des Picks angeht einfach nicht zusammen.
Das ändert sich auch nicht, wenn die Eagles ihm vielleicht ein paar Taysom-Hill-ähnliche Plays geben; und sollte es in Philadelphia tatsächlich Meinungen geben, dass man hohe Ressourcen investieren muss, weil man nicht glaubt, dass Carson Wentz fit bleibt - nun, dann sollte man sich eher früher als später nach einem neuen Starting-Quarterback umschauen.
Der Punkt mit den Eagles ist: Ansonsten war das einer der stärksten Drafts dieser Klasse. Philly fehlte es an Explosivität, Reagor, Hightower und Watkins (sowie Marquise Goodwin, der per Trade sehr günstig aus San Francisco kam, hier in die Bewertung aber nicht einfließt), werden dieses Problem komplett vergessen lassen. K'Von Wallace ist ein extrem guter Tackler, wahnsinnig kompakt gebaut und könnte im Slot starten. Driscoll bringt mindestens Swing-Tackle-Potenzial mit, genau wie Wanogho, der aufgrund seiner Knieprobleme fiel.
Das ist eine unheimlich vielversprechende Draft-Klasse unter dem Strich, mit einigen Fragezeichen was den Gedankengang hinter dem Hurts-Pick an 53 Overall angeht.
Die Note: 2+.
New York Giants
Die Picks: OT Andrew Thomas (1. Runde), S Xavier McKinney (2. Runde), OT Matt Peart (3. Runde), CB Darnay Holmes (4. Runde), OG Shane Lemieux (5. Runde), LB Cam Brown (6. Runde), LB Carter Coughlin (7. Runde), LB T.J. Brunson (7. Runde), CB Chris Williamson (7. Runde), LB Tae Crowder (7. Runde).
Die Analyse: Es gibt zwei Teamverantwortliche, die mit ihrer Herangehensweise in diesem Draft am meisten überrascht haben - und beide sind in der NFC East: Cowboys-Boss Jerry Jones, sowie Giants-GM Dave Gettleman. So viele vermuteten Mekhi Becton mit dem Nummer-4-Pick, den zwar rohen, aber physisch wahnsinnig imposanten Tackle; Gettleman nahm den technisch deutlich weiteren sowie links und rechts einsetzbaren Andrew Thomas, um Daniel Jones zu beschützen.
In Runde 2 wären vermeintliche Gettleman-Spielertypen wie Epenesa oder Willie Gay verfügbar gewesen - er nahm McKinney, den ultra-flexiblen Bama-Safety und ein Top-10-Prospect auf meinem Board. Peart hat Starter-Tackle-Potenzial, wenn er sich physisch noch entwickeln kann; wenn man sich nach der nächsten Saison von Solder trennt, könnte Thomas auf links und Peart auf rechts starten. Ein Pick mit Weitsicht.
Holmes in Runde 3 war ein sehr guter Pick, ein Cornerback mit irrem athletischen Upside, der ebenfalls nicht direkt starten muss. Und selbst Lemieux in Runde 5 dahinter legt eine gewisse Weitsicht nahe, ein Mauler im Run Game, der Kevin Zeitler in zwei Jahren beerben könnte. Die Giants haben hier zwei sofortige sowie potenziell bis zu drei perspektivische Starter gefunden. Einzig ein Outside-Receiver früh an Tag 3 wäre noch wünschenswert gewesen.
Die Note: 1-.
Washington Redskins
Die Picks: Edge Chase Young (1. Runde), RB Antonio Gibson (3. Runde), OT Saahdiq Charles (4. Runde), WR Antonio Gandy-Golden (4. Runde), OL Keith Ismael (5. Runde), LB Khaleke Hudson (5. Runde), S Kamren Csrc (7. Runde), Edge James Smith-Williams (7. Runde).
