Während die Free Agency zunehmend abebbt, rücken die Draft-Prospects in den Fokus: Was macht Joe Burrow so stark? Wohin passt Tua Tagovaiola? Wie gut ist diese Receiver-Klasse wirklich, und was macht Chase Young so besonders? Die nächsten Wochen hier auf SPOX stehen komplett im Fokus des Drafts 2020! Los geht es dabei mit den Quarterbacks.

Um vorweg meinen Maßstab offen zu legen, wenn in den nächsten Tagen die Quarterback-Analysen allesamt raus kommen - das sind für mich die wichtigsten Eigenschaften eines Quarterbacks, in dieser Reihenfolge, wenngleich einige natürlich zusammenhängen:

  1. Accuracy und Antizipation
  2. Processsing, Reads, Decision-Making
  3. Pocket-Verhalten
  4. Mechanics: Füße, Wurfbewegung, Release
  5. Verhalten gegen Pressure
  6. Off-Script Plays, Improvisieren
  7. Armtalent und Deep Passing
  8. Athletik

Es ist die mit Abstand wichtigste Position auf dem Feld. Jedes Jahr hoffen mehrere Teams, im Draft hier ihren Franchise-Quarterback für die nächsten 15 Jahre zu finden und vergleichsweise selten gelingt das wirklich.

Deshalb startet die SPOX -Draft-Coverage 2020 auch mit dieser Position: Diese Woche steht ganz im Zeichen der Quarterbacks, mit ausführlichen Analysen sowie dem Ranking der Top-10 Quarterback-Prospects im diesjährigen Draft, Hintergrund-Geschichten und mehr.

Nach LSU-Quarterback Joe Burrow zum Auftakt geht es weiter mit dem zweiten spannenden Quarterback-Prospect - mit dem Spieler, der für viele als Favorit auf den Nummer-1-Pick in die vergangene College-Saison gegangen war: Alabamas Tua Tagovailoa.

NFL Draft 2020 Analyse: Tua Tagovailoa, QB, Alabama

Eigentlich schien alles wie für eine Hollywood-Story vorbereitet : Tagovailoa kam als hochdekorierter High-School-Quarterback aus Hawaii nach Alabama und stürmte auf eine Art und Weise auf die College-Football-Bühne, wie man es selten zuvor gesehen hatte.

Im National Championship Game 2018 ersetzte Bama-Coach Nick Saban Starting-Quarterback Jalen Hurts durch den jungen Hawaiianer, als die erste Hälfte so gar nicht zugunsten der Crimson Tide lief und Georgia zur Halbzeitpause mit 13:0 in Führung lag. Tagovailoa riss das Spiel an sich und warf drei Touchdown-Pässe, darunter den Game-Winner in Overtime.

Hurts wurde in der Folge zum Backup degradiert, Tagovailoa brach in der folgenden Saison zahlreiche Alabama-Rekorde - unter anderem legte er die meisten Passing-Yards (3.966) und Passing-Touchdowns (43) in der Geschichte der Schule hin. Doch wurden auch die Probleme präsenter. Tua plagte sich mit Knöchelproblemen herum und musste schließlich operiert werden, die Stimmen der Skeptiker mit Blick auf seine NFL-Aussichten wurden vorsichtig lauter.

Tua Tagovailoa Total Stats 2019:

Completions/Attempts Yards (Average) TD/INT Rushing-Attempts Rushing-Yards (TD) 180/252 (71,4%) 2.840 (11,3) 33/3 23 17 (2)

Tuas Verletzungsanfälligkeit wäre selbst dann ein Thema gewesen, hätte es das Spiel gegen Mississippi State Mitte November nicht gegeben. Der Linkshänder war bis zu diesem Punkt auf einem atemberaubenden Kurs, hatte bereits 33 Touchdown-Pässe geworfen - zwei davon gegen Mississippi State -, als er nach einem Sack so unglücklich zu Boden gedrückt wurde, dass er sich eine schwere Hüftverletzung zuzog. Seine sportliche Karriere hing am seidenen Faden.

