Der Start der Free Agency ist Jahr für Jahr sehr ähnlich: Ab Montag (16. März), wenn die Verhandlungen zwischen den Beratern der angehenden Free Agents und anderen Teams offiziell aufgenommen werden dürfen, kocht die Gerüchteküche regelmäßig über - und wenn am 18. März das neue Liga-Jahr und offiziell die Free Agency beginnt, rauschen die großen Deals über den Tisch.
Manche Spieler werden diesen Deals gerecht. Za'Darius Smith für die Packers letztes Jahr etwa, oder Trent Brown bei den Raiders. Doch so häufig sehen die großen Free-Agent-Stars ein Jahr später wie kräftige Fehlinvestitionen aus. Nick Foles oder auch Le'Veon Bell wären Paradebeispiele aus dem Vorjahr.
Mehr Wert, gedacht wie eine Kosten-Ertrag-Rechnung, gibt es dagegen häufig mit späteren Verpflichtungen. Wie etwa Shaquil Barrett, der letztes Jahr für ein Jahr und vier Millionen Dollar bei den Buccaneers unterschrieb und dann die Liga in Sacks anführte. Auch Markus Golden (1 Jahr, 3,75 Mio. Dollar) war ein solider Edge-Verteidiger für die Giants, Tre Boston (1 Jahr, 2,1 Mio. Dollar) spielte stark für die Panthers und Donald Penn (1 Jahr, 2 Mio.) startete die komplette Saison in Washington, da Trent Williams nicht auflief.
Welche Spieler könnten in diese Rolle rücken? Wer könnte überraschen, wo gibt es vielleicht Schnäppchen und wessen Name läuft aktuell noch entschieden zu weit unter dem Radar?
Free Agency - welche Schnäppchen unter dem Radar gibt es?
Breshad Perriman, Wide Receiver, Tampa Bay Buccaneers
War die vergangene Saison endlich Perrimans Durchbruch? Der 2015er Erstrunden-Pick blieb jahrelang erst in Baltimore und dann in Cleveland hinter den Erwartungen zurück, hatte dabei auch mit Verletzungen zu erkämpfen - und kam vor der vergangenen Saison auf gerade einmal 59 Catches in der NFL. Die Buccaneers verpflichteten den 26-Jährigen als günstige dritte oder vierte Option - und dann schlugen die Verletzungen zu.
Als Tampa im Saisonendspurt auf Mike Evans und Chris Godwin verzichten musste, rückte Perriman ins Rampenlicht; und wie: Perriman fing über die letzten fünf Saisonspiele 25 Bälle für 506 Yards und fünf Touchdowns. Selbst seine Drops schraubte er fast komplett runter. Es war eine Leistungsexplosion, mit der großen Frage: In wie weit kann Perriman daran anknüpfen? Oder war er letztlich vor allem das Produkt einer Buccaneers-Offense, die in Person von Jameis Winston ein aggressives Passspiel umsetzt?
Klar ist: Perriman hat beachtlichen Speed und kombiniert das mit seiner Physis, sodass er eine gefährliche vertikale Waffe ist. Dass er jahrelang als Draft-Bust abgestempelt wurde und jetzt kurzfristig glänzte, wird ihn in der Free Agency mutmaßlich zu einem Prove-It-Vertrag zwingen. Überzeugt er dann erneut, könnte er nach der kommenden Saison auf einen lukrativen Deal spekulieren.
Wer sollte zuschlagen? Ein Team, das eine verlässliche Nummer 3 mit Potenzial zur Nummer 2 sucht. Perriman sollte nicht in eine Situation kommen, in der er direkt eine große Rolle zwangsläufig übernehmen muss - und er sollte versuchen, in eine Offense zu kommen, die ihm Möglichkeiten im vertikalen Passspiel gibt. Denver könnte so ein Kandidat sein, vielleicht auch die Giants.
