Die 2020er Quarterback-Draft-Klasse ist aus zweierlei Gründen spannend: Es gibt ein klares Duo an der Spitze, auch wenn bei Tua Tagovailoa die Fragezeichen infolge der schweren Hüftverletzung und der derzeit nicht vorhandenen Medizinchecks groß im Raum stehen. Doch Tua und Joe Burrow sind potenzielle Franchise-Quarterbacks - zwei davon gibt es in einem Jahrgang selten.

Der andere Part dieser Klasse folgt dann dahinter: Mit insbesondere Justin Herbert und Jordan Love gibt es zwei absolute Boom-or-Bust-Prospects; beide könnten in den richtigen Umständen und bei richtiger Entwicklung voll einschlagen, beide könnten aber in zwei Jahren auch wie große Fehlinvestitionen aussehen. Insbesondere, falls beide tatsächlich in der ersten Hälfte der ersten Runde gedraftet werden.

Ein dritter Punkt noch dazu wäre die Mittelklasse. Jacob Eason ist aufgrund seines starken Arms für einige Teams ein interessantes Projekt, Jake Fromm bringt eine extrem hohe Base-Line mit, an Jalen Hurts scheiden sich die Geister - und Tyler Huntley könnte eine kleine Überraschung in dieser Quarterback-Mittelklasse des diesjährigen Drafts werden.

SPOX -Redakteur Adrian Franke hat sich die Quarterbacks dieser Klasse angeschaut und in seiner Top-10 mit einer Blitzanalyse zu jedem Prospect zusammengefasst.

Das NFL Draft 2020 Quarterback Ranking:

10. Cole McDonald, Hawaii

In einem Satz: Ein äußerst unterhaltsamer Gunslinger mit einem spektakulären Arm, der mit vertikalen Highlight-Würfen punktet - der gleichzeitig aber auch noch viel zu ausladende Mechanics hat und selbst mit den vergleichsweise einfachen Reads in Hawaiis offener Run-and-Shoot-Offense häufig so seine liebe Mühe hatte.

Stärken:

  • Spektakuläre Armstärke, in der Kategorie neben Eason der beste Quarterback dieser Klasse: McDonald kann jeden Bereich des Feldes aus jeder Plattform bedienen, auch bei Rollouts feuert er Pässe in der Bewegung das Feld runter.
  • Passend dazu: Der Deep Ball ist mitunter fantastisch. Hier ist auch sein Timing am besten, McDonald hat auf fast jedem Tape Pässe perfekt in den Lauf des Receivers 30, 40 Yards Downfield. 1.103 Deep-Passing-Yards (Pässe die mindestens 20 Yards Downfield fliegen) sowie die dritthöchste durchschnittliche Target-Tiefe (12,4 Yards) im College-Football. Eine Big-Play-Maschine.
  • McDonald verfügt über nicht zu unterschätzende Athletik. Kann auch als Power-Runner Yards rausholen.
  • Wenn McDonald in seinen Rhythmus kommt und der Ball sofort rauskommt, kann er auch ein guter Point Guard sein, der den Ball verteilt.

Schwächen:

  • Reads und Decision-Making sind noch ein riesiges Fragezeichen. Manche Bälle fliegen einfach blindlings in die Coverage, McDonald hat zu häufig Horror-Interceptions auf Tape, wirft schlicht in die Arme eines Underneath-Verteidigers etwa - und das obwohl er im College in einer sehr Quarterback-freundlichen Offense gespielt hat. Dieser Part wird für ihn in der NFL noch deutlich schwieriger.
  • Accuracy ist noch definitiv unkonstant.
  • Release ist viel zu ausladend. McDonald wirft den Arm nach hinten und feuert ihn dann wieder nach vorne, Richtung "Katapult-Stil".
  • Hält den Ball mitunter viel zu lange und will das Big Play forcieren.

SPOX-Empfehlung: 5. Runde.

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9. Jalen Hurts, Oklahoma

In einem Satz: Cam Newton Light - gemeint ist ein physischer Runner auf der Quarterback-Position, der hier auch in der NFL Value haben sollte, der gleichzeitig aber als Passer noch massive Defizite sowie große Probleme mit seinen Reads hat, das Feld zu langsam liest und die Pocket sehr gerne vorschnell verlässt.