Seitdem aber häuften sich die positiven Nachrichten. Tua konnte bei der Combine die Medizinchecks absolvieren, jüngst postete er Videos von seinen Workouts , bei denen er bereits wieder eindrucksvoll mobil wirkte.

Die stark limitierten Möglichkeiten was weitere Checks sowie generell Pro Days angeht, könnten bei Tagovailoa noch ein Thema werden - bis zu diesem Punkt aber deutet vieles darauf hin, dass er medizinisch gesehen für den Start der Saisonvorbereitung fit wäre.

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Draft: Tuas Stärken - Accuracy als oberster Trumpf

Müsste man Tua anhand der Eigenschaft beschreiben, die sein Spiel - ob positiv oder negativ - am meisten prägt, dann würde ein Wort reichen: Accuracy.

Wenn der Hawaiianer im Rhythmus ist, wenn er seine Plattform findet und den Ball technisch sauber werfen kann, ist er ein spektakulär akkurater Passer. Das trifft auf das Kurzpassspiel zu, wo er am meisten glänzt und wo er sich auch in einer NFL-Offense schnell wohlfühlen sollte.

Es trifft aber auch auf die vertikaleren Bereiche des Feldes zu. Tagovailoa war bis zu seiner Verletzung insbesondere in der Mid-Range (10 bis 19 Yards Downfield) einer der effizientesten Quarterbacks im College-Football.

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Das macht sich in verschiedenen Ausprägungen deutlich. Tagovailoa ist konstant in der Lage, seine Receiver für Yards nach dem Catch in Position zu bringen, indem er den Ball ideal vor sie platziert. Und er wirft den Ball so, dass er außerhalb der Reichweite des Verteidigers und nur erreichbar für den Receiver landet .

Tagovailoa hat eine effiziente Wurfbewegung, es ist zumeist eine fließende, sehr runde Bewegung, sodass der Ball meist mit idealem Timing rauskommt. Das in Kombination mit seiner Fähigkeit, jeden Bereich des Feldes akkurat anzuspielen, macht ihn zu einem spektakulär effizienten Ballverteiler.

Tua Tagovailoa: Advanced Stats 2019

Statistik Wert (Platzierung unter College-QBs 2019) Adjusted Completion Percentage 78,8% (Platz 7) Average Depth of Target 8,8 (Platz 73) Deep Passing Yards 704 (Platz 67) Pressure-Rate 22,2% (Platz 6)

Alle Statistiken in dieser Tabelle stammen aus dem Draft Guide von Pro Football Focus. Alle Rankings unter College-Quarterbacks 2019 mit mindestens 300 Dropbacks.

Tagovailoa und der meisterhafte Touch

Die zweite Kernkompetenz in Tagovailoas Portfolio nach der Accuracy wäre neben der sehr sauberen Technik in der Pocket der Touch.

Es gibt wenige zentrale Quarterback-Qualitäten, bei denen sich selbst die 32 NFL-Starter so merklich sichtbar unterscheiden wie beim Touch. Selbst auf dem hohen NFL-Level gibt es Quarterbacks, deren Pässe vor allem mit Power kommen und die Probleme damit haben, etwas Druck rauszunehmen und dem Ball eine andere Flugkurve zu geben, ohne dass der Pass dabei zu lange in der Luft steht.

Andere Quarterbacks wiederum sind meisterhaft darin, Pässe zwischen Verteidiger zu heben und können so mit tödlicher Präzision Fenster anspielen, die einigen ihrer Konkurrenten schlicht verschlossen bleiben.

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Dieser Touchdown gegen Auburn ist so ein Beispiel.

Tagovailoa platziert den Ball auf der linken Seite des Receivers, sodass der tiefe Safety nicht auf den Ball gehen kann, perfekt zwischen die beiden verfolgenden Spieler sowie dem zu Hilfe eilenden Safety.

