In der 67. Minute zeigten Fans des FC Bayern erstmals beleidigende Spruchbänder gegen Hoffenheim-Mäzen Hopp. "Alles beim Alten: Der DFB bricht sein Wort. Hopp bleibt ein Hurensohn", war unter anderem zu lesen. Die Bayern-Fans protestierten damit gegen ein zwei Jahre andauerndes Zuschauerverbot für Dortmund-Fans bei Auswärtsspielen in Hoffenheim. Das DFB-Sportgericht hatte die Strafe in Folge wiederholter Beleidigungen gegen Hopp verhängt. Der DFB erntete daraufhin Kritik, er habe die Kollektivstrafen ausgesetzt.

Schiedsrichter Dingert unterbrach das Spiel, woraufhin Bayern-Trainer Flick, sein Co Gerland und einige Bayern-Spieler in die eigene Kurve sprinteten, um die Fans zu beruhigen. Auf der Tribüne legte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern Rummenigge seinen Arm um Hopp.

Nach wenigen Minuten wurde das Spiel fortgesetzt, ehe in der 77. neue Spruchbänder auftauchten. Kahn, Salihamidzic und erneut Flick liefen in die Kurve liefen, Dingert schickte die Spieler in den Spielertunnel. Diese kehrten etwa 15 Minuten später auf den Platz zurück, einigten sich aber auf einen Nichtangriffspakt und spielten sich bis zum Abpfiff lediglich den Ball zu. Die letzten Minuten applaudierten sie auf dem Platz - Rummenigge, Flick und Hopp taten selbiges am Spielfeldrand.

Nach dem Abpfiff standen Bayern- und Hoffenheim-Spieler und -Verantwortliche gemeinsam auf dem Platz und beklatschten Hopp. Von den Rängen schallten unterdessen "Dietmar Hopp"-Sprechchöre. Der DFB-Kontrollausschuss kündigte an, Anfang der kommenden Woche ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

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TSG Hoffenheim - FC Bayern: Die Stimmen

Karl-Heinz Rummenigge (Vorstandsvorsitzender FC Bayern München): "Es ist richtig gemacht worden. Es (der Nichtangriffspakt in den letzten 13 Minuten, Anm. d. Red.) war eine Idee der Spieler in Absprache mit dem Schiedsrichter. So wie die Spieler das in den letzten 13 Minuten gemacht haben ist ein absolutes Zeichen. Ich schäme mich zutiefst aus Sicht des FC Bayern für diese Chaoten. Jetzt ist der Moment gekommen, an dem die Bundesliga und der DFB entschieden gegen diese Chaoten vorgehen müssen. Ich schäme mich zutiefst gegenüber Dietmar Hopp, der ein ganz feiner Ehrenmann ist.

Das war ein ganz hässliches Gesicht des FC Bayern München. Wir haben die ganzen Vorkommnisse filmen lassen und werden mit aller Konsequenz gegen die Verantwortlichen vorgehen. Die werden dafür am Ende gerade stehen müssen. Wir müssen jetzt alle zusammenstehen. Wir haben viel zu lange die Augen zugemacht, was in allen Kurven passiert ist. Mit dem heutigen Tag muss ein Umdenken stattfinden. Man muss jetzt mit aller Kraft und Intelligenz dagegen vorgehen. Es war eine Watschn für die Fans des FC Bayern, wie dieses Spiel zu Ende gegangen ist.

Dietmar war total emotionalisiert. Ich habe ihm gesagt: 'Ich kann mich nur entschuldigen.' Ich bin überzeugt, dass an diesem Tag in unserer Republik ein Umdenken im Umgang stattfinden wird. Wenn ich sowas wie heute erlebe, habe ich keinen Spaß mehr am Fußball. Diese Leute haben in einem Fußballstadion absolut gar nichts mehr verloren."

