Die ungewöhnliche Geschichte von Sean William Dundee begann am 7. Dezember 1972 in Durban, Südafrika. Nach acht Jahren entdeckte er seine Begeisterung für den Fußball. Vom Jugendverein Bayview Durban ging es 1989 zu D'Alberton Callies Durban und drei weitere Jahre später sollte der große Schritt folgen: Mit 20 Jahren wechselte Dundee zu den Stuttgart Kickers und traf dort auf noch unbekannte Namen wie Fredi Bobic (nun Sportdirektor bei Eintracht Frankfurt) und Thomas Tuchel (heute Trainer von PSG).

Mit Tuchel hatte Dundee viel Kontakt. Bis heute gilt er als ein Förderer der Englischkenntnisse des heutigen Star-Trainers. "Ich konnte kein Deutsch und deswegen haben wir nur Englisch miteinander geredet. Ich glaube, ihm geht es heute ganz gut", sagt Dundee im Interview mit SPOX und lacht.

Dundee über Thomas Tuchel: "Grund, warum ich es durchgezogen habe"

Doch auch Dundee profitierte von der Freundschaft, denn leicht fiel dem gebürtigen Südafrikaner der Umstieg auf Kultur und Klima in Deutschland nicht: "Ich habe in der Winterpause Urlaub in Südafrika gemacht. Als ich dann im Jänner wieder gekommen bin, bei -12 Grad, das war ein richtiger Schock für mich. Die Wochen danach waren richtig schlimm. Ich bin froh, dass ich Thomas Tuchel kennengelernt habe, denn er ist sicher einer der Gründe, warum ich es in Deutschland dann durchgezogen habe."

Es sollte nicht die einzige schwere Phase in seiner Karriere bleiben. Zu seiner Zeit bei der Austria meint Dundee heute: "Es war eine der Situationen in meine Karriere, wo ich richtig emotional niedergeschlagen war."

Für den Durchbruch Dundees brauchte es noch einen Zwischenschritt in der Regionalliga beim TSF Ditzingen, samt 24 Toren in 34 Spielen. Der Aufsteiger Karlsruher SC wurde auf den Stürmer aufmerksam und holte ihn in die 1. Bundesliga.

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Mit Mitspielern wie Slaven Bilic oder dem späteren Austria-Trainer Thorsten Fink wurde Karlsruhe starker Siebenter und marschierte bis ins DFB-Cupfinale, das aber knapp mit 0:1 gegen Kaiserslautern verloren ging. Dundee schaffte mit 16 Saisontoren dennoch den endgültigen Durchbruch und erhielt von lokalen Medien den Spitznamen "Torkrokodil" - in Anspielung auf den Film "Crocodile Dundee".

Erst am letzten Spieltag musste er sich seinem ehemaligen Teamkollegen Bobic in der Torjäger-Wertung um einen Treffer geschlagen geben. Der 24-Jährige teilte sich Rang zwei mit klingenden Namen wie Jürgen Klinsmann und Giovane Elber.

In der darauffolgenden Saison verbesserte sich der KSC um einen Platz und Dundee um ein Tor, für den besten Torschützen war dies aber erneut zu wenig. Unter anderem landete ein gewisser Toni Polster (1. FC Köln) mit 21 Toren vor ihm. Durch seine Leistungen wurde allerdings das deutsche Nationalteam auf Dundee aufmerksam. Erstmals im Fußball machte Deutschland einen Spieler im Schnellverfahren - es dauerte kein Jahr - zum Staatsbürger und vermeintlich auch zum Nationalspieler.

Nationaltrainer Berti Vogts versprach Dundee einen Einsatz im Testspiel gegen Israel, doch dann der Rückschlag: "Ich hatte mich am Spieltag davor verletzt und musste an der Wade operiert werden. Danach war ich noch ein paar Mal auf der Bank, aber zu einem Einsatz bin ich nie gekommen. Es war einfach Pech."

Dundee über FC Liverpool: "War keine gute Zeit dort"

Von Reue aber keine Spur: "Ich würde es heute genauso wieder machen. Ich fühle mich Zuhause hier (in Deutschland), ich bin froh es gemacht zu haben." Ebenso wie seine Team-Karriere, ging dann auch seine Zeit in Karlsruhe zu Ende: "Der KSC ist damals abgestiegen, deswegen bin ich gegangen."