Und das fällt regelmäßig auf. Tua hat nicht nur den Touch, um Bälle hinter Underneath- und vor tiefe Verteidiger zu platzieren, er gibt dem Ball dabei auch noch konstant eine vergleichsweise flache Flugkurve, sodass seine Touch-Pässe noch immer genug Zug haben und ankommen, bevor sich ein Fenster wieder schließen könnte.

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Zusätzlich dazu kann Tagovailoa auch innerhalb seines Touch-Repertoires variieren. Regelmäßig etwa fallen Pässe als Jump-Ball mit perfektem Timing über den Verteidiger, wie etwa beispielhaft dieser Touchdown gegen Ole Miss .

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Pocketverhalten und der Computer auf der QB-Position

In seinen besten Momenten ist Tua wie eine Art Quarterback-Computer: Der makellos durchgeführte Dropback, ein blitzartiges Scannen des Feldes und dann die richtige Entscheidung, wo er mit dem Ball hingehen muss.

Und die gute Nachricht für die Fans des Teams, das ihn letztlich draftet, lautet: Tua ist häufig in diesen "besten Momenten".

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Dann navigiert er auch herausragend durch die Pocket, hält die Augen Downfield und hat ein sehr gutes Gefühl für den Pass-Rush, sodass Pressure gar nicht erst entsteht weil er den Verteidigern - im wörtlichen und im übertragenen Sinne - zwei Schritte voraus ist.

Tua ist bereits außergewöhnlich gut darin, aus einer sauberen Pocket zu spielen, nicht selten kreiert er diese saubere Pocket aber auchselbst. Tagovailoa ist neben Georgias Jake Fromm vielleicht der klassischste Pocket-Quarterback dieser Klasse. Gemeint ist ein Quarterback, der mit Präzision, Spielverständnis und Timing gewinnt.

Der andere eindrucksvolle Part bei diesem Computer-Vergleich ist sein Processing, die Fähigkeit, das ganze Feld zu lesen und genau zu erkennen, wo er mit dem Ball hingehen muss - und das in einem eindrucksvoll schnellen Tempo.

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Dabei ist er schon so weit, dass er Defenses regelmäßig manipulieren kann.

Dieser Touchdown gegen LSU verdeutlicht das exemplarisch: Alabama snappte den Ball hier schnell und überraschte die Tigers-Defense. Tua hatte offensichtlich bereits Pre-Snap erkannt, wo er das Matchup hat, das erhaben will - auf der linken Seite der Formation.

In der Folge blickt er nach dem Snap zunächst gezielt ins Zentrum, was den tiefen Safety (Grant Delpit, Nummer 7) in der Mitte hält. Das erlaubt es dem schnellen Devonta Smith auf der linken Seite sein Eins-gegen-Eins-Matchup zu gewinnen und Tagovailoa muss ihn dann für den Touchdown nur noch im Lauf treffen.

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Generell sollte man nicht den Fehler machen, Tua als Kurzpass-Westcoast-Quarterback abzustempeln. Er ist nicht nur in der Lage, vertikal zu attackieren - er macht es auch. Bis zu seiner Verletzung hatte er bereits 39 Pässe über mindestens 20 Yards geworfen, davon kamen 19 an - neun davon für Touchdowns.

Zum Vergleich: Burrow warf 2019 mehr als doppelt so viele Pässe (527:250) und landete auch nur knapp bei doppelt so vielen Versuchen über mindestens 20 Yards (83, davon 47 Completions und 26 Touchdowns). Die beiden sind hier also nicht so gravierend auseinander wie man vielleicht vermuten könnte.

Tua Tagovailoa Draft Analyse: Wo liegen Tuas Schwächen?