Hasan Salihamidzic (Sportdirektor FC Bayern, bei Twitter): "Zwei Siege und der 120. Geburtstag des FC Bayern. Es hätte eine perfekte Woche sein können. So war es heute ein trauriger Tag, ein Tiefpunkt. Beschämend. Hass und Intoleranz haben im Fußball und in der Gesellschaft nichts verloren. Die Bundesliga hat sich da klar positioniert, der FC Bayern hat sich da klar positioniert, das haben wir heute sehr klar gemacht. Wir alle im Fußball müssen dieses Thema ohne Kompromisse angehen, wir beim FC Bayern werden das jetzt analysieren und dann werden wir auch reagieren. Toleranz gilt es auch neben dem Platz zu zeigen. Wer das nicht kann, hat keinen Platz beim FCB."

Peter Görlich (Geschäftsführer TSG Hoffenheim): "Man muss ein Kompliment an die Schiedsrichter aussprechen, dass sie das mit dieser Ruhe durchgezogen haben, an das Publikum und auch an die Spieler des FC Bayern München. Diesen Umgang stellen wir uns auf einem Fußballplatz vor."

Alfred Schreuder (Trainer TSG Hoffenheim): "Wir sind alle sehr enttäuscht. Was passiert ist, ist so traurig und auch so schade. Es tut mir sehr leid für Dietmar Hopp. Das Zeichen der beiden Mannschaften war sehr gut."

Manuel Neuer (Kapitän FC Bayern München): "Ich bin der Meinung, dass uns auch etwas kaputt gemacht wurde als Spieler vom FC Bayern, weil wir bis zu diesem Zeitpunkt eine tolle Leistung gezeigt haben. Natürlich wollen wir nicht hauptsächlich über das Spiel reden, das ist klar. Aber uns wurde ja auch etwas kaputt gemacht und dass man überhaupt nicht darüber spricht, dass wir heute ein sehr gutes Spiel gemacht haben."

Hansi Flick (Trainer Bayern München): "Ich wusste, dass eventuell etwas geplant ist. Wir haben versucht, mit unserem Fanbeauftragten dagegen zu wirken und man hat auch geschaut, ob Fahnen oder so etwas reingeschleust werden. Man hat einfach keinen Zugriff. Es kommt immer wieder vor, auch bei den ganzen Kontrollen, die man hat. Irgendwie kriegen sie es immer wieder rein. Und das ist einfach immer wieder ärgerlich.""

Jerome Boateng (FC Bayern München, bei Twitter): "Leider ist das Ergebnis heute in den Hintergrund gerückt. Wir stehen für einen respektvollen Umgang, Menschlichkeit und ein Miteinander im Fußball und in unserer Gesellschaft. Starkes Zeichen von beiden Mannschaften."

TSG Hoffenheim - FC Bayern: Die Analyse

Nach dem 3:0-Sieg im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Chelsea musste Flick zweimal verletzungsbedingt wechseln: Coutinho ersetzte Coman und Zirkzee überraschend Lewandowski. Zirkzee, der sein Startelfdebüt feierte, fügt sich sofort perfekt ein, war von Beginn an an beinahe jeder gefährlichen Offensivaktion beteiligt und hatte großen Anteil an der frühen 3:0-Führung.

An der Entstehung der ersten beiden Treffer durch Gnabry (2.) und Kimmich (7.) war er beteiligt, das dritte erzielte er selbst (15.). Anschließend vergab Zirkzee per Lupfer und mit der Hacke Chancen auf sehenswerte weitere Treffer. Der FC Bayern sprühte nur so vor Spielfreude und kombinierte sich immer wieder traumhaft in den Strafraum. Wichtige Zutaten des Spiels des FC Bayern waren auch das hohe Pressing und teils überragende Flugbälle der beiden Innenverteidiger Boateng und Alaba swoie von Kimmich.