Die Analyse: An Chase Young ist natürlich absolut nichts auszusetzen. Man kann über "Pass-Rush vs. Coverage" diskutieren, aber Young ist schlicht auch das deutlich bessere Prospect als etwa Jeffrey Okudah, sodass ein möglicher Unterschied im Wert der Positionen durch die unterschiedliche Qualität der Spieler ausgeglichen wird. Ohne Trade-Down ein No-Brainer-Pick.
Allerdings, ähnlich wie bei den Bengals mit Burrow, war hier der ganz große Schwierigkeitsgrad auch nicht gegeben - und was passierte danach? Gibson ist ein super spannender Running-Back-Receiver-Hybrid; Runde 3 allerdings war doch sehr früh. Charles ist ein reines Projekt, auch Ismael wird noch länger Zeit brauchen, rein physisch gesehen.
Aus Value-Sicht war der physische Possession-Receiver Gandy-Golden in Runde 4 vermutlich Washingtons bester Pick, auch wenn die Redskins mit Kelvin Harmon einen nicht unähnlichen Receiver-Typ bereits in ihrem Kader haben. Gandy-Golden allerdings ist ein besserer Route-Runner. Auch ohne Zweitrunden-Pick hätte ich gerade in der Offensive Line auf mehr sofortige Hilfe für Dwayne Haskins nach dem Young-Pick gehofft.
Die Note: 3+.
Draft Grades: NFC NORTH
Chicago Bears
Die Picks: TE Cole Kmet (2. Runde), CB Jaylon Johnson (2. Runde), Edge Trevis Gipson (5. Runde), CB Kindle Vildor (5. Runde), WR Darnell Mooney (5. Runde), OT Arlington Hambright (7. Runde), OT Lachavious Simmons (7. Runde).
Die Analyse: Mit Jaylon Johnson in Runde 2 könnte Chicago einer der besseren Picks dieses Drafts gelungen sein. Auf meinem Board ein Top-25-Prospect, viel wichtiger aber: Ein herausragender Scheme-Fit. Johnson als Zone-Corner mit Antizipation und Spielintelligenz könnte in Chicago eine Turnover-Maschine werden. Die Bears blitzten unter Pagano nicht so aggressiv wie vermutet, aber sie waren extrem flexibel darin und brachten Blitzer von überall her. Bleibt es eine Art Hybrid-Defense zwischen Fangio und Pagano, wird Johnson darin bestens aufgehoben sein.
Cole Kmet dagegen war für mich einer der schlechtesten Picks in Runde 2. Aus eigener Analyse-Sicht - Kmet war mein Nummer-5-Tight-End mit einer Viertrunden-Grade -, aber auch was das Roster Building angeht. Chicago hatte im Moment des Picks zehn Tight Ends im Kader, gerade erst Jimmy Graham gut bezahlt; und Kmets Upside ist athletisch einfach limitiert, dazu ist er nicht der dominante TE-Blocker, den man angesichts seiner Statur erwarten könnte.
Darüber hinaus stört mich bereits seit einer Weile die generelle Draft-Strategie der Bears. Trotz limitierter Draft-Ressourcen ging man erneut zwei Mal für Spieler hoch, in Runde 5 für Mooney und Gipson ließen sich die Bears einen 2021er Viertrunden-Pick kosten. Keine schlechten Spieler, gerade Gipson könnte in zwei, drei Jahren wirklich interessant werden. Aber die Idee, sie als "müssen wir haben"-Prospects zu bewerten, ist schwer nachvollziehbar.
Die Note: 3-.
Detroit Lions
Die Picks: CB Jeff Okudah (1. Runde), RB D'Andre Swift (2. Runde), Edge Julian Okwara (3. Runde), OG Jonah Jackson (3. Runde), OG Logan Stemberg (4. Runde), WR Quintez Cephus (5. Runde), RB Jason Huntley (5. Runde), DL John Penisini (6. Runde), DL Jashon Cornell (7. Runde).