Tua und die Verletzungssorgen

Jede Analyse bezüglich Tuas Schwächen fängt mit den wohl mit Abstand größten Bedenken der potenziell interessierten Teams an: Wie steht es um die Gesundheit des Hawaiianers?

Gemeint ist primär die schwere Hüftverletzung, von der er sich gerade erholt. Doch auch wenn Verletzungen kaum zu prognostizieren sind - auch nicht wenn jemand wie Tagovailoa im College wiederholt mit Knöchelproblemen zu kämpfen hatte, muss das nichts über weitere Verletzungen aussagen - so wird ihn dieses Thema mindestens bis Ende April begleiten.

Hier kommen auch die ganz menschlichen Komponenten aufseiten der Teams ins Spiel: Ein GM, der einen Quarterback in der Top-5 draftet, wird seinen Job nicht behalten, wenn dieser Quarterback floppt - auch nicht, wenn er sich verletzt.

Umgekehrt gibt es Job-Sicherheit, wenn der Quarterback einschlägt und sich zu einem echten Franchise-QB entwickelt. Doch diese Entscheidung ist anders, als in der Top-5 einen Wide Receiver, Cornerback oder einen Offensive Tackle zu draften. Und das wird Tua auch begleiten, umso gravierender, da Teams ihn aufgrund der Corona-Pandemie bis zum Draft nicht wie gewohnt untersuchen und zu seinem Pro Day kommen können.

Tagovailoas inkonstante Beinarbeit

Was genau das für den Draft bedeutet, ist kaum vorherzusagen. Die Dolphins könnten etwa entscheiden, dass ihnen dieses Risiko zu groß ist und den Quarterback-Pick ein Jahr aufschieben. Die Chargers könnten dadurch Justin Herbert bevorzugen. Tua könnte einem Team wie den Raiders an Position 12 in die Hände fallen.

Das alles ist extrem hypothetisch, etwas mehr Substanz bieten die Schwächen, die man von Tagovailoa auf Tape sieht.

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Tagovailoas Mechanics leiden, wenn er unter Druck gerät oder wenn er in einer engen Pocket von seinem ersten Read weggehen muss, auffällig häufig.

Die Szene oben aus dem LSU-Spiel ist ein Beispiel dafür: Tagovailoa tritt zunächst gut in die Pocket, verliert dann aber - womöglich weil er einen Schritt weiter als ursprünglich geplant nach vorne macht - seine Base.

Die Uhr in der Pocket tickt an dem Punkt schon immer lauter, der Pass-Rush rückt näher und Tagovailoa wirft den Ball, ohne richtig in den Wurf zu treten.

Das Ergebnis? Er verfehlt seinen offenen Receiver deutlich, der Ball segelt über dessen Kopf hinweg.

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Anfangs schien es noch eine einzelne Ausnahme zu sein, doch diese Szenen häuften sich, je mehr Tua-Tape ich analysierte. Vor allem fiel auf, dass ihm sehr ähnliche Fehler häufiger auch ohne direkten Pressure passierten.

Dieses Play gegen Auburn wäre so ein Beispiel. Tua bekommt einen Shotgun-Snap und macht dann noch drei Schritte zurück; die Pocket ist definitiv groß genug, um noch einen Schritt nach vorne zu machen und richtig in den Wurf zu treten, um so den Ball mit dem ganzen Körper und nicht nur aus dem Arm zu werfen.

Tua allerdings macht das nicht. Stattdessen wirft er von einer schlechten Plattform und der Ball fliegt - erneut - über den Kopf seines Receivers.

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Und hier entwickelte sich bei der Tape-Analyse zunehmend ein Thema.

Bei diesem Play gegen South Carolina hat er eigentlich einen Touchdown zu Jerry Jeudy, wenn er den Ball richtig platziert. Doch Tagovailoa klebt mit seinen Augen nicht nur an Jeudy, er verharrt auch auf der Stelle, wird hektisch und wirft den Ball von einer schlechten Plattform über Jeudy.