Randall Cobb, Wide Receiver, Dallas Cowboys
Cobb unterschrieb letztes Jahr einen vergleichsweise günstigen Deal: Ein Jahr, fünf Millionen Dollar - die Cowboys bekamen hier einen kleinen Steal als Übergangslösung. Cobb verzeichnete 1,66 Yards pro gelaufener Slot-Route, ein Top-12-Wert (Minimum: 200 Snaps).
Cobb fing drei Touchdowns im Slot und verzeichnete rein aus dem Slot heraus 716 Yards. Einzig die Drops (9 insgesamt) waren etwas höher, ansonsten aber war Cobb eine der ligaweit verlässlicheren Slot-Waffen und gemessen an seiner Rolle in der Offense ein Schnäppchen.
Den Einjahresvertrag hat der 29-Jährige bestens genutzt, er wird bei seinem nächsten Deal mehr Geld verlangen - etwas Richtung sieben Millionen pro Jahr über zwei bis drei Jahre etwa ist denkbar.
Wer sollte zuschlagen? Im Prinzip jedes Team, das eine echte Slot-Waffe benötigt. Baltimore könnte so ein Team sein, vielleicht auch Indianapolis oder Denver. Auch die Eagles, die mutmaßlich Nelson Agholor gehen lassen und dringend in ihr Receiving-Corps investieren müssen, sind denkbar.
Graham Glasgow, Center/Guard, Detroit Lions
Gute Offensive Lineman sind in der NFL noch immer ein rares Gut - und kommen vergleichsweise selten auf den Markt. Noch seltener ist es, dass ein überdurchschnittlicher Lineman verfügbar werden könnte und dabei noch ein wenig unter dem Radar fliegen. Eine solche Situation gibt es womöglich mit Graham Glasgow, sollten die Lions den 27-Jährigen nicht doch selbst noch halten.
Glasgow kann Center und Guard spielen; letztes Jahr wechselte er von Center auf Guard, damit Frank Ragnow ins Zentrum rücken konnte. Glasgow ist ein durch die Bank weg solider Lineman, verlässlich in Pass-Protection - 2019 ließ er bei 559 Pass-Blocking-Snaps 25 Pressures zu - und noch stärker im Run-Blocking.
Es wird spannend sein zu sehen, wie sich Glasgows Markt darstellt. Mit Brandon Scherff und Joe Thuney gibt es zwei bessere Guard-Optionen - sollten sie auf den Markt kommen. Passiert das nicht, ist Glasgow womöglich schnell die beste Option für die Interior Offensive Line.
Wer sollte zuschlagen? In erster Linie die Lions selbst. Lässt Detroit ihn gehen, gibt es genügend Teams, die Verbesserungen in der Interior Offensive Line brauchen. Seattle etwa, die Jets, Miami, die Chargers oder auch die Saints, bei denen Andrus Peat wohl gehen darf, wären einige Kandidaten.
Stefen Wisniewski, Center/Guard, Kansas City Chiefs
Jahrelang in Philadelphia zwischen Starter und Backup, eroberte sich der 30-Jährige letztes Jahr spät in der Saison den Starting-Left-Guard-Spot in Kansas City. Wisniewski ist einer dieser Spieler, ähnlich wie Safety Tre Boston, die Jahr für Jahr scheinbar kategorisch unterschätzt werden, und dann doch positiv überraschen.
So war es in jedem Fall letztes Jahr, als Wisniewski für knapp eine Million Dollar in Kansas City unterschrieb und dann gerade im Saison-Endspurt inklusive der Playoffs einige sehr gute Spiele ablieferte. Die Chiefs haben mit Chris Jones, Kendall Fuller und womöglich dem neuen Patrick-Mahomes-Deal ganz andere Baustellen - ein seit nunmehr Jahren guter bis teilweise auch sehr guter Interior Lineman könnte so verfügbar werden.
Wer sollte zuschlagen? Die Namen sind ähnliche wie bei Glasgow, nur dass Wisniewski mutmaßlich nochmal deutlich weniger kosten wird. Kann ebenfalls Center und (Left) Guard spielen und es gibt mehr als genügend Teams, für die Wisniewski hier ein klares Upgrade darstellen würde.