Die Analyse: Okudah als bester Cornerback der Klasse für ein Scheme, das Man Coverage und Coverage insgesamt glasklar in den Fokus rückt, ist ein perfekter Fit und abgesehen von einem Downtrade der No-Brainer-Pick für die Lions an 3. Gut für Detroit, dass die Derrick-Brown-Gerüchte hier nicht stimmten. Okwara in Runde 3 ist für mich fantastischer Value auf einer großen Baustelle im Lions-Kader, Jackson könnte der beste Pass-Blocking-Guard dieser Klasse und Stemberg der beste Run-Blocking-Guard dieser Klasse werden.
Man kann darüber diskutieren, wie sinnvoll es ist, Guards in Runde 3 und Runde 4 zu nehmen - aus Positional-Value-Sicht eine der am weitesten hinten anzusiedelnden Positionen. Zumindest aber hatte Detroit hier einen großen Need und beide könnten als Rookie starten.
Okudah, Okwara und Jackson heben die Klasse also schon ordentlich an, Cephus könnte zusätzlich eine Possession-Underneath-Option neben Marvin Jones und Kenny Golladay werden. Allein: Warum draften die Lions D'Andre Swift 35 Overall? Mit Xavier McKinney, Grant Delpit, Trevon Diggs oder auch A.J. Epenesa, der ein hervorragender Scheme-Fit gewesen wäre, noch auf dem Board? Das ist in puncto Prozess kaum zu begreifen. Swift ist ein toller Spieler und ein echter Receiving-Back, doch ist das bei der Kritik hier nicht der Punkt.
Die Note: 2.
Green Bay Packers
Die Picks: QB Jordan Love (1. Runde), RB A.J. Dillon (2. Runde), TE Josiah Deguara (3. Runde), LB Kamal Martin (5. Runde), OL Jon Runyan (6. Runde), OL Jake Hanson (6. Runde), OL Simon Stepaniak (6. Runde), S Vernon Scott (7. Runde), Edge Jonathan Garvin (7. Runde).
Die Analyse: Der große "Was um alles in der Welt"-Draft. Der offensichtliche Punkt zuerst: Jordan Love hat einen tollen Arm und einen spektakulären Release, und die Situation in Green Bay - wo er ein bis zwei Jahre sitzen und lernen kann gerade auch was das Spielverständnis angeht - ist für ihn ideal. Und auch wenn ich Love noch ein gutes Stück tiefer als Mitte der ersten Runde hatte, würde ich nicht einmal den Uptrade kritisieren: Wenn man einen Quarterback als seinen Franchise-QB der Zukunft ausgemacht hat, sollte man sich den holen.
Dann aber wurde es wild, und zwar sehr. A.J. Dillon war für mich ein Siebtrunden-Prospect; ein Running Back, der Platz braucht, um Tempo aufzunehmen und dann eben Physis mit Power kombinieren kann, als Receiver aber kaum eine Rolle spielen wird. Eine schlechte Version von Derrick Henry, und selbst mit der Idee, dass Aaron Jones nach der kommenden Saison Free Agent wird, war das unglaublich hoch für Dillon. Gleiches gilt für Deguara, der - wie Coach Matt LaFleur bereits bestätigt hat - in die H-Back/Fullback-Rolle mutmaßlich ähnlich zu der von Kyle Juszczyk in San Francisco rutschen wird.
Damit aber kommt man vielleicht auch zum Kern des ganzen Ansatzes in Green Bay: Dieser Draft schreit förmlich danach, dass Matt LaFleur die Offense seines einstigen Lehrmeisters Kyle Shanahan nachbauen will. Daran ist zunächst einmal nichts auszusetzen, doch die Entscheidungen in diesem Draft senden deutliche Warnsignale: Bei der Idee, Shanahans Offense nachzubauen, priorisierten die Packers den Running Back und den Fullback - und das ist aus Value-Sicht komplett daneben.
