Neymar, Kylian Mbappe und Mauro Icardi sind in aller Munde. So sehr, dass manchmal in Vergessenheit gerät, dass die Offensive von Paris Saint-Germain auch noch mehr zu bieten hat. Pablo Sarabia zum Beispiel.
Der spanische Nationalspieler kam vor der Saison auf Geheiß von Thomas Tuchel für 18 Millionen Euro vom FC Sevilla in die französische Hauptstadt. Ein Transfer gegen das Pariser System, kaufte Scheich Nasser Al-Khelaifi in den vergangenen Jahren doch vermehrt Spieler mit Hang zur Extravaganz. Sarabia ist kein solcher Spieler. Er ist ein Arbeiter ohne Starallüren.
"Ich liebe seine Mentalität", sagte Tuchel schon wenige Wochen nach der Ankunft seines Neuzugangs und pries dessen "beispielhaftes Verhalten" im Spiel gegen den Ball: "Er hört nie auf, nach hinten zu arbeiten. Solche Spieler brauchen wir." Sarabia hat seinem Trainer in kürzester Zeit aber auch seine Offensivqualitäten demonstriert: In aktuell 36 Einsätzen sammelte er 22 Scorerpunkte. Sein Geheimnis? "Selbstvertrauen. Ich kann den Fußball hier genießen", sagte der 27-Jährige im vergangenen Spätherbst der Marca .
Pablo Sarabia ohne echte Chance bei Real Madrid
Als Teenager hatte Sarabia weniger Selbstvertrauen. Damals spielte er bei Real Madrid. Wenn er heute auf jene Zeit zurückblickt, dann mit gemischten Gefühlen. Mit zwölf Jahren die Möglichkeit bekommen zu haben, seine fußballerische Ausbildung beim größten Verein der Welt zu durchlaufen, das hat der gebürtige Madrilene gewiss nicht vergessen. Gleichwohl hat ihm das Abenteuer Real auch gelehrt, dass es für einen Spieler aus der eigenen Jugend nicht immer reicht, gut genug zu sein. Im Sommer 2010 etwa meinten einige seiner Trainer und Wegbegleiter, er sei gut genug. Gut genug, um zumindest sporadisch bei den Profis mitzuspielen.
Sarabia, damals 18, trainierte zu jener Zeit regelmäßig mit dem Starensemble um Cristiano Ronaldo und Kaka. Seine Realität war jedoch die Segunda Division B, die dritte spanische Liga. Weil er Woche für Woche beim Reserveteam Real Madrid Castilla überzeugte, wurde ihm dennoch eine große Zukunft prophezeit. Dass in jenem Sommer viele unvorhergesehene Dinge passieren sollten, konnten aber auch seine Förderer im Verein nicht ahnen. Die sportliche Struktur, die der erst Mitte 2009 zum Generaldirektor gekürte Jorge Valdano schuf, geriet durch die Ankunft von Jose Mourinho durcheinander.
Mourinho, in der Vorsaison Triple-Sieger mit Inter Mailand, hatte gänzlich andere Vorstellungen hinsichtlich der Kaderplanung. Diese winkte der nach einer titellosen Saison unter Druck stehende Präsident Florentino Perez konsequent durch. Auf Geheiß von Mourinho kamen unter anderen Mesut Özil und Angel di Maria nach Madrid, zwei junge Offensivspieler aus dem Ausland, die bei der WM in Südafrika für Furore gesorgt hatten.
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FC Getafe lange kein Sprungbrett für Pablo Sarabia
Ihre Transfers sollten sich im Laufe der Jahre als durchaus sinnvoll erweisen, jedenfalls weitaus sinnvoller als die der jüngeren Spanier Pedro Leon und Sergio Canales, die Valdano schon vor Mourinhos Ankunft unter Dach und Fach gebracht hatte. Özils und di Marias Ankunft torpedierten in gewisser Weise aber auch die Entwicklung des eigenen Nachwuchses. Allen voran die Entwicklung Sarabias.