Schließlich verpflichtete der FC Liverpool, damals englischer Rekordmeister, Dundee fest: "Sie haben mich geholt, ich glaube für 8 Millionen, mit einem Drei-Jahres-Vertrag. Es war keine besonders gute Zeit dort. Trainer Roy Evans hat mich verpflichtet, ich war damals leider nicht fit, musste ziemlich viel nachholen", resümiert Dundee.

Doch auch an der Merseyside war der Stürmer nicht vom Glück verfolgt: "Als ich den Trainingsrückstand aufgeholt hatte, verletzte ich mich am Knie und in der Zeit wurde Evans entlassen. Der neue Trainer (Gerard Houllier, Anm.) hatte dann kleine Pläne mit mir."

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Statt einem echten Neustart, gab es für den ehemaligen Everton-Fan meist Tristesse. "Nach meiner Verletzung habe ich dann alleine trainiert, oft auch mit Paul Ince zusammen, weil der Trainer ihn auch nicht haben wollte." Positives gab es für Dundee aber dennoch mitzunehmen, immerhin konnte er mit Legenden wie Steve McManaman, Michael Owen, Robbie Fowler oder auch Steven Gerrard, welcher gerade den Durchbruch aus der Jugend geschaffte hatte, zusammenspielen.

"Ich habe einige Freunde gewonnen. Ich hatte noch zwei Jahre Vertrag, aber ich wollte die Zeit nicht einfach aussitzen. Deswegen habe ich einen Strich darunter gemacht und bin wieder zurück nach Deutschland gegangen", so der heute 47-Jährige.

So wechselte Dundee nach nur fünf absolvierten Spielen für die Reds zum VfB Stuttgart. Ein Wunschtransfer, immerhin hatte seine Karriere in Stuttgart den Anfang genommen. Dundees vier Jahre beim VfB verliefen solide, am Ende standen 104 Partien und 33 Tore zu Buche.

In der Saison 2002/03 musste Stuttgart sich nur dem FC Bayern im Meisterschaftsduell geschlagen geben, nachdem im Jahr davor noch der Kampf gegen den Abstieg gelungen war. Dies war aber auch das letzte Stuttgarter Jahr für Dundee. Trainer Felix Magath wollte den Kader umbauen und den 30-Jährigen zog es nach Österreich.

"Ich wollte unbedingt beim VfB bleiben, wir hatten uns endlich für die Champions League qualifiziert", erinnert sich Dundee. Dennoch entschied er sich gegen einen Wechsel nach Gladbach und machte erneut den Schritt ins Ausland.

Austria-Trainer Jogi Löw, ein guter Freund seines Beraters, wollte Dundee unbedingt nach Wien holen. Doch die Konkurrenz war im Sturmzentrum mit Sigurd Rushfeldt, Radoslaw Gilewicz, Ivica Vastic und Thorsten Helstad enorm. "Es ist nicht gelaufen wie gehofft, ich habe wahrscheinlich ein gutes Spiel gemacht", so Dundee.

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Eben jenes Spiel war das Cup-Finale im Jahr 2004 gegen den GAK, gegen den zuvor bereits die Meisterschaft verloren ging. Rushfeldt verletzte sich früh und Trainer Günther Kronsteiner, der Löw ersetzte, musste reagieren. "Er hat mich angesehen und hatte eigentlich keine andere Wahl als mich einzuwechseln, auch wenn er es eigentlich nicht so früh machen wollte."

Doch der Griff sollte sich vorerst auszahlen, denn Dundees einziges Tor und die einzige Vorlage für Violett kamen in diesem Spiel. "Ich habe mich gut gefühlt, Tor und Vorlage gemacht, ich habe wirklich geglaubt, wir gewinnen das Spiel", erinnert er sich.

Doch trotz dreimaliger Führung konnten die Grazer dreimal ausgleichen: "Aber wie in der restlichen Saison hatte der GAK immer irgendwie das Glück auf seiner Seite. Ich habe sogar im Meisterschaftsspiel ein Tor gegen sie gemacht, das wurde aber zu Unrecht wegen Abseits aberkannt. Sie waren einfach das glücklichere Team in dieser Saison."

Über Verhandlungen mit der Austria: "Habe nicht mehr über meine Zukunft geredet"

Sean Dundees Engagement in Wien-Favoriten sollte auf keiner positiven Note enden. Nach dem 3:3 nach 120 Minuten folgte das Elfmeterschießen. Alle neun Torschützen vor ihm trafen, es lag am Deutschen sein Team im Spiel zu halten: "Ich habe einen guten Elfmeter geschossen, aber der Torwart war auf der richtigen Seite. Das ist Pech. Ich habe mich schlecht gefühlt, aber so ist der Fußball halt", meint Dundee.