Shanahans Offense ist nicht so gefährlich, weil Juszczyk gelegentlich als Matchup-Waffe ein Big Play hat. Ihre Qualität liegt auch nicht darin, dass sie den besten Running Back aufs Feld schickt, die vergangene Saison hat das eindrucksvoll untermauert. Die Qualität liegt in den Play-Designs, in der Offensive Line, und in den After-Catch-Kapazitäten der Receiver und Tight Ends. Die Packers, so lässt sich dieser Draft deuten, in dem sie Scheme-Fits gedraftet, dafür aber irre viel bezahlt haben, wollen die Grundidee der Shanahan-Offense umsetzen, halten dafür aber die Value-Tabelle falsch herum.
Die Note: 5.
Minnesota Vikings
Die Picks: WR Justin Jefferson (1. Runde), CB Jeff Gladney (1. Runde), OT Ezra Cleveland (2. Runde), CB Cameron Dantzler (3. Runde), Edge D.J. Wonnum (4. Runde), DT James Lynch (4. Runde), LB Troy Dye (4. Runde), CB Harrison Hand (5. Runde), WR K.J. Osborn (5. Runde), OL Blake Brandel (6. Runde), S Josh Metellus (6. Runde), Edge Kenny Willekes (7. Runde), QB Nate Stanley (7. Runde), S Brian Cole II (7. Runde), OL Kyle Hinton (7. Runde).
Die Analyse: "Ausufernd" beschreibt diesen Draft wohl am besten. Die Vikings gingen bereits mit zwei Erstrunden-Picks in den Draft, und nach einigen Downtrades mit 13 (!) Day-3-Picks in den Schlussspurt. Minnesota nutzte dieses Kapital, um bereits einen zusätzlichen Viert- und Fünftrundenpick 2021 zu ertraden; dieser Value fließt hier definitiv mit rein.
Die beiden Cornerbacks, Gladney und Dantzler, sollten hervorragend zu Mike Zimmer passen, es sind meine beiden Top-Picks in dieser Klasse. Cleveland in Runde 2 ist ebenfalls Value, mit der Frage dahinter, ob Josh Jones nicht die bessere Option gewesen wäre. Aber der generelle Ansatz, Cornerback, Receiver und Offensive Line zu priorisieren, gibt ebenfalls Pluspunkte aus strategischer Sicht.
Über die Auswahl mit dem ersten Pick lässt sich streiten. Jefferson ist ein sehr guter Slot-Receiver, aber vermutlich auch nicht mehr - hätte Minnesota nicht ein X-Receiver wie etwa Tee Higgins oder Denzel Mims besser zu Gesicht gestanden, auch damit Adam Thielen flexibler eingesetzt werden kann? Das aber ist fraglos Klagen auf hohem Niveau. Troy Dye in Runde 4 könnte als Box-Cover-Matchup-Spieler ebenfalls eine gute Rolle bekommen. Gute Strategie, mehrere sehr gute Picks, ein paar kleine Kritikpunkte.
Die Note: 1-.
Draft Grades: NFC SOUTH
Atlanta Falcons
Die Picks: CB A.J. Terrell (1. Runde), DL Marlon Davidson (2. Runde), C Matt Hennessy (3. Runde), LB Mykal Walker (4. Runde), S Jaylinn Hawkins (4. Runde), P Sterling Hofrichter (7. Runde).
Die Analyse: Ein spektakulär unspektakulärer Draft. Cornerback war die Großbaustelle, und auch wenn Terrell auf mehreren Boards - meines eingeschlossen - ein Stück tiefer waren: Das ist ein perfekter Scheme-Fit, mit den langen Armen und dem Press-Potenzial. Ein Seahawks-Stil-Corner wie aus dem Bilderbuch.