Stärken:

  • Ein Power-Option-Quarterback. Hurts verfügt über Athletik und Physis als Runner, kann in Power-Konzepten bestehen und auch zwischen den Tackles laufen. Überspitzt formuliert ist er die weniger physisch begabte, dafür agilere Version von Cam Newton.
  • Hurts hat eine solide Armstärke, bringt Bälle mit Zip über die Mitte und hatte auch mehrere gute Pässe aus unsauberer Pocket auf Tape. Vertikales Passspiel ist eine Qualität. Oklahoma nutzte das mit vielen Rollout-Konzepten, um Hurts in Bewegung zu bringen, seine Athletik zu nutzen und ihn in seinen Reads zu unterstützen.
  • Hat immer wieder "Wow"-Plays, wo er aus dem Nichts noch ein Big Play kreiert.
  • Gilt als absoluter High-Character-Typ. Seine Degradierung bei Alabama hat er wie ein Vollprofi aufgenommen, soll unisono bei Alabama und dann auch Oklahoma innerhalb des Teams enormes Ansehen genossen haben. Seine Qualitäten sprechen für einen Career-Backup - dafür aber scheint er das volle Paket mitzubringen.

Schwächen:

  • Hurts will eher laufen als werfen, das ist der größte Kritikpunkt bei Hurts. Direkt anknüpfend daran: Er ist ein besserer Runner als Passer, aber er ist eben als Runner nicht auf dem Level von Hochphase-Newton oder Lamar Jackson, will sagen: Als Runner wird er nicht diesen extremen Unterschied machen.
  • Allerdings verlässt Hurts die Pocket auch viel zu häufig vorschnell; zu häufig geht er aus der Pocket wenn sein erster Read zugestellt ist.
  • Hurts hat sichtbare Probleme damit, Coverages zu erkennen. Regelmäßig bleibt er beim ersten Read kleben, Antizipation und der ganze Processing-Speed sind einfach sehr langsam und holprig. Viel in der Sooners-Offense funktionierte über Run Pass Options, Play Actions und Option Plays, bei denen Hurts nur einen Teil des Feldes oder einzelne Verteidiger lesen musste.
  • Hält den Ball dadurch auch deutlich zu lange und kassiert unnötige Sacks.
  • In der Summe ist Hurts für mich ein High-End-Backup-Prospect, dem ich einen Platz als echter Starting-Quarterback in der NFL aber unter dem Strich nicht zutraue.

SPOX-Empfehlung: 3.-4. Runde.

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8. Jacob Eason, Washington

In einem Satz: Ein beeindruckender Arm - aber was kann Eason noch? Diese Frage müssen Teams beantworten, denn abgesehen von fantastischen Deep Balls und jeder Menge Zip Underneath bringt Eason riesige Fragezeichen in puncto Accuracy, Antizipation, Read-Tempo und Pocket-Verhalten mit.

Stärken:

  • Die Armstärke ist sein mit Abstand bestes Argument. Eason kann jeden Bereich des Feldes mit jeder Menge Dampf anspielen, er hat tolle Deep Balls auf Tape und zeigt hier auch fantastisches Timing und Antizipation. Eason scheut kein vertikales Passfenster.
  • Auch Pässe in der mittellangen Distanz kommen mit enormem Zip. Eason kann so auch engste Fenster treffen und auch bei Rollouts den Ball problemlos mit Power werfen.
  • Funktionale Athletik ist sichtbar. In Kombination mit einem enormen Frame nicht leicht zu Boden zu bringen.

Schwächen:

  • Accuracy ist massiv unkonstant. Selbst wenn er Receiver etwa bei kurzen In-Breaking-Routes trifft, ist der Ball häufig leicht in den Rücken platziert, sodass der Receiver abbremsen oder sich neu ausrichten muss und so wertvolle Yards nach dem Catch liegen lässt.
  • Seine Mechanics sind ein riesiges Projekt. Easons Beinarbeit ist mitunter absolut wild und bestenfalls als unkonstant zu bezeichnen.
  • Ein "See it, Throw it"-Passer. Antizipation zumindest im Kurzpassspiel nahezu überhaupt nicht vorhanden.
  • Pressure bereitet Eason noch riesige Probleme. Seine ohnehin schon unkonstanten Mechanics verabschieden sich da teilweise komplett.
  • Reads sind schlicht zu langsam. Braucht zu lange, um von einem Read zum nächsten zu kommen - wenn er es überhaupt macht.
  • Will oftmals Würfe in Fenster erzwingen, die gar nicht da sind. Womöglich vertraut er da seinem Arm auch zu sehr.