Auch diese Szene aus dem Spiel gegen New Mexico State unterstreicht das Problem nochmals:

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Dieses Mal hat Tagovailoa wenig Platz und Zeit nach dem Snap. Erneut wird aber sichtbar, wie seine Mechanics und in der Folge seine Accuracy insbesondere gegen Pressure leiden. Zwar machen Plays aus einer sauberen Pocket - selbst hinter schlechten Offensive Lines - auch in der NFL den Großteil der Snaps aus, etwa zwei Drittel.

Doch in der NFL wird er natürlich mit Druck umgehen müssen, und das mutmaßlich häufiger als im College.

Vereinzelte Fehler - bedingt durch Alabamas Offense?

Ein weiterer Kritikpunkt lässt sich womöglich im Zusammenhang der Bama-Offense erklären. Tagovailoa spielte hinter einer guten Offensive Line, mit einer Receiver-Gruppe, aus der allein in diesem Jahr zwei Erstrunden Picks (Jerry Jeudy und Henry Ruggs) sowie in der Zukunft mutmaßlich zumindest ein weiterer mit Devonta Smith hervorgehen wird. Jaylen Waddle könnte sich ebenfalls noch in diese Richtung entwickeln.

Tagovailoa hatte also ein unglaubliches Waffenarsenal um sich herum. Das per se sollte man nicht gegen ihn verwenden, es gilt vielmehr herauszufinden, in wie weit das sein Spiel beeinflusst und mögliche Schwächen überdeckt hat.

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Die Offense ermöglichte ihm viele - was die Komplexität des Reads angeht - simple Pässe und eine Sache die in diesem Zusammenhang häufiger auffiel war eine Unsicherheit, wenn er aus der Struktur des Plays musste.

Gegen Druck gab es die angesprochenen Wackler in seinen Mechanics, mehrere Aussetzer spät im Down hatte Tua auf Tape. Und dann gibt es auch, wie hier gegen LSU , die Plays, bei denen er einen Underneath-Verteidiger komplett übersieht.

Teilweise, und hier sei ausdrücklich gesagt, dass man da von außen nur spekulieren kann, hatte man den Eindruck, als würde Tua nur einen spezifischen Verteidiger oder einen vorher festgelegten Raum lesen und davon auch nicht weg kommen. So gut er oftmals in diesen Dingen - Mechanics, Accuracy, Progressions - ist: Noch zu häufig fielen in diesen Bereichen bei ihm auch Fehler auf.

Tua Tagovailoa Analyse: Fazit: Wie gut ist Tua wirklich?

Draft Analyse: Tua Tagovailoas Stärken und Schwächen

Stärken:

  • In seinen besten Momenten ist Tagovailoa ein Pocket-Passer, wie man ihn sich im Labor basteln würde. Er zeigt tolle Mechanics, fließende Bewegungen zwischen Dropback und Release, bringt seine Beine permanent in Position und liest dann das Feld blitzartig, ehe er den Ball mit seiner Accuracy genau dorthin bekommt, wo er ihn haben will.
  • Generell sei dabei - neben der Accuracy, seine wohl stärkste Eigenschaft - das Processing hier nochmal herausgestellt. Tagovailoa ist hier noch inkonstanter als ich mir erhofft hatte, aber wenn er im Rhythmus ist, liest und erkennt er das Feld irre schnell.
  • Tua spielt herausragend aus einer sauberen Pocket, nicht selten kreiert er diese aber auch durch sein vorausschauendes Pocket-Movement und ein gutes Gefühl für den Pass-Rush. Er verfügt über diese subtilen Bewegungen in der Pocket, während die Augen weiter das Feld scannen, die man von den besten NFL-Quarterbacks gewohnt ist.
  • Hat er sein Ziel ausgemacht, ist der Ball dann auch schnell raus. Tua verfügt über einen schnellen Release, in Kombination mit seinen Processing-Fähigkeiten kann er so Räume attackieren, die für manche Quarterbacks schlicht verschlossen bleiben.
  • Als Passer zeigt er exzellenten Touch und dadurch auch die Fähigkeit, jeden Bereich des Feldes mit unterschiedlichem Winkel und Tempo anspielen zu können.

