Adeyemi verrät zudem, warum es nach zwei Jahren beim Rekordmeister zu Komplikationen kam und dass die Schulbank nicht zu seinen Lieblingsorten zählte.

Zudem erklärt der 18-Jährige, wie er mit dem Hype um seine Person in Unterhaching umging und warum er es vorzog, der SpVgg treu zu bleiben, anstatt zum FC Chelsea zu wechseln.

Karim, Ihr Vater war Fußball-Profi in Nigeria, Ihre Mutter stammt aus Rumänien, Sie selbst wurden in München geboren. Was hat Ihre Eltern nach Deutschland verschlagen?

Karim Adeyemi: Mein Vater ist aus Nigeria nach Deutschland gekommen, um sich ein neues Leben aufzubauen. Meine Mutter hat in Rumänien eine deutsche Schule besucht. Im Anschluss hat sie sich entschlossen, nach Deutschland auszuwandern. Die beiden haben sich in München kennengelernt und sind dort sesshaft geworden.

Wie haben Sie Ihre Passion für den Fußball entwickelt?

Adeyemi: Im Kindergarten haben die meisten Jungs Fußball gespielt, auch der Einfluss meines Vaters ist sicherlich nicht zu leugnen. In unserem Ort gab es einen Verein, den TSV Forstenried. Bei dem wurde ich dann angemeldet.

Waren andere Sportarten im jungen Alter ebenfalls eine Option?

Adeyemi: Grundsätzlich habe ich damals viele Ballsportarten gerne ausgeübt. Basketball oder Volleyball beispielsweise. Als Vereinssport kam allerdings nur der Fußball infrage. Der stand bei mir immer an erster Stelle.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihr erstes Training bei Forstenried?

Adeyemi: Das war ein zusammengewürfelter Haufen, ich kannte dort nur meinen damals besten Freund. Die Fußballschuhe und Ausrüstung allgemein, die ich zu Beginn hatte, waren nicht so toll. Wir haben auch nicht auf dem Rasen, sondern auf der roten Erde oder auf dem Gummiplatz gespielt. Aber diese Nebenaspekte standen damals nicht im Vordergrund - das Wichtigste für mich war, die Jungs kennenzulernen und mit ihnen gemeinsam zu kicken.

Trotz der Gegebenheiten haben Sie sich sehr gut bei Forstenried entwickelt. Nach zwei Jahren wurde der FC Bayern auf Sie aufmerksam. Wie haben Sie vom Interesse erfahren?

Adeyemi: Im Winter hatten wir häufig kleine Hallenturniere, bei denen ich mich zeigen konnte. Dort waren Scouts des FC Bayern anwesend. Diese kontaktierten meine Eltern und boten mir an, ein Probetraining zu absolvieren.

Was hat das Bayern-Interesse in Ihnen ausgelöst?

Adeyemi: Da ich Münchner bin und der FC Bayern der beste Klub der Stadt ist, war das früher mein absoluter Lieblingsverein. Ich habe mich riesig gefreut, die Chance zu bekommen, mit den besten Nachwuchsspielern Münchens zusammenzuspielen.

Wie groß war die Nervosität vor dem ersten Training bei den Bayern?

Adeyemi: Ich würde nicht sagen, dass ich sonderlich nervös war. Ich habe einfach Fußball gespielt und mich in diesem Moment nicht großartig damit beschäftigt, ob ich angenommen werde oder nicht.

Welche Unterschiede zwischen Forstenried und dem FC Bayern sind Ihnen bei Ihrer Ankunft sofort ins Auge gesprungen?

Adeyemi: Das Training war ganz anders, viel intensiver und strukturierter. Bei Forstenried gab es sehr viele Spieler, bei Bayern hingegen waren die Gruppen kleiner. Kurz gesagt: Die Qualität und die Bedingungen waren einfach hochwertiger.

Wenn Sie sich an Ihre ehemaligen Bayern-Mitspieler zurückerinnern: Wer hat damals besonders herausgeragt?

