Die Ernennung von Prokop zum Bundestrainer war ein Fehler. Das muss man spätestens jetzt, in der Rückschau, ganz klar konstatieren. Der 41-Jährige, der weder als Coach noch als Spieler auf der ganz großen Handball-Bühne Erfahrung hatte, agierte von Beginn an wacklig und teilweise ungeschickt in seinen Entscheidungen sowie im öffentlichen Auftreten.

Die vom Verband selbst gesteckten sportlichen Ziele wurden unter Prokop - wenn auch teilweise knapp - verfehlt. Trotz der Weiterentwicklung des Kötheners nach seinem desaströsen Auftaktturnier bei der EM 2018 ist die Trennung somit richtig.

Letzte Zweifel daran werden durch die Tatsache weggewischt, dass mit Alfred Gislason eine absolute Koryphäe des Handballs zur Verfügung stand. Für das so wichtige Olympia-Qualifikationsturnier im April und die Zeit danach tut dem DHB nach unruhigen Zeiten ein Trainer gut, der bei allen Seiten - Spieler, DHB- und HBL-Verantwortliche und Öffentlichkeit - großen Respekt genießt.

DHB-Führung legt Schlingerkurs erster Güte hin

Der Weg hin zu dieser Entscheidung ist allerdings nur als chaotisch zu bezeichnen. Die DHB-Führung gab ein Bild ab, das dem größten Handballverband der Welt unwürdig ist und legte in den vergangenen Wochen einen Schlingerkurs erster Güte an den Tag.

Erst goss DHB-Vizepräsident Bob Hanning nach der Pleite gegen Kroatien mit seinem Satz ("wir müssen sehen, was die Mannschaft mit dem Trainer macht"), der übrigens entgegen anderer Behauptungen so gefallen ist, Öl ins Feuer der Trainer-Debatte. Dann verkündete der DHB in Form von Axel Kromer (Vorstand Sport), dass man "natürlich" mit Prokop in Richtung Olympia gehen werde und der Bundestrainer intern ohnehin nie zur Debatte gestanden habe. Gut zwei Wochen später wurde Prokop entlassen.

Präsident Andreas Michelmann ließ bei der Pressekonferenz am Freitag durchblicken, dass die DHB-Führung während der EM auch auf Drängen der Mannschaft ein klares Bekenntnis zu Prokop abgegeben hat. Bei Prokops Absetzung wurde diese dann aber völlig ignoriert. Weder Kapitän Uwe Gensheimer ("Ich war geschockt, ich hatte überhaupt keine Ahnung") noch Teammanager Oliver Roggisch ("Ich war in die Entscheidung in keiner Weise eingebunden") wurden auch nur nach ihrer Meinung gefragt. Eine zumindest fragwürdige Vorgehensweise.

© getty

Bob Hanning steht als großer Verlierer da

Als großer Verlierer steht nun Hanning da, ohne dessen unter dem Strich große Verdienste um den deutschen Handball schmälern zu wollen. Dass Prokops Verpflichtung inklusive Fünfjahresvertrag bis 2022, die mit einer für Handballverhältnisse mächtigen Ablösesumme von 500.000 Euro verbunden war, sowie das Festhalten am Bundestrainer nach der EM 2018 auf seine Kappe geht, ist ein offenes Geheimnis.

Hannings forsches Auftreten, so ist es zu hören, soll zuletzt selbst dem eigentlich so gelassenen Michelmann auf die Nerven gegangen sein. Eine Änderung zeigte sich bereits bei der PK am Freitag, wo Hanning für seine Verhältnisse regelrecht kleinlaut auftrat. Stattdessen übernahmen hauptsächlich Michelmann und vor allem Liga-Boss und DHB-Präsidiumsmitglied Uwe Schwenker, der bei der Inthronisierung Gislasons eine Hauptrolle gespielt hat, das Kommando.

Davon, dass Hanning seine Zukunft beim DHB einst eng mit der von Prokop verknüpft hatte, ist trotzdem keine Rede mehr. Sein Standing als großer DHB-Zampano, als gefühlter Alleinherrscher, der sich zugegebenermaßen zur Freude der Medien zu allem und jedem äußert, dürfte hingegen in dieser Form Geschichte sein.