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  • Pässe kommen oftmals mit Power, wenn eigentlich Touch gefragt wäre. Muss noch zeigen, dass er mit seinem Arm auch wirklich verschiedene Würfe anbringen kann.

SPOX-Empfehlung: 3. Runde.

7. Tyler Huntley, Utah

In einem Satz: Ein explosiver Runner, der als Scrambler und in einer Option-Offense gefährlich sein sollte, mit guter Accuracy punktet und einen guten Deep Ball zeigt - aber seine Armstärke bringt Limitierungen mit, Huntley läuft noch deutlich zu häufig zu schnell los und zum Teil läuft er schlicht zu ungeduldig.

Stärken:

  • Seine beste Qualität ist die Accuracy. Extrem effizient im Kurzpassspiel aber auch Intermediate, platziert Pässe gegen enge Man Coverage gut und liest das Feld schnell. Seine Adjusted Completion Percentage von 82,6 Prozent war laut PFF der beste Wert im gesamten College-Football 2019.
  • Athletik ist offensichtlich. Huntley ist brandgefährlich als Scrambler und könnte in einer Option-Offense spielen. Ein sehr agiler Runner, nicht auf dem Level, insbesondere was die Explosivität angeht, von Lamar Jackson, aber stilistisch vergleichbar.
  • Zeigt Touch als Passer, insbesondere auch bei tiefen Pässen. Neun Touchdowns bei Pässen über mindestens 20 Yards in der vergangenen Saison.
  • Bewegt sich gut in der Pocket, hat sich glänzend gegen Pressure behauptet - und den sah er hinter einer schlechten Offensive Line häufig, mit einer Pressure-Quote von 41 Prozent zusätzlich zu einer sehr hohen Drop-Quote seiner Receiver (7 Prozent).
  • Huntley macht wenige gravierende Fehler als Passer, sprich: wenige Risiko-Pässe. In der Summe eine positive Überraschung innerhalb dieser Klasse.

Schwächen:

  • Zu viele "One-Read-and-Take-off"-Plays. Huntley nutzt seine Athletik zu häufig als schnellen statt als letzten Ausweg, wenn sein erster Read nicht offen ist.
  • Spielt teilweise ungeduldig in der Pocket.
  • Armstärke ist problematisch. Dadurch auch bei engen Fenstern etwa zwischen zwei Zones sehr inkonstant. Hat teilweise schlicht nicht die Power, um Bälle in diese Fenster zu bekommen.
  • Antizipation gegen Zone Coverage insgesamt könnte noch besser sein.
  • Läuft mehrmals pro Spiel schlicht in den Verteidiger rein, in der Pocket oder auch bei Option-Plays als Runner.

SPOX-Empfehlung: 3. Runde

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6. Anthony Gordon, Washington State

In einem Satz: Eine präzise Ballverteilungsmaschine mit einem blitzartigen Release und schnellen Reads, doch werden NFL-Teams seine Armstärke und sein Verhalten gegen Pressure genau wie seine schlechten Auftritte in den beiden Spielen gegen die guten Defenses von Utah und Washington hinterfragen.

Stärken:

  • Extrem schneller Release. Sobald Gordon sein Ziel identifiziert hat, ist der Ball blitzartig raus.
  • Der Release funktioniert zusammen mit sehr guter Körperkontrolle. Gordon geht regelmäßig durch seine Reads, ist dabei schnell in Wurfposition und dann ist der Ball eben auch schnell raus. Man hat schlicht oft das Gefühl, dass er genau weiß, wo er mit dem Ball hingehen muss. Gordon hat das, was man als ein "gutes Gefühl für das Spiel" bezeichnen würde.
  • Antizipation und Accuracy sind bereits auf einem guten Level. Insbesondere auf das Intermediate-Level (etwa 10 bis 20 Yards Downfield) punktete Gordon. Noch besser und effizienter ist er aber im Kurzpassspiel, hier war er primär zuhause. 264 seiner (absurden) 692 Pässe in der vergangenen Saison hat er hierhin geworfen.