Davidson, der eine Hybrid-D-Line-Rolle einnehmen kann und den Pass-Rush weiter unterstützen sollte, ist in Ordnung in Runde 2 und Hennessy ein Zone-Blocking-Center, der somit Alex Mack beerben könnte, aber auch noch Zeit braucht. Perspektivisch ein solider Pick in Runde 3.
Die Note: 3+.
Carolina Panthers
Die Picks: DT Derrick Brown (1. Runde), Edge Yetur Gross-Matos (2. Runde), S Jeremy Chinn (2. Runde), CB Troy Pride (4. Runde), S Kenny Robinson (5. Runde), DT Bravvion Roy (6. Runde), CB Stantley Thomas-Oliver III (7. Runde).
Die Analyse: Strategie-Kritik von meiner Seite gibt es daran, dass die Panthers die Offense einfach komplett ignoriert und vor allem daran, dass sie mit Derrick Brown in Runde 1 einen zumindest mal diskutablen Pick getätigt haben. Brown ist ein guter Spieler, aber wird er je ein Interior-Pass-Rusher sein? Falls nicht, reden wir von einem dominanten Run-Stopper mit dem Nummer-7-Pick, während Isaiah Simmons, alle Cornerbacks außer Okudah, alle Tackles außer Thomas und alle Wide Receiver noch auf dem Board waren.
Danach war viel Value dabei. Gross-Matos ist ein sehr talentiertes Pass-Rush-Projekt, Chinn war mein Nummer-3-Safety und ist ein athletischer Freak. Auch Roy und Robinson an Tag 3 gefallen. Nochmal Strategie-Kritik gibt's dafür, dass die Panthers die Cornerback-Position so lange ignoriert haben; Pride in Runde 4 zu bekommen war dann aber ein Steal.
Die Note: 2-.
New Orleans Saints
Die Picks: C/OG Cesar Ruiz (1. Runde), LB/Edge Zack Baun (3. Runde), TE Adam Trautman (3. Runde), QB Tommy Stevens (7. Runde).
Die Analyse: Die Saints gehen mit ihrem Draft-Kapital weiter ähnlich sorgsam um wie mit ihrem Cap Space . Einen Drittrunden-Pick 2021, um für Zack Baun hochzukommen - und der gesamte Rest des eigenen Drafts ab Runde 4, um für Trautman von 130 auf 105 zu klettern. Gerade New Orleans, das Cap-technisch seit Jahren am absoluten Limit operiert, könnte mehrere günstige Spieler auf Rookie-Verträgen gebrauchen - stattdessen ging man wieder einmal sehr aggressiv hoch, um "seine Spieler" zu bekommen.
An der Spieler-Auswahl selbst gibt es bei den beiden Uptrades nichts zu kritisieren. Baun ist ein toller Edge-Linebacker-Hybrid und sollte sehr gut in die flexible, aggressive Saints-Defense passen. Trautman war für mich der beste Tight End der Klasse und Ende der dritten Runde definitiv ein Value-Pick; in meinen Augen derjenige aus dieser überschaubaren Klasse, der am ehesten ein kompletter Tight End werden könnte.
Ruiz war definitiv das beste Interior-Line-Prospect dieser Klasse; nur der Fit war hier überraschend. Die Saints hatten letztes Jahr mit Erik McCoy einen Volltreffer für die Center-Position gedraftet, Ruiz wird somit auf Guard geschoben. Kein schlechter Pick, in puncto Value - und auch Need - aber überschaubar mit Blick auf die Saints.
Dass New Orleans nochmals in die siebte Runde tradete, um Tommy Stevens, einen Taysom-Hilll-QB-Typ, zu draften, um dann ein paar Stunden später Hill 16 Millionen Dollar garantiert zu geben, darf man zumindest mal hinterfragen. Ein klassischer (Saints-)Fall von: Die Spieler sind super, der Prozess fragwürdig.
Die Note: 2-.