Rashard Higgins, Wide Receiver, Cleveland Browns
Schlechtes Timing für Higgins, gutes Timing für Teams, die auf der Suche nach einem Schnäppchen sind: Der 25-Jährige hatte nach zwei aufstrebenden Jahren in Cleveland letztes Jahr seine schlechteste Saison und ging im Chaos der Browns-Offense komplett unter. Higgins sah in der 2019er Saison ganze zehn Targets.
Doch er hat Potenzial für mehr. Er war ein brandgefährlicher Screen-Receiver im College, er kann Outside spielen, er hat ein gutes Gespür für Lücken in der Defense und bewegt sich sehr überlegt und sehr effizient. Higgins könnte die Art Spieler sein, bei dem ein Szeneriewechsel und eine neue Rolle in einer neuen Offense den Durchbruch ermöglichen kann.
Wer sollte zuschlagen? Ähnliches Klientel wie bei Perriman: Ein Team, das eine Nummer 3 mit Potenzial zur Nummer 2 sucht, aber keinen Receiver braucht, der direkt die Offense mit tragen muss. Vielleicht Denver, vielleicht auch die Eagles?
Danny Shelton, Defensive Tackle, New England Patriots
Spielte unter seinem zweiten Einjahresvertrag in New England eine weitere sehr gute Saison; die Tatsache, dass Shelton gerade seinen Berater gewechselt und bei NFL-Berater-Mogul Drew Rosenhaus unterschrieben hat, legt nahe, dass er sich dessen bewusst ist und auf einen größeren Zahltag hofft als zuletzt.
Sheltons vergangene Saison war vor allem deshalb so vielversprechend, weil er sich als Pass-Rusher merklich verbesserte. Der 26-Jährige ist ein massiver Two-Gapping-Lineman, der große Räume schaffen und verlässlich den Run stoppen kann. Bringt er jetzt noch Wert als Pass-Rusher mit, könnte Shelton seinem einstigen Erstrunden-Draft-Pick-Status noch gerecht werden. Defensive Linemen, die gegen den Run große Räume sichern und zusätzlich Druck auf den Quarterback ausüben können, haben definitiv einen Wert in der heutigen NFL.
Wer sollte zuschlagen? Die Broncos wären ein Kandidat, da Denver mehrere Interior Lineman via Free Agency verlieren dürfte und Shelton zwischen Bradley Chubb und Von Miller die Interior Line mit verankern könnte. Tampa Bay muss sich in der Defensive Line ebenfalls neu aufstellen, auch Arizona hat Baustellen in der Interior-D-Line.
Aaron Colvin, Slot-Cornerback, Washington Redskins
Der 28-Jährige hat einen schwer erklärbaren Abstieg hinter sich. Colvin war 2017 in Jacksonville noch ein sehr guter Slot-Corner und auch in den Jahren davor stets sehr solide für die Jaguars. Dann kam der Wechsel nach Houston - und er fiel in ein Loch. Colvin wurde zu Beginn der vergangenen Saison nach etwas über einem Jahr seines Vierjahresvertrags entlassen und absolvierte dann noch ein paar Partien für Washington, wo er aber primär Outside eingesetzt wurde.
Entsprechend günstig wird Colvin jetzt sein, mit der großen Frage: bekommt man ihn nochmal auf das Level seiner Jaguars-Zeiten?
Wer sollte zuschlagen? Slot-Corner ist eine zunehmend wichtige Position und in den meisten Fällen ein De-facto-Starter. Seattle beispielsweise bräuchte hier dringend eine Antwort, um nicht erneut andauernd mit drei Linebackern aufzulaufen. Die Titans könnten Logan Ryan verlieren und hätten dann Bedarf, Denver, Oakland, Minnesota, Atlanta - es gibt mehr als genügend Teams, die Cornerback-Hilfe benötigen. Wer auch immer glaubt, Colvin nochmals an das alte Niveau bringen zu können, sollte ihm den (mutmaßlichen) Low-Risk-Deal geben und damit die Chance, sich als Slot-Corner in neuem Umfeld zu rehabilitieren.