Schwächen:

  • Mechanics sind noch sehr unkonstant. Im Gegensatz zu Gardner Minshew im Vorjahr in der gleichen Offense hat Gordon noch mehr mit der Beinarbeit zu kämpfen, seine Füße werden teilweise in der Pocket faul und gegen Pressure brachen seine Mechanics regelmäßig komplett ein.
  • Hat immer wieder Verteidiger Underneath übersehen, so kamen auch viele seiner Interceptions zustande.
  • Armstärke ist nicht gut. Wird insbesondere im vertikalen Passspiel deutlich, aber eben auch bei engeren Fenstern.
  • Mein Eindruck: Gelegentlich verliert sich Gordon in einem Play. Dann klebt er an einem Read und wirft den Ball ohne erkennbaren Sinn in die Coverage. Sobald er außerhalb der Struktur agieren muss, hatte er regelmäßig Aussetzer.
  • Generell: Washington States Air Raid Offense hat seine Zahlen enorm aufgebläht. Gordon beendete die Saison mit 493/692, 5.563 Yards und 48 Touchdowns, bei 16 Interceptions. 738 (!) dieser 5.563 Yards kamen laut PFF bei Screens, der Höchstwert in der vergangenen Saison. Seine durchschnittliche Target-Tiefe von 7,2 Yards ist dementsprechend extrem gering, Gordon lebte von simpleren, kurzen Pässen.

SPOX-Empfehlung: 3. Runde

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5. Jordan Love, Utah State

In einem Satz: Der "Tools"-Kandidat dieser Klasse: Love hat einen fantastischen Release und einen Arm, der Lust auf mehr macht - aber in nahezu allen anderen Aspekten, die Quarterback-Play in der NFL definieren, ist er noch ein enormes Projekt und wirkt zu häufig eher wie ein Athlet, der die Quarterback-Position spielt.

Stärken:

  • Der Release ist fantastisch. Love kann den Ball irre schnell werfen, sobald er sein Ziel identifiziert hat.
  • Dieser schnelle Release arbeitet hervorragend mit Loves Armstärke zusammen. Trifft so auch enge Fenster, bringt Bälle aus schwieriger Plattform an und ist ein exzellenter On-the-Run-Passer.
  • Touch ist regelmäßig sichtbar, insbesondere Downfield.
  • Gute Athletik.
  • Zeigt zumindest vereinzelt die Fähigkeit, Verteidiger mit seinen Augen zu manipulieren.
  • Kann Offense kreieren und aus der Improvisation heraus glänzen.

Schwächen:

  • Reads sind ein riesiges Fragezeichen. Love scheint überhaupt kein feststellbares (konstantes) Gefühl für Coverages, seine Progessions und seine Routes dagegen zu haben und das führt zu extrem üblen Interceptions. Love selbst hat bei der Combine gesagt, dass er teilweise zu viel wollte und so auch einige der Turnover zustande kamen, und das Tape bestätigt das mit Interceptions spät im Down. Doch war das nur ein Teil des Gesamtbildes.
  • Zu der Tatsache, dass Love immense Probleme mit seinen Reads und Progressions hatte, kommt auch noch der Fakt, dass viel seiner Produktion über Screens und Run Pass Options kam, wo er nur sehr bedingt etwas lesen musste.
  • Viele Big Plays und viele Turnover-Risiken, das ist Loves Spiel. Und zu häufig hat man den Eindruck, dass Love ein Athlet ist, der die Quarterback-Position spielt.
  • Accuracy ist noch extrem unkonstant. So gut sein Release und sein Arm auch zusammen funktionieren, auf jedem Tape gibt es Momente, in denen er offene Receiver verfehlt oder seine Receiver zu enormen Adjustments zwingt statt sie mit einem gut platzierten Pass für Yards nach dem Catch auf die Reise zu schicken.
  • Oftmals zu spät oder zu unentschlossen mit seinen Entscheidungen, deutliche Turnover-Gefahr etwa bei Out-Routes.

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  • Stats 2019 (294/474, 3.402 YDS, 20 TD, 17 INT) lesen sich übel und Love hat auch definitiv schlechter gespielt als 2018 - zunächst einmal eine Red Flag wenn es an das Bewerten von College-Prospects geht. Die finale Saison vor dem Draft ist zumeist die aussagekräftigste. Allerdings sei bei Love erwähnt, dass für ihn die Umstände schlechter kaum hätten sein können: Ein neuer Coach, zahlreiche Starter in der Offense weg und dann noch eine verletzungsgeplagte Offensive Line - das soll Loves 2019er Saison nicht komplett entschuldigen, aber es hilft zumindest, die Statistiken zu verstehen.