Adeyemi: Es gab natürlich viele Spieler, die für ihr Alter schon sehr gut waren. Aber, wenn ich einen herausheben müsste, wäre das mein Kumpel Emre Biter. Er war ein großes Innenverteidiger-Talent und hat in der Defensive alles abgeräumt. Obwohl wir damals noch extrem jung waren, hätte ich ihm eine große fußballerische Zukunft vorausgesagt. Ich bin immer noch gut mit ihm befreundet, mittlerweile ist Fußball nur noch ein Hobby für ihn.

Welcher Ex-Teamkollege beim FC Bayern hat - ähnlich wie Sie - den Sprung nach oben in Ansätzen gepackt?

Adeyemi: Ich glaube, dass nur noch David Halbich beim FC Bayern aktiv ist. Er spielt aktuell in der U19 und ist der einzige, der den nächsten Schritt gemacht hat. Alle anderen ehemaligen Teamkollegen spielen nur noch zum Spaß, soweit ich weiß.

Welcher Trainer der Bayern hatte besonders großen Einfluss auf Ihre Entwicklung?

Adeyemi: Da würde ich meinen ersten Bayern-Trainer nennen: Stefan Weckerle. Er war sehr wichtig für mich.

Was hat ihn besonders ausgezeichnet?

Adeyemi: Er hat mir vor allem im offensiven Eins-gegen-Eins alle Freiheiten gelassen und mich nicht kritisiert, wenn eine Aktion danebenging. Er hat mich diesbezüglich immer unterstützt und mir geholfen.

Wer ist Ihr fußballerisches Vorbild?

Adeyemi: Mein Idol war immer Arjen Robben. Die Art und Weise, wie er ins Eins-gegen-Eins ging, und sein präziser Torschuss haben mir imponiert.

Zuletzt wurde von einigen Experten angeprangert, dass den deutschen Nachwuchsspielern genau diese Mentalität, auch mal das Eins-gegen-Eins zu suchen, ausgetrieben wird. Haben Sie diese Erfahrungen auch gemacht?

Adeyemi: Beim FC Bayern hat man schnell gemerkt, dass es einen genauen Plan gibt. Wenn man als Spieler diesbezüglich aus der Reihe tanzte oder sich nicht an diesen Plan hielt, erfuhr man meistens eher wenig Unterstützung. Ich glaube nicht, dass der Verein auf Spieler setzt, die in der Offensive machen, was sie wollen. Letztlich geht aber jeder Verein mit dieser Thematik anders um. Welcher Weg der richtige ist, möchte ich gar nicht beurteilen. Immerhin ist der FC Bayern ein absoluter Top-Klub.

Nach zwei Jahren wurden Sie beim FC Bayern aussortiert, angeblich aufgrund einer Disziplinlosigkeit. Was ist damals vorgefallen?

Adeyemi: Ob es Disziplinlosigkeiten gegeben hat, sei mal dahingestellt. Ich glaube nicht, dass das den Ausschlag gegeben hat. Es hat einfach nicht mehr gepasst mit Bayern.

Also haben eher sportliche Gründe den Ausschlag gegeben?

Adeyemi: Nein, das würde ich nicht behaupten. Wir haben uns nicht mehr so gut verstanden. Auch zwischen meinen Eltern und dem damaligen Sportdirektor war das Verhältnis nicht mehr so, wie es sein sollte. Aber das ist Schnee von gestern.

Was geht in einem jungen Spieler vor, wenn er einem der größten Klubs weltweit gezwungenermaßen den Rücken kehren muss?

Adeyemi: Ich war natürlich traurig im ersten Moment, habe aber kurz darauf einfach weiter Fußball gespielt und mich dazu entschieden, erst einmal zu meinem alten Verein nach Forstenried zurückzukehren. Nach einem Turnier, bei dem Scouts von Unterhaching anwesend waren, kam die SpVgg auf mich zu und wollte mich verpflichten.

Unterhaching-Präsident Manfred Schwabl hat Sie rückblickend als Hallodri bezeichnet, als Sie bei der SpVgg ankamen. Warum?

Adeyemi: Wahrscheinlich, weil ich ein sehr aktives Kind war, das viel Spielraum brauchte. Ich konnte nicht stillhalten und musste mich immer bewegen. Dann kam noch dazu, dass das Thema Schule für mich nie einfach war. Das hat nicht nur an den Nerven meiner Eltern, sondern eben auch an seinen Nerven gekratzt. Es gab jedenfalls häufig Gespräche wegen der Schule, auch mit dem Klub. Irgendwann haben wir es dann hinbekommen.

