"Cole McDonald had a Farm, e-i-e-i-o ..." ist ein Lied, das sich in Teamkreisen an der Universität von Hawaii seit ein paar Jahren großer Beliebtheit erfreut.

Es ist freilich eine eigene Version des Kinderlied-Klassikers um "Old MacDonald" und nein, Cole McDonald hat nicht wirklich eine Farm. Zweifellos aber hat er eine beachtliche Vita als Quarterback der Hawaii Rainbow Warriors.

Der Redshirt-Junior war zwei Jahre Starter auf Hawaii und meldete im Januar schon eine Woche vor der Frist zum Draft 2020. Für ihn aber keine leichte Entscheidung: "Es war eine der schwersten Entscheidungen meines Lebens", sagte McDonald seinerzeit zu KHON2 . "Dies ist für mich Zuhause. Hawaii war immer ein Zuhause für mich, es bedeutet mir alles. Hawaii hat mich zu dem Mann gemacht, der ich heute bin."

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Und Hawaii war das einzige Division-I-College, das McDonald ein Stipendium angeboten hat - kurz vor Toresschluss noch dazu. Analog dazu dürften sich nun auch McDonalds' Draft-Aktien entwickeln. Und dennoch könnte er eines der spannenderen Quarterback-Projekte in diesem Jahr werden.

Cole McDonald: Starker arm, beachtliche Athletik

McDonald gilt keineswegs als Top-Prospect. Ihm wird ein sehr guter Arm attestiert, jedoch sind seine Mechanics ein Manko. Er hat eine zu lange, zu langsame Wurfbewegung und trifft zudem nicht immer die besten Entscheidungen, wenn es darum geht, in enge Fenster zu werfen.

Sein Pocket-Movement dagegen ist gut, ebenso seine Athletik. Er lief die 40 Yards bei der Scouting Combine im Februar in 4,58 Sekunden, hauchdünn schneller als Jalen Hurts von Oklahoma, und war damit der schnellste Quarterback der diesjährigen Klasse.

Schaut man auf sein Highlight-Reel der abgelaufenen Saison, so fallen vor allem zwei Dinge auf: Deep Balls mit guter Präzision - McDonald brachte 38 Prozent seiner Deep Balls, also Pässe über mindestens 20 Air Yards, an den Mann, sogar 35 Prozent, wenn es über mindestens 25 Air Yards ging - und seine Scramble-Fähigkeit. Mit seinen Beinen machte er diverse gute Plays und lief den gegnerischen Verteidigern immer wieder davon.

Hawaii spielt offensiv ein Run-and-Shoot-System, es kommt somit sehr viel auf das richtige Timing an, was McDonald für gewisse Teams in West Coast Offenses interessant machen wird. Jedoch fehlt des Öfteren die Präzision über die kürzeren Distanzen. Die Bandbreite seiner Entscheidungen reichte von "ideal" bis "hanebüchen".

An seiner Wurfbewegung arbeitete McDonald in der Offseason unter anderem mit QB-Coach Jordan Palmer, einst selbst in der NFL unterwegs. Das Ergebnis dieser Arbeit bleibt aber wohl bis zum Draft im Verborgenen - die Corona-Krise hat dafür gesorgt, dass der für McDonald so wichtige Pro Day in Los Angeles am 24. März abgesagt wurde. So werden Teams seine überarbeitete Wurfbewegung wohl nicht vorm Start des Trainingscamps - Offseason-Camps wird es voraussichtlich keine geben in diesem Jahr - bewundern können.

Anfang März noch wurde McDonald als möglicher Pick am dritten Draft-Tag - also in den Runden 4 bis 7 - gehandelt. Das könnte auch weiterhin das angepeilte Ziel für ihn sein, doch die Ungewissheit ob seiner bisherigen Limits könnte ihn auch zum Schnäppchen als Undrafted Free Agent machen, sollte nicht doch jemand das Risiko mit einem späten Pick eingehen.

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McDonald könnte jedoch auch von der aktuell prekären Lage profitieren. Seine Athletik allein könnte ihn interessant machen für Teams, die auf mobile Quarterbacks setzen. Die Baltimore Ravens haben es mit Lamar Jackson eindrucksvoll vorgemacht und in einer sogenannten Copycat-Liga dürfte es einige Nachahmer in naher Zukunft geben. Die Chance für unter anderem McDonald?

Ein Plus für McDonald scheint in jedem Fall dessen Persönlichkeit zu sein. Er gilt als ausgesprochener Familien-Mensch, der nahezu alles tut für die eigene Familie aber auch für seine Freunde.