Hoffenheim-Trainer Schreuder reagiert bereits in der 30. Minute und brachte Defensivspieler Ribeiro für Offensivspieler Bruun Larsen. Am Spielbild änderte sich dadurch nichts: Der FC Bayern schnürte die hilflosen Hoffenheimer weiterhin in deren Strafraum ein. Kurz darauf traf sogar Coutinho (33.), der bis dahin im Vergleich zu seinen Mitspielern deutlich abgefallen war. Die 4:0-Halbzeitführung des FC Bayern fiel deutlich zu niedrig aus.

Flick überraschte mit einem Halbzeit-Wechsel. Er brachte Tolisso für Boateng, woraufhin Kimmich in die Innenverteidigung rückte. Der FC Bayern spielte genau so druckvoll weiter wie in der ersten Halbzeit und erhöhte durch Coutinho (47.) und Goretzka (62.) auf 6:0. Es folgten die beiden Spielunterbrechungen und der zwölfminütige Nichtangriffspakt.

TSG Hoffenheim - FC Bayern: Die Aufstellungen

Hoffenheim: Baumann - Rudy, Nordtveit, Hübner, Zuber (46., Kramaric) - Grillitsch, Samassekou (73., Akpoguma) - Skov, Baumgartner, Bruun Larsen (30., Ribeiro) - Bebou. - Trainer: Schreuder.

FC Bayern: Neuer - Pavard, Boateng (46., Tolisso), Alaba, Davies (63., Hernandez) - Kimmich, Thiago - Gnabry, Müller (56., Goretzka), Coutinho - Zirkzee. - Trainer: Flick.

Die Daten des Spiels TSG Hoffenheim gegen FC Bayern München

  • Tore: 0:1 Gnabry (2.), 0:2 Kimmich (7.), 0:3 Zirkzee (15.), 0:4 Coutinho (33.), 0:5 Coutinho (47.), 0:6 Goretzka (62.)
  • Der FC Bayern musste erstmals in der laufenden Bundesligasaison ohne Lewandowski auskommen. In der Vorsaison war dies nur einmal der Fall: Am 5. Spieltag gab es im Heimspiel gegen Augsburg nur ein 1:1.
  • Gnabrys 1:0 war das früheste Pflichtspieltor des FC Bayern in dieser Saison.
  • Müller ist der erste Spieler seit detaillierter Datenerfassung 2004/05, der an den ersten 24 Spieltagen einer Bundesligasaison 16 Assists sammelt.
  • Zirkzee erzielte seine ersten drei Bundesligator in 26 Minuten. Schneller war in der Bundesligageschichte nur Haaland (24 Minuten).
  • Hoffenheim kassierte erstmals sechs Gegentore in einem Bundesligaheimspiel.

Der Star des Spiels: Joshua Zirkzee (FC Bayern München)

Der 18-Jährige zeigte bei seinem Bundesligastartelfdebüt eine überragende Vorstellung. In der ersten Halbzeit war er an der Entstehung von drei Toren beteiligt und erzielte das 3:0 selbst. In der Folge erarbeitete er sich einige weitere Chancen, die er jedoch vergab. Nach der Pause baute er etwas ab.

Der Flop des Spiels: Sebastian Rudy (TSG Hoffenheim)

Hoffenheim zeigte generell eine verheerende Mannschaftsleistung, auch auf Grund seiner Erfahrung und Vergangenheit enttäuschte Rudy aber besonders. Er fand vor allem während des Sturmlaufs in der ersten Halbzeit nicht in die Zweikämpfe. Vor dem 0:1 hielt er seine rechte Abwehrseite nicht dicht und vor dem 0:3 ließ sich von Zirkzee vernaschen. Außerdem verzeichnete er die zweitmeisten Ballverluste auf Seiten Hoffenheims.

Der Schiedsrichter: Christian Dingert

Dingert hatte mit der Leitung der Partie keine Probleme und bewies bei seinem Umgang mit den Schmähungen gegen Hopp große Souveränität.