Er ist als David Beckham Asiens bekannt. Rudi Völler würde ihn vielleicht eher den Marcell Jansen Asiens nennen. Als Jansen im zarten Alter von 29 Jahren seine aktive Karriere beendet hatte, sagte Völler im ZDF -Sportstudio: "Wer sowas macht, hat den Fußball nie geliebt!"
Auch Hidetoshi Nakata hörte 2006 schon mit 29 auf. Ähnlich wie Jansen ("Ich habe das Fußball-Geschäft nie geliebt") vermisste der Japaner das Familiäre im Fußballbusiness. "Ich hatte das Gefühl, dass die Mannschaft nur um Geld spielte und nicht aus Spaß ", begründete er später seinen frühen Rücktritt.
Spaß machte das Zuschauen bei Nakata allemal. Seine präzisen Pässe in die Tiefe waren tödlich, seine Mitspieler in der Nationalmannschaft waren seiner Genialität oft gar nicht gewachsen. Nach seinem Wechsel in die Serie A zu Perugia ging Nakatas Stern endgültig auf.
Die Roma zahlte 2000 über 20 Millionen Euro für Nakata. Er verhalf den Giallorossi zum ersten Scudetto seit 1983. Für fast 30 Millionen Euro sicherte sich Parma die Dienste Nakatas und machte den Japaner zum Spieler mit dem sechsthöchsten Gehalt der Welt.
Hidetoshi Nakata im Steckbrief
geboren 22. Januar 1977 in Kofu Größe 1,75 m Position offensives Mittelfeld starker Fuß rechts Stationen Nirasaki Jugend, Shonan Bellmare, Perugia, AS Rom, AC Parma, Bologna, Florenz, Bolton Wanderers
Nakata: "Ich bin nicht als Fußballprofi geboren"
Heute ist der 44-Jährige ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er produziert Edel-Sake, japanischen Reiswein. Eine Flasche kostet rund 2500 Euro, es gibt auch Sake mit KitKat-Geschmack. Hin und wieder hängt er mit Weltstars wie Lenny Kravitz auf Wohltätigkeitsveranstaltungen oder Fashion-Events ab. 2007 ließ sich Nakata für die GQ ablichten. Er designte auch selbst Kollektionen und brachte sein eigenes Parfüm auf dem Markt. In Asien wird er als Popstar gefeiert - daher der Beckham-Vergleich.
"Das ist jetzt mein Leben", sagte Nakata der South China Morning Post : "Ich bin nicht als Fußballprofi geboren, sondern als ich selbst."
Nakata lebt für die Leidenschaft
2006, nach seinem Rücktritt, wusste Nakata noch nicht recht, wer er selbst eigentlich war. "Ich denke nie an die Zukunft, denn ich lebe für die Leidenschaft. Und Leidenschaft lebt man Tag für Tag", meinte Nakata. Er nahm immer wieder an Benefizspielen teil. Seine neue große Leidenschaft musste er jedoch erst noch entdecken.
Diese Entdeckungsreise begann in seinem Heimatland. Mit 21 ging er von dort fort nach Italien. "Ich wusste wirklich nichts über Japan", sagte Nakata der SCMP . Neben der Mode entwickelte Nakata großes Interesse an japanischer Handwerkskunst, insbesondere an der Herstellung von Sake.
Sieben Jahre lang reiste er in Japan umher, er sog alles auf. Alles über Kultur, Bräuche, Landwirtschaft und eben Sake. Er besichtigte über 300 Brauereien in Japan, 2014 wurde er ein zertifizierter "Master of Sake". Seit 2015 vertreibt er seinen eigenen Reiswein. Das ist jetzt sein Leben.
Totti: Nakata las ein Buch auf der Meisterfeier
Auf seiner Reise durch die 47 Präfekturen Japans war Nakata nicht immer herzlich willkommen. Schuld war sein Promistatus. Nakata war ein Pionier des noch sehr jungen japanischen Fußballs, der erste große Star, der Türöffner für Japaner in Europa. Er kam überhaupt nur durch die berühmte Manga-Serie Captain Tsubasa zum Fußball. Nakata hatte kein Idol, er war das Idol.
"Einige waren misstrauisch und fragten mich, was ich hier suche. Ich sei schließlich nicht wirklich an der Branche interessiert." Traditionalisten sahen in Nakata zunächst nur den schillernden Vogel, der sich zur WM 1998 die Haare blond färbte, um europäische Scouts auf sich aufmerksam zu machen. Sie wurden eines Besseren belehrt.
Unter den schrägen Frisuren versteckte sich schon immer ein introvertierter, aufmerksamer und wissbegieriger Kopf. Sein ehemaliger Mitspieler Francesco Totti beschrieb Nakata im Gespräch mit DAZN anhand einer Anekdote: "Das war auf der Meisterfeier 2001. Alle machten Party, nur Nakata saß da und las ein Buch. Ich weiß nicht, warum er das tat. Er ist eben ein ganz besonderer Mensch."
Nakata ist Kulturbotschafter Japans
Nakata ist eine Art Kulturbotschafter Japans. Sein Ziel ist es, die japanische Handwerkskunst aufrecht zu erhalten und sie der Welt zu präsentieren. Dafür setzt er dann auch seine Bekanntheit ein: "Ich weiß die Plattform zu schätzen, die mir der Sport heute noch gibt."
"Er ist in Japan immer noch sehr hoch angesehen. Er ist gut im Fußball, eloquent, modisch ... Seine charismatische Art hat in Japan großen Anklang gefunden", sagt Chefredakteur Tasuku Okawa von Goal Japan . Nakata habe sich über die vergangenen Jahre kaum verändert. Er sei lediglich etwas medienscheuer geworden.
Nakata tritt als Unternehmer auf wie als Fußballer. Calvin-Klein-Designer Italo Zucchelli beschrieb den Japaner einst so: "Er spielt mit so viel Style wie die anderen auch, nur auf eine coolere, raffiniertere Art und Weise."