Schwächen:

  • Tua hat solide, aber keine NFL-Top-Armstärke. Das fällt teilweise auf, etwa wenn er Pässe mit "Zip" in ein enges Underneath-Fenster feuern muss. Im Vergleich mit NFL-Startern wäre er in dieser Disziplin sicher im unteren Viertel einzuordnen.
  • Passend dazu: Bei Alabama war er zwar extrem genau, musste aber vergleichsweise selten Bälle, gerade im Kurzpassspiel, in wirklich enge Fenster treffen. In der NFL wird er das häufiger liefern müssen, was seine für NFL-Verhältnisse unterdurchschnittliche Armstärke nochmals unterstreichen dürfte.
  • Seine Mechanics werden - etwa im Gegensatz zu Burrow - gegen Pressure deutlich häufiger inkonstant. Auch das, also Pressure, hatte er vergleichsweise wenig gegen sich. Mit vielen simplen Pässen (Screens, RPOs und dergleichen) und vielen One-Read-Plays hatte Tua häufig offene Fenster und musste häufig gar nicht zum zweiten oder dritten Read gehen. Manchmal bleibt er dann auch an einem Read hängen und nimmt unnötige Sacks.
  • Insgesamt ist vor allem seine Beinarbeit noch inkonstant. Zu viele Würfe, die aufgrund schlechter Fußarbeit über den Receiver segeln.
  • Und natürlich muss man auch die Verletzungen ansprechen. Aktuell dreht sich alles um seine Reha nach der schweren Hüftverletzung, doch plagten Tua im College zuvor schon mehrfach Probleme, insbesondere mit dem Knöchel. Die Kombination aus beidem wird die Diskussionen bei möglichen Interessenten bis Ende April prägen.

Fazit: Draft-Einschätzung für Tua Tagovailoa

Draft-Prospects mit aktuellen NFL-Größen zu vergleichen ist immer eine heikle Sache, denn häufig werden die gezogenen Vergleiche falsch interpretiert. Wenn es aber darum geht, das Spiel eines Prospects einzustufen, kann es zur Veranschaulichung auch durchaus hilfreich sein; man muss sich nur bewusst machen, dass es darum geht, zu erklären, welche Art Spieler hier aus dem College kommt - und nicht darum, wie gut der Spieler werden kann.

Bei Tua Tagovailoa habe ich einige Male nun schon Kategorie-Vergleiche zu Drew Brees gelesen und nach der Analyse seines Tapes bin ich mit diesen zunehmend warm geworden. Tagovailoa ist ein Pocket-Passer-Prospect mit einer - Verletzungen mal ausgeklammert - immens hohen Base-Line. Seine Accuracy, sein Pocket-Verhalten, sein Processing sollten ihm einen schnellen Übergang in die NFL ermöglichen.

Doch selbst wenn man die Verletzungen mal hinten anstellt - nochmals sei betont, dass künftige Verletzungen zu prognostizieren nahezu unmöglich ist -, so bleiben doch mehr Fragezeichen als bei etwa Joe Burrow. Tagovailoa hatte mit Pressure merklich größere Probleme, er visierte seltener enge Fenster an und häufiger als Burrow hing er an seinem ersten Read. Die inkonstante Beinarbeit wird er zudem ausbügeln müssen.

Unter dem Strich ist Tua Tagovailoa dennoch ohne jeden Zweifel ein sehr gutes Prospect, mit den Anlagen, ein Franchise-Quarterback zu werden. Die möglichen Stolpersteine bei seiner Projection Richtung Top-NFL-Starter sind schlicht ein Stück weit größer als bei Burrow.