Verdutzte Gesichter, als bei einer provisorisch eingerichteten Pressekonferenz des GAK, noch dazu einen Tag vor dem wichtigen Derby gegen SK Sturm Graz, Trainer Klaus Augenthaler den Verein verlässt. "Nach Frankreich", ein Top-Klub, aber der Name darf noch nicht erwähnt werden. Als Ersatzlösung kommt ein gewisser "Albertas Klimawiszys" aus Litauen, der den Verein komplett umkrempeln will.
"Wir waren alle schockiert", erinnert sich Rechtsverteidiger Gregor Pötscher entgegen The Athletic . "Wir waren sicher, dass Auge (Augenthaler, Anm.) auf lange Sicht dabei war, dass er sich dafür einsetzte, den GAK zu einem Spitzenteam zu machen. In der Liga lief es gut - wir waren Dritter - und für ihn war es völlig bizarr, am Vorabend des Derbys, dem wichtigsten Spiel der Saison, zu gehen."
"Klimawiszys" ließ in der Pressekonferenz nichts aus. Stürmer und Top-Einkauf Igor Pamic solle auf eine anderen Position spielen: "Er hat schnelle Auto, aber Fuß ist langsam". Bei den Spielern müsse zudem wieder mehr Disziplin rein, Kaltduschen und zehn Uhr Bettruhe. Er selbst stellt sich mit einem litauischen Lied vor. Die Radio-Mikros eilen hervor, dann stimmt seine ebenfalls anwesende Gattin die Hymne der Sowjetunion an, während Augenthaler sein Lachen hinter vorgehaltener Hand verstecken muss.
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Heute wundert sich der ehemalige Trainer, dass bei der immer lächerlicher werdenden Pressekonferenz niemand den Komiker durchschaute, "aber Kerkeling war damals in Österreich noch nicht bekannt". "Heute würde man auf dem Handy schnell googeln [und] es ist alles vorbei. Aber 1999 haben sie es alle gekauft", so Augenthaler.
Gernot Sick: Trikot im Trainingsanzug war merkwürdig
Nach der skurrilen Pressekonferenz ging es auf den Trainingsplatz. "Ich erinnere mich, dass ich dachte: 'Das ist komisch. Warum wurden wir an diesem Tag mittags zum Training einberufen, anstatt wie üblich um 15 Uhr?'", erzählt Pötscher.
Auch Mittelfeldspieler Gernot Sick wunderte sich über den neuen Trainer: "Der Name des Neuen sagte mir nichts, aber ich fand es merkwürdig, dass er unter seinem Trainingsanzug ein Trikot trug, das hatte ich noch nie gesehen".
Am Trainingsplatz stellte sich Kerkeling der Mannschaft vor und fragte unter anderem Didi Ramusch, welches Auto er denn fahre. Danach Training. Erste Übung laufen, bei einem Pfiff eine Liegestütz, bei drei Purzelbaum.
"(Es war) die Art von Übung, die man als Kind macht", so Pötscher. "Aber ich habe sie einfach gemacht. Ich war zu fassungslos, als Auge wegging, um Fragen zu stellen, und ich dachte, ich hätte keine andere Wahl, als mich zu fügen. Jeder will spielen - wenn es das ist, was der Trainer will, muss man es tun."
Deutsche Kicker improvisierten mit
Sick stellte später fest, dass drei deutsche Mannschaftskameraden - Marco Grimm, Andreas Golombek und Tomas Tomic - Kerkeling zwar erkannt, aber in der Situation mitgespielt hatten: "Aus irgendeinem Grund kicherten sie dauernd im Hintergrund, behielten es aber für sich."
Augenthaler beobachtete das Geschehen aus der Umkleidekabine während die Mannschaft Purzelbäume schlug. Doch als "Klimawiszys" das "Kosmonauten"-Training starten wollte, spielten die Kicker nicht mehr mit und verabschiedeten sich mit weniger netten Worten. Kerkelings Rolle war schlussendlich aufgeflogen.
Während die Deutschland-Legionäre noch lachten, war Augenthaler vor allem erleichtert, dass der Scherz ohne Folgen blieb. "Zum Glück haben wir das Derby gewonnen. Sonst wären wir die Idioten gewesen". GAK siegte mit 1:0. Tordebütant: Igor Pamic.