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Wie haben sich die Probleme in der Schule konkret geäußert?

Adeyemi: Meine Ausrede war immer: Der Lehrer ist schuld. Ich bin kein Typ, der stundenlang in der Schule hocken und aufpassen kann. Ich glaube, dass ich mittlerweile aber verstanden habe, dass ich selbst dafür verantwortlich war. Schule gehört - leider Gottes - dazu (lacht).

Sie wollten laut der Süddeutschen Zeitung Ihren Realschulabschluss nachholen und im Anschluss auf eine Fachschule wechseln. Wie ist der aktuelle Stand?

Adeyemi: Ich habe es versucht, aber leider nicht geschafft - auch, weil der Wechsel zu Red Bull Salzburg dazwischenkam.

Planen Sie denn, das in Zukunft nachzuholen?

Adeyemi: Auf jeden Fall. Ich möchte meinen Realschulabschluss nachholen. Aber aktuell kann ich noch nicht sagen, wann ich das angehe.

Was hat Sie beim Thema Schule zum Umdenken gebracht?

Adeyemi: Ich habe festgestellt, dass es wichtig ist, einen Abschluss zu haben. Sollte ich mich in ein paar Jahren nach meiner Fußballkarriere irgendwo bewerben, sollte ich etwas Handfestes vorweisen können. Da kann man nicht mit leeren Händen dastehen. Ich habe den Schalter umgelegt und möchte für die Zukunft daran arbeiten, dass es klappt.

Wie häufig besuchen Sie Ihre alten Bekannten bei Unterhaching?

Adeyemi: Sehr regelmäßig, eigentlich immer, wenn ich meine Eltern besuche. Meine Mutter arbeitet nach wie vor beim Verein. Man sieht mich definitiv häufiger in Unterhaching, weil ich gerne dort in der Gegend gemeinsam mit meinen Freunden etwas Essen gehe.

Gab es einen Moment bei Haching, in dem Sie realisiert haben, dass es tatsächlich mit der Profi-Karriere klappen könnte?

Adeyemi: Es gab nicht diesen einen Moment. Wenn man mehrere Male gesagt bekommt, dass man über Qualitäten verfügt, die nicht jeder hat, gibt das aber sehr viel Selbstbewusstsein. Ich habe mir meine Ziele gesetzt und bis jetzt verläuft mein Weg wie geplant. Ich freue mich, dass ich es mal so weit geschafft habe.

Sie haben bei Unterhaching ausschließlich in der Jugend gespielt. Laut Schwabl gab es konkretes Interesse vom FC Chelsea. Wie kam es dazu?

Adeyemi: Ich glaube, es ist fast egal, bei welchem Klub man spielt - der Fußball bietet insgesamt eine große Plattform. Wenn man ein guter Spieler ist, der Gas gibt und seine Leistung zeigt, sehen die Klubs das.

Sie waren sogar in London vor Ort, um bei Chelsea vorzuspielen. Warum kam ein Wechsel auf die Insel nicht zustande?

Adeyemi: Ich habe mich dazu entschieden, weiter bei Unterhaching zu spielen, weil ich mich sehr wohlgefühlt habe. Ein Wechsel zu Chelsea wäre damals kein sinnvoller Schritt gewesen.

Neben Chelsea sollen auch der FC Barcelona, Atletico Madrid und RB Leipzig Interesse signalisiert haben. Wie ernst fielen die Avancen dieser Klubs aus?

Adeyemi: Ich persönlich habe mich damit nicht so sehr beschäftigt. Natürlich freut es mich, wenn solche Vereine Interesse signalisieren, aber ich wollte einfach nur Fußball spielen.

Bereits in jungen Jahren brach ein gewisser Hype um Ihre Person aus. Wie haben Ihre Mitspieler das aufgenommen?

Adeyemi: Es gibt sicherlich Mitspieler, die sich verändern und dich anders behandeln. Diese Erfahrungen habe ich glücklicherweise nicht gemacht. Meine Teamkollegen standen immer hinter mir.

War Ihnen der Wirbel dennoch ein unangenehm?