Kelvin Beachum, Left Tackle, New York Jets
Acht Millionen pro Jahr und zwölf Millionen garantiert - so sah Beachums Dreijahresvertrag aus, den er 2017 bei den Jets unterschrieben hatte. Inzwischen ist der ehemalige Steelers- und Jaguars-Starter 30 Jahre alt, aber er ist noch immer ein durchaus solider Tackle. Auch wenn er noch immer unter dem Radar zu fliegen scheint.
Die Free-Agent-Klasse auf der Tackle-Position dürfte noch einige größere Namen verlieren, wenn entsprechende Vertragsverlängerungen vor dem Start der Free Agency ausgehandelt werden. Doch selbst falls Jack Conklin in Tennessee, Anthony Castonzo in Indianapolis und Andrew Whitworth in L.A. bleiben - es gibt einige potenzielle weitere Optionen. Von Jason Peters über Bryan Bulaga und Demar Dotson bis hin zu Mike Remmers oder Donald Penn.
Doch könnte man sehr gut argumentieren, dass Beachum abgesehen von den ganz großen Fischen eine der besten Optionen auf dem Markt ist - wahrgenommen wird er so allem Anschein nach nicht.
Wer sollte zuschlagen? Die Jets selbst sollten hier eigentlich versuchen, den besten Spieler ihrer Line, die an mehreren Spots verbessert werden muss, zu halten. Ansonsten gibt es viele Teams, die dringend einen (Left) Tackle brauchen: Cleveland, womöglich die Chargers (falls Okung wirklich weg will), Carolina, womöglich auch die Rams, sollte Whitworth zu teuer werden.
Prince Amukamara, Cornerback, Chicago Bears
Wurde gerade aus Cap-Gründen in Chicago entlassen und zählt somit nicht einmal gegen die Compensatory-Formel. Doch Amukamara ist noch immer ein solider Nummer-2-Cornerback. Zwar war die vergangene Saison merklich unter den beiden Vorjahren, für ein Team mit einem klaren Nummer-1-Corner, das sich im Draft nach langfristigen Lösungen umschauen will, könnte Amukamara aber ein günstiges Sicherheitsnetz darstellen.
Wer sollte zuschlagen? Die Denver Broncos sind ein logischer Fit, immerhin ist dort Ex-Bears-Defensive-Coordinator Vic Fangio am Werke - und die Broncos brauchen dringend Cornerback-Hilfe.
Nick Kwiatkoski, Linebacker, Chicago Bears
Kwiatkoski ist ein Kandidat für einen größeren Vertrag als man vielleicht zunächst erwarten würde. Die Bears müssen zunächst eine Entscheidung treffen, ob sie auf Linebacker lieber Kwiatkoski oder Danny Trevathan halten wollen - gut möglich, dass die Wahl hier auf Kwiatkoski fällt, falls man sich finanziell einigt.
Der 26-Jährige ist insbesondere deshalb interessant, weil er ein echter 3-Down-Linebacker sein kann. In Chicago als eine Mischung aus Backup und Starter eingesetzt, hat Kwiatkoski gute Ansätze in Coverage gezeigt, er ist ein guter Blitzer und zeigt ein gutes Spielverständnis. Kwiatkoski hat ohne Zweifel Starting-Potenzial und vielleicht auch mehr - wie sieht sein Markt aus? Wie teuer wird er?
Wer sollte zuschlagen? Falls die Bears ihn nicht halten (können), könnte Division-Rivale Green Bay nach Adrian Amos den nächsten Bears-Verteidiger via Free Agency verpflichten: Die Packers haben einen großen Linebacker-Need, sollten sie nicht doch Blake Martinez halten. Auch unter anderem die Raiders, Bengals und Chiefs haben Linebacker-Bedarf.