Damit war seine Geschichte bei der Wiener Austria beendet. Zwar wäre der damals 30-Jährige in Wien geblieben, doch der Verein zog die Option in seinem Vertrag nicht. "Wir haben eigentlich gar kein richtiges Gespräch mehr gehabt. Sie haben die Option nicht gezogen und wir haben eigentlich gar nicht mehr über meine Zukunft geredet."

Viel Verbundenheit zum Verein hat Dundee heute nicht mehr. Ab und an Kontakt zu den Spielern von damals, wie zuletzt mit Gilewicz. Als sein alter Freund Thorsten Fink Trainer der Veilchen wurde, schielte er dennoch nach Wien. Die Entwicklung der Liga fiel dem 47-Jährigen positiv auf: "Das Niveau der Bundesliga ist schon besser geworden über die Jahre. Salzburg dominiert sehr lange und hat immer eine starke Mannschaft, die in Europa gut mitspielt."

Schlussendlich war das Cupfinale in Österreich ein wiederkehrendes Muster für die Karriere Dundees, segelte er doch oft nur knapp am ersehnten Titel vorbei. "Ab und zu bereue ich es schon. Ich war mehrmals sehr knapp dran."

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Doch was überwiegt, sind die positiven Aspekte: "Wenn ich überlege von wo ich kam, der Weg von Südafrika nach Deutschland, wenn mir das jemand gesagt hätte, wäre ich schon beeindruckt gewesen. Ich muss schon zu meinen Fehlern stehen, aber ich muss eben auch stolz sein darauf, dass ich es bis hierhin geschafft habe."

Fehler habe er genug gemacht, dazu steht er. "Ich würde mehr an mir arbeiten. Ich hatte als junger Spieler Ziele, die wollte ich unbedingt erfüllen - zum Beispiel in der Bundesliga spielen - aber als ich diese dann geschaffte hatte, habe ich mir keine neuen Ziele mehr gesetzt. Das war wohl der größte Fehler meiner Karriere, also ich wäre auf jeden Fall ein anderer Spieler geworden."

Ex-Austria-Stürmer: "Wollte auch nicht tablettenabhängig sein"

Nach der Austria wechselte Dundee zurück nach Karlsruhe, wo alles seinen Anfang nahm, und er noch zwei gute Spielzeiten in der 2. Bundesliga hinlegte. Doch schon da plagten das Torkrokodil Rückenprobleme. "Beim KSC habe ich wirklich überlegt aufzuhören. Bei meiner Zeit in Offenbach ging dann aber langsam gar nichts mehr, ich konnte kaum richtig gehen oder aufstehen. Ich wollte dann auch nicht abhängig von Tabletten sein, weil ich davon auch Magenprobleme bekommen habe."

Deswegen folgte der Schritt zurück nach Südafrika. Das warme Wetter half dem Rücken zwar, gesund wurde Dundee aber dennoch nicht. Der Abschied aus dem Profifußball wurde unumgänglich. Heute ist der mehrfache Familienvater noch immer nicht schmerzfrei: "Manchmal habe ich schon tagelang Schmerzen im Rücken, aber ich habe mich daran gewöhnt. Wenn es wärmer wird, merke ich es geht gleich besser."

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Eine Rückkehr in den Profifußball plant Dundee zudem nicht. Derzeit hat er eine Firma für Einzeltraining mit Jung-Fußballern und kommentiert für die DFL Bundesliga-Spiele auf Englisch. Ein Trainer-Dasein wäre eher eine Option im Jugendfußball, derzeit ist Dundee aber glücklich.

Auch in Zeiten des Coronavirus, wo auch für Sean Dundee das Kredo gilt: Zuhause bleiben. "Ich bin hauptsächlich Zuhause bei den Kindern und versuche diese zu beschäftigen. Bei schönem Wetter sind wir meistens im Garten oder auch im Wald, der nicht so weit weg liegt."

Leistungsdaten Sean Dundee nach Verein

Verein Spiele Tore Vorlagen Karlsruher SC 169 58 17 VfB Stuttgart 104 33 10 TSF Ditzingen 34 24 - FK Austria Wien2711 Kickers Offenbach 17 - 1 Stuttgarter Kickers 12 1 - FC Liverpool 5 - - AmaZulu FC 4 - -