Der aus Kalifornien stammende McDonald sprach mit West Hawaii Today über seinen Familiensinn: "Viele Leute verstehen nicht, dass dein Name deine ganze Familie repräsentiert. Meine Eltern sprachen immer darüber, dass 'alles was du tust, uns und wer wir als Menschen und als Familie sind, repräsentiert.' Daran denke ich immer. Wie sollen sich Leute an mich erinnern? Wenn Leute auf mich schauen, schauen sie auf meine Eltern, meine Großeltern, meinen kleinen Bruder. Sie sehen, was für ein Mensch ich bin, was für eine Familie wir sind."

Diese Einstellung gehe auf McDonalds Großvater, John, zurück. Dieser sein ein "harter irischer Typ", der "Dinge mit seinen Fäusten" geregelt hat, wenn man ihn respektlos behandelt habe. Er soll aber mit dem Alter genügsamer geworden sein, wie Cole McDonald versicherte. "Er ist ein Mann, der respektiert wird. Er brachte jedem ein Höchstmaß an Respekt entgegen und sorgte sich immer um die Leute auf persönlicher Ebene." Zudem führte McDonald seine Geduld auf seine Mutter Rona zurück, was ihm dabei half, seine Anfangszeit in Hawaii hinter Starter Dru Brown zu überstehen.

Als Starter übernahm McDonald in der Saison 2018 und sorgte mit 3875 Yards und 36 Touchdowns direkt für Aufsehen. Mehr noch dadurch, dass er mit einer recht schweren Verletzung am Knie samt innerer Blutungen trotz Schmerzen spielte. Das allein unterstrich seinen unbändigen Einsatz und ist auf seinen Vater zurückzuführen, der seinem Sohn das Motto "Übung, Übung, Übung" mitgab, das ihm in der Zeit bis zum Draft motivierte, an seiner Wurfbewegung zu arbeiten.

Cole McDonald: Lieber "Fortnite" als Clubs

Sein Familiensinn geht aber auch auf seine Freunde und Teamkollegen über. Er fuhr schon zu Collegezeiten einen Pickup-Truck und half des Öfteren beim Umzug von Kumpels mit. Leute, mit denen er auch lieber "Fortnite"-Abende zuhause verbringt anstatt "Geld dafür zu verschwenden, Eintritt für irgendwelche Clubs zu zahlen". Dass ihn die Teamkameraden öfter mit dem Singsang "E-I-E-I-O" begrüßen, nahm er stets mit einem Lachen auf. "Wenn du über dich selbst lachen kannst, wird so etwas normal und witzig", kommentierte er die Praxis.

Normal war für McDonald überdies auch seine immense Identifikation mit Hawaii, seiner zweiten Heimat. Rein optisch wird dies schon deutlich durch die Transformation, die er seit seiner Anfangszeit bis hin zu seiner finalen Saison 2019 durchlebt hat. Einst mit kurzen Haaren unterwegs, lief er bis zum Schluss mit goldenen Dreadlocks auf - wie es auf der Insel eben üblich ist.

Eines jedoch tat er nicht: Polynesische Tattoos waren für ihn ein Tabu, denn: "Ich habe mir kein polynesisches Tattoo stechen lassen, denn ich bin kein Polynesier. Ich habe wirklich großen Respekt vor den Leuten hier und was es für sie kulturell bedeutet", erklärte McDonald. Ein Tattoo sollte es also doch sein und so entschied er sich für die Inselkette an sich auf seinem Arm: "Es war die nächstbeste Alternative."

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Und: "Es ist etwas, auf das ich schauen kann und sehe dann meine Geschichte. Es ist etwas, das ich anderen Leuten zeigen kann, um Hawaii auf meinem Arm zu repräsentieren und immer das Aloha in meinem Herzen zu leben. Es ist etwas, das für immer ein Teil von mir sein wird."

Sollte es McDonald entgegen so mancher Expertenmeinung dann doch früher als Runde 6 im Draft schaffen, hätte er im Übrigen auch noch Geschichte geschrieben: Noch nie wurde ein Quarterback der Rainbow Warriors so hoch im Draft gezogen. Bisheriger Rekordhalter war Colt Brennan, der 2008 an 186. Stelle (6. Runde) von den Washington Redskins gezogen wurde, aber nie ein NFL-Spiel gemacht hat.

McDonald hingegen hätte nun diese Chance, zumal seine Fähigkeiten wenigstens für besondere Rollen in der heutigen NFL durchaus gefragt sein dürften.

© GEPA

Cole McDonald: College-Statistiken bei den Hawaii Rainbow Warriors

Saison Spiele Passquote Yards Touchdowns Interceptions Passer Rating 2017 6 55,6 22 1 0 112,8 2018 13 58,9 3875 36 10 146,5 2019 14 63,8 4135 33 14 147,6