Adeyemi: Es ist natürlich ein Stück weit unangenehm, wenn die Mitspieler fragen: Stimmt es, dass Klub X Interesse hat? Auch in der Schule wurde ich häufig darauf angesprochen. Darüber wollte ich nicht so gerne sprechen.

Ihr Weg hat Sie weder zu Chelsea noch zu Barca, sondern nach Salzburg geführt. Was war ausschlaggebend?

Adeyemi: In erster Linie war es für meine Eltern und mich wichtig, dass mein neuer Klub einen Plan mit mir hat. Das war bei Red Bull Salzburg der Fall. Der Spielstil und die Philosophie haben mich überzeugt.

Dem Vernehmen nach hat Red Bull Salzburg rund drei Millionen Euro für Sie gezahlt, damals waren Sie noch 16 Jahre alt. Inwiefern lösen solche Summen Druck auf einen Teenager aus?

Adeyemi: Ich habe mir deshalb keinen Druck gemacht. Ich muss niemandem etwas beweisen, nur mir selbst. Ich war ganz locker und habe einfach Fußball gespielt. Die Summe, wenn sie den stimmt, hat mich vielmehr geehrt, als dass sie eine Bürde gewesen wäre. Ich habe von meinen Eltern und von den Verantwortlichen in Unterhaching immer auf den Weg gegeben bekommen, auf dem Boden zu bleiben. Auch in Salzburg wird darauf viel Wert gelegt. Es ist keine Hilfe, wenn man die Bodenhaftung verliert.

Zunächst wurden Sie ans Farmteam FC Liefering verliehen. War das im Vorfeld abgesprochen?

Adeyemi: Ja, das war so abgemacht. Ich sollte mich bei Liefering zeigen und mich an den echten Profifußball herantasten.

Ende Februar feierten Sie Ihr Debüt für die erste Mannschaft - in der Europa League vor 50.000 Fans in der Frankfurter Commerzbank Arena. Wie haben Sie sich gefühlt?

Adeyemi: Ich habe mich riesig gefreut und war motiviert ohne Ende. Mir ging in diesem Moment nur eines durch den Kopf: Lauf, bis du nicht mehr kannst. Das war einfach der absolute Wahnsinn.

Was hat Ihr Trainer Ihnen bei Ihrer Einwechslung gesagt?

Adeyemi: Dass ich Gas geben und keine Angst zeigen soll.

Wie gelingt es, in einem solchen Moment die vielen Zuschauer auszublenden?

Adeyemi: Ich glaube, dass es im ersten Spiel als Profi vor einer solchen Kulisse wirklich schwerfällt, die Zuschauer komplett auszublenden. Man ist überwältigt von der ganzen Szenerie, aber mir ist es dennoch gelungen, fokussiert zu bleiben.

Wie blenden Sie in Ihrer Freizeit den Fußball aus?

Adeyemi: Ich treffe mich häufig mit meinen Freunden. Ich glaube, man sollte sich nicht rund um die Uhr mit Fußball befassen, das kann auch kontraproduktiv sein.

Viele Menschen in Ihrem Alter gehen auf Partys, trinken Alkohol, sammeln Erfahrungen fürs Leben. Haben Sie das Gefühl, etwas zu verpassen?

Adeyemi: Ganz und gar nicht. So, wie es gerade für mich läuft, ist es perfekt. Natürlich muss man als Fußballer auf einige Dinge verzichten. Aber, wenn man diesen Traum leben will, macht man das gerne. Zumindest ist das meine persönliche Meinung.

Ihre Karriere befindet sich noch am Anfang. Welche Ziele verfolgen Sie?

Adeyemi: Ich möchte bei Red Bull Salzburg noch viele Spiele machen und mich zeigen, einfach meinen Weg gehen, um eines Tages in einer Top-Liga zu spielen. Mein Ziel ist es, gemeinsam mit den besten Spielern der Welt auf dem Platz zu stehen.

Was ist Ihre größte Angst?

Adeyemi: Ich habe Angst davor, eine schwerwiegende Verletzung davonzutragen, die im schlimmsten Fall das Karriereende bedeuten könnte. Ich glaube aber, dass ich diese Angst mit so ziemlich allen Fußballern auf der Welt teile.