Tampa Bay Buccaneers
Die Picks: OT Tristan Wirfs (1. Runde), S Antoine Winfield (2. Runde), RB Ke'Shawn Vaughn (3. Runde), WR Tyler Johnson (5. Runde), DT Khalil Davis (6. Runde), LB Chapelle Russell (7. Runde), RB Raymond Calais (7. Runde).
Die Analyse: Ein absolut fantastischer Draft. Die größte Baustelle wurde in Runde 1 adressiert, als der ultra-athletische Tristan Wirfs, einer der absoluten Top-Tackles dieser Klasse, bis zu den Bucs fiel. Antoine Winfield ist ein fantastischer Fit für die Defense von Todd Bowles und wird dort überall auf dem Feld zu finden sein, seine Spielintelligenz und Vielseitigkeit wird in dieser Defense ganz besonders zur Geltung kommen.
Dazu könnte Tyler Johnson der Day-1-Slot-Starter für Brady sein; ein sehr guter Route-Runner, der einfach konstant Separation kreiert. Es fällt nicht schwer, sich auszumalen, dass Brady Johnson sehr mögen wird. Der letzte Pick Raymond Calais ist ein Speed-Monster und Big-Play-Waffe. Sollte er den Kader schaffen, wäre es sehr spannend zu sehen, was Bruce Arians mit ihm macht.
Der einzige Pick, der in puncto Value leichte Abzüge gibt, ist Ke'Shawn Vaughn. Ein Scheme-Fit, ja, aber auch nicht mehr als ein Straight-Line-Zone-Runner. Limitiert in seiner Rolle. Dritte Runde war sehr früh für ihn.
Die Note: 1.
Draft Grades: NFC WEST
Arizona Cardinals
Die Picks: LB/S Isaiah Simmons (1. Runde), OT Josh Jones (3. Runde), DT Leki Fotu (4. Runde), DL Rashard Lawrence (4. Runde), LB Evan Weaver (6. Runde), RB Eno Benjamin (7. Runde).
Die Analyse: Infolge des DeAndre-Hopkins-Trades hatten die Cardinals keinen Zweitrunden-Pick; mit Simmons und Jones kamen dennoch zwei Erstrunden-Talente in die Wüste, sowie einer der größten Late-Round-Steals in Eno Benjamins. Anders gesagt, und Hopkins ist - wie alle Trades - in dieser Note nicht berücksichtigt: Arizona hat aus seinem Draft-Kapital das Maximum rausgeholt.
Simmons war aus Cardinals-Sicht ein Top-5-Spieler und Elite-Prospect an 8; das Musterbild eines modernen, positionslosen Verteidigers, der alles in der Defense spielen kann. Jetzt liegt es an Defensive Coordinator Vance Joseph, dieses Potenzial auch aus ihm raus zu holen. Es steht zu vermuten, dass die Cardinals mehr Man Coverage spielen werden und Simmons sollte einen großen Anteil daran haben, dass Tight Ends nicht mehr frei durch die Cardinals-Secondary spazieren.
Jones in Runde 3 war dann vielleicht der Steal dieses Drafts. Ein fantastischer Pass-Blocker im College, der mehr Power noch aufbauen muss - der Grund dafür, dass er in Runde 3 noch da war, ist bislang aber offen. Zumindest sollte Arizona Info-technisch gut versorgt gewesen sein: Jones' College-O-Line-Coach bei Houston war zuvor Kingsburys O-Line-Coach bei Texas Tech. Durchaus realistisch, dass Jones, der aus einer Air-Raid-Offense kommt und so die Anpassung an die Cardinals vergleichsweise einfacher vornehmen können sollte, der Week-1-Starter auf Right Tackle ist.
Die Defensive Line war insbesondere in puncto Tiefe vielleicht die größte Baustelle, mit Fotu und Lawrence hat man hier solide Spieler bekommen. Weaver könnte Richtung Special Team gehen und Benjamin mit seiner Agilität, seiner Fähigkeit, Yards selbst zu kreieren und auch einer Rolle als Receiver passt perfekt in Kingsburys Offense. Er könnte Kenyan Drake im kommenden Jahr ablösen, sodass man Drake dann nicht langfristig bezahlen muss.