Der spielte in Mourinhos Debütsaison nur 18 Minuten für die Profis, musste ansonsten bei der Castilla ran. "Ich wünschte, ich hätte ähnlich viele Chancen bekommen wie so mancher Jugendspieler heute", meinte der Linksfuß 2014 in einem Interview mit der AS und stellte fest: "Es war einfach nicht die richtige Zeit für Spieler wie mich."
Für Sarabia ging es nach dem ersten von drei Mourinho-Jahren für drei Millionen Euro zum FC Getafe. Einige links liegen gelassene Eigengewächse wie Roberto Soldado oder Dani Parejo hatten diesen Schritt vor ihm als Sprungbrett genutzt, und auch Sarabia hielt es für vernünftig, Erstliga-Spielpraxis sammeln und dabei weiterhin in seiner Heimat bleiben zu können. Anders als Soldado und Parejo gelang ihm im Süden der spanischen Hauptstadt aber nicht der sofortige Durchbruch. Er blieb fünf Jahre, in denen er vor allem zu Beginn zwischen Ersatzbank und Startelf rotierte.
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Pablo Sarabia im Steckbrief
geboren 11. Mai 1992 in Madrid Größe 1,78 m Gewicht 70 kg Position Rechtsaußen, offensives Mittelfeld starker Fuß links Stationen Real Madrid, FC Getafe, FC Sevilla, Paris Saint-Germain
Pablo Sarabias unerwarteter Aufstieg beim FC Sevilla
Seine Gesamtstatistik: 15 Tore und 20 Vorlagen in 145 Spielen. Zu wenig für ein vermeintliches Supertalent. Und so waren viele der Ansicht, dass Real mit seinem Verkauf alles richtig gemacht hatte. Erst recht, als Getafe 2016 nach Jahren im Niemandsland der Tabelle aus der Primera Division abstieg.
Sarabia trat aber nicht den Gang in die Zweitklassigkeit an. Er tat das, was er vielleicht schon ein paar Jahre zuvor hätte tun sollen: Er verließ Madrid und suchte sich einen Verein, der besser zu seiner filigranen, auf Ballbesitz zugeschnittene Spielweise passte als die nahezu ausschließlich von Robustheit und hohen Bällen lebende Mannschaft von Getafe. Er heuerte beim FC Sevilla an.
"Ich hätte keine bessere Entscheidung treffen können", sagte Sarabia später. Nach einer Debütsaison mit wenigen Startelfeinsätzen kämpfte er sich schrittweise in die erste Elf der Andalusier - und schaffte es im Vergleich mit seiner Zeit bei Getafe, seine Torausbeute zu verdreifachen. In der Saison 2018/19 avancierte er mit 23 Treffern und 17 Vorlagen zum wichtigsten Mann der Sevillistas und wurde erstmals zur spanischen A-Nationalmannschaft eingeladen.
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Pablo Sarabia: Ein Anruf von Thomas Tuchel reichte
In jener Saison wurde auch Tuchel auf ihn aufmerksam. Ein Anruf des PSG-Trainers reichte, um Sarabia von einem Wechsel zum Serienmeister der Ligue 1 zu überzeugen. "Ich hatte viele Angebote", berichtete Sarabia, "aber wenn Paris dich will und der Trainer dir eine wichtige Rolle verspricht, kannst du nicht Nein sagen."
Bei PSG kommt er auf verschiedene Positionen zum Einsatz. Meist auf dem rechten Flügel, aber auch in der Mitte. So wie Julian Draxler. Der ist seit Sarabias Ankunft aber gefühlt von Tuchels Radar verschwunden. Ähnlich wie der junge Sarabia im Sommer 2010, nachdem Özil und di Maria bei Real unterschrieben hatten.
Saison 2019/20: Pablo Sarabia in Zahlen
Gespielte Minuten 2228 Tore 14 Vorlagen 8 Kreierte Großchancen 15 Vergebene Großchancen 8 Passquote 81,9 % Zweikampfquote 36,4 %