SPOX-Empfehlung: 2. Runde

4. Jake Fromm, Georgia

In einem Satz: Ein Game Manager mit Potenzial zu einem sehr guten Game Manager - das ist jedoch auch sein Ceiling, mehr scheint nach oben nicht drin; sehr hohe Base-Line, wenig Potenzial nach oben beschreibt Fromm wohl am besten.

Stärken:

  • Sehr hohe Base-Line. Es ist schwer vorstellbar, dass Fromm irgendetwas schlechteres als ein High-End-Backup wird. Fromm, der bei Georgia intern Jacob Eason und Justin Fields verdrängte, macht schlicht wenige gravierende Fehler, er weiß, wo er mit dem Ball hingehen muss.
  • Das ist eine seiner ersten Qualitäten. Fromm erkennt Coverages, er antizipiert, wo ein Receiver frei sein wird und bringt den Ball dann auch mit gutem Timing dorthin. Fromm gilt als sehr spielintelligenter Quarterback, und sein Tape bestätigt diesen Eindruck.
  • Positiv überraschend war der Touch im vertikalen Passspiel. Hier hatte Fromm mehrere wirklich gute "Heber" über Verteidiger und in ein schwieriges Fenster.
  • Generell: Release und Technik sind solide, Dropback und Wurf sind meist eine fließende Bewegung, der Release ist zumeist effizient und kompakt. Gleichzeitig kann er auch den Launch Point verändern wenn nötig.
  • Einige exzellent platzierte Backshoulder-Pässe, Ball-Placement generell ist auf jeden Fall auf der positiven Seite.
  • Fromms Augen bleiben gegen Pressure konstant Downfield.

Schwächen:

  • Die Armstärke ist hier der größte Punkt. Fromm hat zwar auch mehr als nur ein paar gute Out-Routes auf Tape, bei denen er den Ball mit Power wirft - doch deutlich häufiger fallen hier seine Limitierungen auf. Fromm hat viele Wackler auf Tape, wo er den Ball schlicht nicht mit genug Zip in ein Fenster drücken kann. Das führt zu vielen letztlich aussichtslosen Pässen.
  • Sein Pocket-Verhalten ist noch unkonstant. Fromm tritt zu häufig in den Pass-Rush oder hält den Ball zu lange, weil ihn seine innere Uhr im Stich lässt.
  • Bei allem Lob für seine Mechanics: Auch hier wird er noch zu häufig unsauber, wenn man bedenkt, dass er primär von seiner Technik lebt. Wenn seine Beinarbeit nicht gut durchgeführt wird, werden seine Defizite bei der Armstärke noch deutlicher.
  • In einer vertikalen Offense wird Fromm wenig Erfolg haben. Sein Spiel ist das Timing-Kurzpassspiel.

SPOX-Empfehlung: 2. Runde

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3. Justin Herbert, Oregon

In einem Satz: Vielleicht der im Gesamtpaket talentierteste Arm der ganzen Klasse, der sich in einer vertikaleren Offense wohlfühlen sollte - gleichzeitig allerdings muss er insbesondere bei seiner Pocket-Arbeit sowie was seine Accuracy angeht noch viel konstanter werden.

Stärken:

  • Jede Diskussion über Herberts Stärken muss mit seinem Armtalent beginnen. Herbert verfügt über fantastischen Zip in der Mid Range, er wirft aus der Bewegung heraus sehr saubere Pässe und wenn seine Plattform passt - und das war häufig der Fall - kann er jeden Bereich des Feldes auch mit unterschiedlichem Tempo und variierender Power anspielen.
  • Bei Herbert ist es nicht nur reine Armstärke - wie etwa bei Eason oder McDonald - sondern tatsächliches Armtalent.
  • Für seine Größe ist er überraschend agil, sowohl als Runner als auch in der Pocket. Seine Athletik insgesamt ist definitiv ein Plus, Herbert ist ein guter Scrambler und kann auch Option-Plays umsetzen. Die Physis ist eindrucksvoll.
  • Ein schnelles, rhythmisches Passspiel (Achtung: nicht Kurzpassspiel!) liegt Herbert. Wenn er in seinen Dropback gehen und dann den Ball schnell rausfeuern kann, fühlt er sich sichtbar am wohlsten.
  • Bringt physisch alles mit für eine vertikale Offense. Insbesondere wenn er etwa gezielt Seams - also die Bereiche zwischen Coverage-Zones - attackieren konnte, hat er geglänzt.