Die Note: 1.
Los Angeles Rams
Die Picks: RB Cam Akers (2. Runde), WR Van Jefferson (2. Runde), Edge Terrell Lewis (3. Runde), S Terrell Burgess (3. Runde), TE Brycen Hopkins (4. Runde), S Jordan Fuller (6. Runde), LB Clay Johnston (7. Runde), K Sam Sloman (7. Runde), OL Tremayne Anchrum (7. Runde).
Die Analyse: Wie kann man den Rams-Kader ansehen und - nachdem man im Vorjahr zwei Drittrunden-Picks in Darrell Henderson investiert und gesehen hat, dass die Offense im Jahr davor auch ohne Gsrcey funktionierte - zu dem Schluss, dass Running Back die oberste Priorität einnehmen sollte? In L.A. war man offenbar genau dieser Ansicht und holte sich mit seinem ersten Pick direkt Cam Akers, einen rundum soliden, aber eben auch nicht viel mehr, Back.
Anschließend wurde es besser. Van Jefferson als Nummer 3 ist interessant, ein in Ansätzen exzellenter Route-Runner. Burgess ist extrem vielseitig und kann so eine echte defensive Matchup-Waffe in der Box werden, vielleicht ein wenig das, was Lamarcus Joyner einst bei den Rams war.
Davon ausgehend, dass die Rams vermehrt auf 2-Tight-End-Sets umstellen werden, ergibt auch Hopkins Sinn: Ein Speedster, eine echte vertikale Waffe auf der Tight-End-Position, aber eben mehr die Kategorie "großer Receiver" als echter kompletter Tight End. In der Play-Action-Offense der Rams als Nummer-2-TE könnte er dennoch eine Big-Play-Waffe sein.
Die Note: 3+.
San Francisco 49ers
Die Picks: DT Javon Kinlaw (1. Runde), WR Brandon Aiyuk (1. Runde), OT Colton McKivitz (5. Runde), TE Charlie Woerner (6. Runde), WR Jauan Jennings (7. Runde).
Die Analyse: Ein gutes Beispiel dafür, dass es nicht nur um die individuellen Spieler, sondern auch um den Gedankenprozess dahinter sowie Team Needs geht. Javon Kinlaw ist ein guter Spieler, er war kein Reach an dem Punkt. Die Niners konnten ja sogar durch den kurzen Downtrade nochmal etwas zusätzlichen Value mitnehmen und sicher kann man argumentieren, dass San Francisco nach dem Buckner-Trade einen Need hatte.
Aber war der Need so groß, dass man hier einen weiteren Erstrunden-Pick investieren musste? Nach Bosa, Armstead - den man jetzt zusätzlich bezahlt hat - und Thomas, sowie dem Trade für Dee Ford? Das sind enorme Ressourcen in der Defensive Line, in die jetzt ein weiterer Erstrunden-Pick gesteckt wurde, mit Elite-Talent für die Offensive Line und Wide Receiver noch auf dem Board.
Aiyuk ist dann ein Musterbeispiel für etwas, das man im Draft regelmäßig sieht: Teams verlieben sich über beide Ohren in einen Spieler und tun alles dafür, diesen Spieler zu bekommen. Aiyuk ist ein sehr guter Scheme-Fit, mit seiner Explosivität und seinen Fähigkeiten nach dem Catch. Doch ist das die Picks #31, #117, #176 wert, um sechs Spots in Runde 1 hoch zu klettern? In einer der tiefsten Receiver-Klassen der jüngeren Vergangenheit?
Beide sind gute Spieler, beide werden für die Niners starten. Nur die Idee dahinter muss hinterfragt werden. Entsprechend hatte San Francisco dann keinen Pick bis Runde 5, der letzte Pick ist nochmal hochspannend: Jennings ist ein physisches Monster nach dem Catch und sollte, sofern er den Kader schafft, super in die Shanahan-Offense passen.
