Der Artikel erschien erstmals am 4. März 2020

Es ist schon wieder passiert. Der BVB hat tatsächlich Jude Bellingham verpflichtet und den Stammgästen des Bishop Blaize dürfte der Kragen platzen. Während die Anhänger von Manchester United in ihrer Fankneipe gleich aus mehreren Bieren wählen können, geht ihr Klub wie schon bei Erling Haaland erneut leer aus.

Nicht nur ManUnited, sondern auch der FC Bayern soll an Bellingham interessiert gewesen sein. Den Zuschlag, die Entwicklung von Jadon Sancho dürfte eine große Rolle spielen, bekam jetzt aber der BVB.

Von der stolzen Ablösesumme in Höhe von 25 Millionen Euro ist die Rede - für einen 17-Jährigen. Der Trend geht zwar in die Richtung, dass Profis bei ihren Debüts immer jünger werden. Angesichts dieser Dimension wird trotzdem klar: Bellingham ist besonders.

Jude Bellingham feiert Profidebüt mit 16 Jahren und 38 Tagen

Am 29. Juni ist er 17 Jahre alt geworden. Als er im vergangenen August bei der 0:3-Niederlage im League Cup gegen den FC Portsmouth sein Profi-Debüt feierte, wurde Bellingham mit 16 Jahren und 38 Tagen Birminghams jüngster Profi der Geschichte.

Das mag heute keine große Besonderheit mehr sein. Dass Bellingham nach diesem Spiel aber noch 33 weitere Male zum Einsatz kam, 26-mal in der Startelf stand und Dreh- und Angelpunkt des Zweitligisten wurde, ist dann doch etwas außerordentlich.

Doch gerade Cheftrainer Pep Clotet setzte auf den Youngster. "Er macht jedes Mal, wenn er ein Spiel spielt, Riesenschritte", meinte der Spanier, der Birmingham bis in den Juli betreute, ehe es zur Trennung kam.

Erstmals auf sich aufmerksam machte Bellingham als 13-Jähriger, als er dem damaligen Jugendscout des englischen Fußballverbands, Daniel Dodds, ins Auge stach. Dodds war zwar für die Akquise von Talenten im U15- und U17-Bereich verantwortlich. Der 13 Jahre alte Jude war seiner Zeit jedoch voraus.

"Er hat alles", wurde Dodds drei Jahre später von The Athletic zitiert. "Die Art, wie er sich bewegt, seine technischen Fähigkeiten. Er hat eine unglaubliche Spielintelligenz, sein taktisches Wissen ist herausragend. Er ist mindestens so gut wie alles, was ich bisher je gesehen habe." In England gilt Bellingham als das größte Talent seines Jahrgangs - noch vor Jamal Musiala vom FC Bayern oder Harvey Elliot vom FC Liverpool.

Jude Bellingham im Steckbrief

geboren 29. Juni 2003 in Stourbridge Größe 1,80 m Gewicht 70 kg Position linkes, rechtes, zentrales Mittelfeld starker Fuß rechts Stationen Birmingham Jugend, Birmingham City Spiele/Tore in der Championship 40/4

Jude Bellingham - ein "sehr reifer" Allrounder

Ex-Birmingham-Coach Clotet sieht in Bellingham einen "sehr reifen" und "modernen Spieler", "weil er jede Position im Mittelfeld spielen kann". Tatsächlich setzte er Bellingham schon überall im Mittelfeld ein: rechter Flügel, linker Flügel, vor der Abwehr, Achter, Zehner. Sogar im Sturmzentrum probierte er den Kapitän der englischen U17-Nationalmannschaft schon aus. "Vor der Abwehr" kämen Bellinghams Qualitäten aber am besten zur Geltung.

Das hat wohl auch damit zu tun, dass Bellingham weniger aggressiv attackiert wird, wenn er sein Spiel aus tieferer Position aufzieht. Denn mit der Geschwindigkeit bei den Profis hat er durchaus noch seine Probleme. Manchmal fehlt dem Youngster in engen Räumen sowie im Abschluss die nötige Ruhe und Übersicht, was teils hektisch anmutet .

Auch körperlich, das ist wenig verwunderlich, muss er noch zulegen, auch wenn Clotet meint: "Obwohl er erst 17 Jahre alt ist, kommt er mit der Körperlichkeit im Mittelfeld sehr gut zurecht." Dennoch ist das Meckern auf hohem Niveau - zur Erinnerung: Bellingham ist nochmal rund sieben Monate jünger als beispielsweise Ansu Fati vom FC Barcelona.

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Trainer Clotet: "Bellingham ist sehr bodenständig"

"Ein 16-Jähriger sollte nicht das tun, was er tut", sagte Englands U15-Scout Dodds einmal über Bellingham. "Nämlich Woche für Woche in der Meisterschaft spielen und so gut sein. Immer wenn ich ihn sehe, dominiert er", erklärte er.

Bellingham avancierte schon nach wenigen Spielen zum unverzichtbaren Leistungsträger und Anführer bei Birmingham City. Dennoch musste Clotet ihn immer wieder früher rausnehmen oder ihn zu Beginn auf die Bank setzen.

"Es ist sehr wichtig, dass er Spielrhythmus hat. Allerdings dürfen wir kein Verletzungsrisiko eingehen", proklamierte Clotet wieder und wieder. Die Fans forderten Bellingham in jedem Spiel. Zu seinem Schutz tat Clotet jedoch gut daran, auf die Bremse zu treten.

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Er wollte Bellingham behutsam und in richtigem Maße weiterentwickeln. Bellingham machte es ihm jedoch einfach: "Er ist sehr bodenständig. Die Familie hat bei ihm einen fantastischen Job gemacht." Der Youngster sei - in der Hinsicht ähnelt er wohl auch Haaland - sehr fokussiert auf seine Entwicklung und die Faktoren, die dabei eine Rolle spielen.

Den Hype um seine Person nimmt er (bisher) ähnlich locker. Dass ein junges Ehepaar aus Birmingham seinen neugeborenen Sohn nach Bellingham benannt hat, nahm der 17-Jährige grinsend zur Kenntnis. Er nahm Baby Jude auf den Arm und gab ihm ein Autogramm auf den Strampler.