Schwächen:

  • In den Nuancen der Quarterback-Position ist Herbert schlicht noch unterentwickelt - obwohl er als Senior in die NFL kommt.
  • Das betrifft sein Pocket-Verhalten, wo er zu häufig riesige Probleme hatte, was auch zu irre vielen Fumbles (26 im College) führte. Es betrifft auch seine Progressions und das Spielverständnis: Wahnsinnig viel von Herberts Production kam per Screens, Run Pass Options und anderen Pre-Determined-Throws, also im Extremfall Plays, wo er bereits vor dem Snap wusste wo er mit dem Ball hingeht und gar nichts lesen musste.
  • Das wirkt sich auf seine ganze Entwicklung aus. Herbert fehlt es an Antizipation als Passer, er muss die Dinge sehen, ehe er den Ball wirft. Manchmal geht er durch seine Reads, manchmal klebt er auch an einem Receiver mit seinen Augen.
  • Herbert ist zudem kein Quarterback, der häufig Offense kreiert.

SPOX-Empfehlung: 2. Hälfte der 1. Runde

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2. Tua Tagovailoa, Alabama

In einem Satz: Ein präziser Ballverteiler mit Elite-Accuracy und -Antizipation, der wie gemacht ist für eine West Coast Offense; Fragezeichen kommen durch seine Verletzungen, sein Verhalten gegen Pressure und durch die Tatsache, dass er bei Alabama nahezu ideale Umstände genoss.

Stärken:

  • Elite-Accuracy und Antizipation. Ermöglicht seinen Receivern konstant Yards nach dem Catch, ist exzellent aus einer sauberen Pocket und bewegt sich meist auch sehr gut in der Pocket. Tua ist in seinem Read-Verhalten noch unkonstant, aber wenn er das ganze Feld liest, dann macht er das schon irre schnell und präzise.

Schwächen:

  • Neben dem offensichtlichen Thema der Verletzungen gibt es auch andere Aspekte mit Fragezeichen dahinter. Tua klebt teilweise an einem Read, er nimmt immer wieder mal unnötige Sacks, teilweise scheut er sich vor engen Fenstern und gegen Pressure wurden seine Mechanics schnell mal unkonstant. Bei Alabama hat er in einer spektakulär besetzten Offense gespielt, die Umstände für ihn werden im Vergleich in der NFL vielleicht nie wieder so gut sein.

Hier geht's zur ausführlichen Draft-Analyse von Tua Tagovailoa !

SPOX-Empfehlung: Top-10

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1. Joe Burrow, LSU

In einem Satz: Ein spektakulär akkurater Passer mit immensem Armtalent, Antizipation und extrem gutem Timing im vertikalen Passspiel - sein Verhalten in der Pocket muss sich noch merklich steigern, doch Burrow bringt alles mit, um ein jährlicher Top-10-Quarterback in der NFL zu werden.

Stärken:

  • Accuracy ist seine beste Qualität, und das in allen Bereichen des Feldes. Burrow kann Tempo, Power und Timing mit seinem Arm eindrucksvoll variieren, seine tiefen Pässe sind bereits auf einem Level, das viele aktuelle NFL-Starter vermutlich niemals erreichen werden.

Schwächen:

  • Das größte Fragezeichen bei Burrow ist das Pocket-Verhalten. Hier schwankt er zwischen absolut herausragenden Plays auf der einen, und sichtbaren Schnitzern auf der anderen Seite. Bei fast jedem Burrow-Tape stand am Ende etwas wie "teilweise wild in der Pocket", "läuft in Pressure rein" oder "hält den Ball zu lange" in meinen Notizen. Hier muss er noch konstanter werden, denn die Umstände in der Hinsicht werden für ihn in der NFL eher schwieriger.

Hier geht's zur ausführlichen Draft-Analyse von Joe Burrow !

SPOX-Empfehlung: Top-3

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Das Draft Quarterback Ranking 2020 im Überblick:

Platzierung Spieler College Rundenempfehlung 1. Joe Burrow LSU Top-3 2. Tua Tagovailoa Alabama Top-10 3. Justin Herbert Oregon 2. Hälfte der 1. Runde 4. Jake Fromm Georgia 2. Runde 5. Jordan Love Utah State 2. Runde 6. Anthony Gordon Washington State 3. Runde 7. Tyler Huntley Utah 3. Runde 8. Jacob Eason Washington 3. Runde 9. Jalen Hurts Oklahoma 3.-4. Runde 10. Cole McDonald Hawaii 5. Runde