Die Note: 2-.
Seattle Seahawks
Die Picks: LB Jordyn Brooks (1. Runde), Edge Darrell Taylor (2. Runde), OG Damien Lewis (3. Runde), TE Colby Parkinson (4. Runde), RB DeeJay Dallas (4. Runde), Edge Alton Robinson (5. Runde), WR Freddie Swain (6. Runde), TE Stephen Sullivan (7. Runde).
Die Analyse: Die Seahawks sind, ähnlich wie San Francisco, nochmal ein guter Zeitpunkt, um daran zu erinnern, dass es in der Bewertung des Drafts insbesondere zu diesem Zeitpunkt nicht ausschließlich um die Spieler, sondern um die generelle Strategie, den Value und die Vorgehensweise innerhalb des Drafts geht. Und da waren die Seahawks dieses Jahr schlicht am ganz unteren Ende des Spektrums.
Es ist nicht so, dass sie schlechte Spieler gedraftet hätten - doch sie waren so sehr darauf fixiert, "ihre" Spieler zu bekommen, dass sie ohne Rücksicht auf Verluste auch auf ihre Spieler gingen. Und das führte dann eben dazu, dass man mit Brooks einen explosiven, physischen Linebacker, der ein guter Run-Defender und Blitzer sein, in Coverage aber mal zumindest mit größeren Fragezeichen kommt, in der ersten Runde gedraftet hat. Brooks scheint in NFL-Kreisen ein besseres Standing gehabt zu haben als in Medien-Scouting-Kreisen; aber ist er wirklich der Spieler, den man unbedingt haben muss, sodass man einen Erstrunden-Pick investiert? Mit Patrick Queen beispielsweise noch auf dem Board?
Das gilt genauso für Taylor. Auch hier bleibt man zumindest als Außenstehender einfach mit Fragezeichen zurück; mit Top-Cornerback-Prospects, Receivern, Offensive Tackles und selbst etwa einem Josh Uche an dem Punkt noch auf dem Board. Seattle tradete sogar hoch für Taylor. Alton Robinson in Runde 5 bringt die Power für die Defensive Line mit, die Seattle haben will und Damien Lewis könnte ein Day-1-Starter in der Interior Line sein. Die Entlassungen von Justin Britt und D.J. Fluker unterstreichen diese Theorie.
Die Note: 4+.
NFL Draft Grades 2020: Noten und Tiers im Überblick
Hinweis: Innerhalb der einzelnen Tiers sind die Teams, sofern sich die Noten nicht unterscheiden, nicht zusätzlich geranked.
Tier 1 Tier 2 Team Note Team Note Cleveland Browns 1+ Minnesota Vikings 1- Dallas Cowboys 1+ New York Giants 1- Tampa Bay Buccaneers 1 New York Jets 1- Arizona Cardinals 1 Cincinnati Bengals 1- Denver Broncos 1
Tier 3 Tier 4 Team Note Team Note Miami Dolphins 2+ San Francisco 49ers 2- Jacksonville Jaguars 2+ New Orleans Saints 2- Philadelphia Eagles 2+ Carolina Panthers 2- Baltimore Ravens 2+ Las Vegas Raiders 2- Detroit Lions 2 Pittsburgh Steelers 2- Indianapolis Colts 2-
Tier 5 Tier 6 Team Note Team Note Kansas City Chiefs 3+ Chicago Bears 3- Washington Redskins 3+ Los Angeles Chargers 3- Atlanta Falcons 3+ Tennessee Titans 3- Los Angeles Rams 3+ Houston Texans 3- Buffalo Bills 3+ New England Patriots 3+
Tier 6 Tier 7 Team Note Team Note Seattle Seahawks 4+ Green Bay Packers 5