Super Bowl: San Francisco 49ers Defense
Marcus Blumberg (SPOX): In ihren ersten zwei Playoff-Partien hatte die starke Defense der 49ers keinerlei Mühe. Sowohl die Vikings als auch die Packers waren keine wirkliche Herausforderung für die Unit um Defensive End Nick Bosa. Beide hatten jedoch eins gemein: Sie kamen primär über den Lauf und erst in zweiter Instanz über den Pass.
Mit den Chiefs kommt nun ein gänzlich anderer Gegner auf die 49ers zu. Mit Quarterback Patrick Mahomes wird der Pass im Vordergrund stehen und jede Menge Kreativität und Spontanität. Die größte Herausforderung für die Niners wird daher sein, sich auf einen Gegner einzustellen, der nicht einem klaren Muster folgt, sondern vielmehr von Play zu Play unberechenbar ist.
Viel wird dabei wie üblich auf die Defensive Line ankommen. Mahomes ist exzellent gegen den Blitz, weshalb die Niners gut daran täten, auf Druck von ihrer Front-4 zu setzen. Zu ihrem Glück ist das aber ohnehin das Pressure-Epizentrum für die Unit von Defensive Coordinator Robert Saleh.
Nick Bosa, Arik Armstead, Dee Ford und DeForest Buckner durch die Mitte sind allesamt jederzeit in der Lage, für großen Druck auf den Quarterback zu sorgen - ohne die Hilfe von Blitzern in Anspruch zu nehmen. Gelingt es ihnen, die Line of Scrimmage zu dominieren, dann würde dies zugleich viel Druck von der Secondary nehmen.
Super Bowl: Weichen die 49ers von ihrem Erfolgsrezept ab?
Stichwort Secondary: Hier wird es spannend zu sehen, ob Saleh an seinem Grundprinzip festhält und auf Zone Coverage setzt. Selbige zerstört Mahomes nämlich regelmäßig, weshalb es denkbar ist, dass die Niners dieses Mal eher Man Coverage spielen werden. Das hätte den Vorteil, dass man eventuell auch Top-Corner Richard Sherman mehr ins Spiel involvieren könnte. Spielen sie dagegen Zone, könnte Mahomes - weise - die Seite von Sherman, der zuletzt in Höchstform agierte, essenziell ignorieren.
Auf der anderen Seite wartet mit Ahkello Witherspoon und Slot-Corner K'Waun Alexander jedoch auch keine Laufkundschaft, der Qualitätsunterschied zu Sherman ist jedoch deutlich.
Mahomes jedoch bürgt noch eine weitere, nicht zu unterschätzende, Gefahr, wie nicht zuletzt die laufenden Playoffs gezeigt haben: Er ist sehr gut zu Fuß. Das bedeutet besonders für die Edge-Verteidiger Bosa und Armstead, dass sie nicht nur ihre direkten Duelle mit den Tackles gewinnen müssen. Sie müssten zugleich zusehen, dass sie nicht zu aggressiv vorgehen, da sie sonst die Seiten für Mahomes und seine gefährlichen Läufe aufreißen würden. Nicht nur muss die Front der Niners also versuchen, Mahomes zu stören, sie muss ihn auch in der Pocket halten.
Beides keine leichten Aufgaben. Doch wenn es eine Unit schaffen kann, dann sicherlich die der Niners mit dieser Front.
Super Bowl: Kansas City Chiefs Offense
Adrian Franke (SPOX): Der offensichtliche Punkt zuerst: Patrick Mahomes könnte für Fans insbesondere von anderen AFC- und noch konkreter von anderen AFC-West-Teams für sehr lange Zeit zu einer Art Nemesis werden. Auch wenn die Pre-Draft-Evaluationen bei Mahomes geschwankt haben - einen derartigen Sprung in seinen ersten beiden Jahren als Starter hatte wohl niemand kommen sehen.
Die Chiefs-Offense ist die spektakuläre Symbiose aus zwei Dingen: Einem Quarterback, der physisch jeden Wurf von jeder Plattform beherrscht, sich gleichzeitig aber auch glänzend in der Pocket bewegt, Defenses versteht und korrekt liest und obwohl er viele Big Plays auflegt dabei selten zu riskant agiert.
Der andere Part der Rechnung ist einer der besten Play-Caller der Liga in Andy Reid, der Mahomes zusätzlich aus Play-Calling- und Scheme-Aspekten - auch mit Dingen wie Motion, Play Action, Screens und Early-Down-Passing - die bestmöglichen Umstände schafft.
Das Ergebnis dieser Gleichung ist die gefährlichste Offense der Liga. Eine Passing-Maschine mit vielleicht dem besten Waffenarsenal, dem besten Quarterback und einem Top-3-Play-Caller. Und ja, wir haben in vergangenen Jahren gelegentlich gesehen, wie hochgelobte Offenses im Super Bowl eingeknickt sind, zuletzt gerade erst im Vorjahr. Aber keine dieser Offenses hatte einen Quarterback auf diesem Level und Umstände, die es dem Coach erlauben, jede Schwachstelle einer gegnerischen Pass-Defense gezielt zu attackieren.
Können die 49ers Mahomes unter Druck setzen?
Den einzigen Weg für die 49ers, Kansas Citys Offense ernsthaft zu limitieren, sehe ich im 4-Men-Rush. Und das ist kein schlechtes Rezept, keine Frage - vielleicht kein Team kann mit San Franciscos 4-Men-Rush aktuell mithalten. Doch die Chiefs haben eine solide Offensive Line, es sollte hier also kein wirklich massives Mismatch sein. Und wenn Mahomes ins reguläre Dropback Passing Game geht, hat Kansas City genügend Elemente, damit Mahomes den Ball schnell loswerden kann.
Sollte San Franciscos Pass-Rush diesem Spiel nicht wirklich konstant den Stempel aufdrücken können, sehe ich zu viele Mismatches in der Coverage. Richard Sherman ist gut, aber auch er würde mit Tyreek Hill seine liebe Mühe haben - und wenn die 49ers in ihren gewohnten Zone Coverages sind, kann Kansas City Sherman auf der linken Seite der Defense auch schlicht ignorieren, und dann mit Hill, Hardman und Co. die schwächeren Cornerbacks attackieren.
Die 49ers haben gute Cover-Linebacker, ja, und das sollte helfen, Travis Kelce zu limitieren. Aber wir reden eben bei den Chiefs immer vom "limitieren" - "ausschalten" scheint kaum vorstellbar. Und wenn dann die Big Plays dazukommen, die ich insbesondere in Duellen zwischen Hill und Hardman entweder aus dem Slot heraus, oder aber gegen San Franciscos Nummer-2-Corner (Moseley vermutlich) erwarte, dann reden wir schnell wieder von einem 30-Punkte-Spiel für KC.
Super Bowl: Kansas City Chiefs Defense
mySPOX-UserChris-93 : Mit der toll designten 49ers Offense wartet auf die Defense der Chiefs ihre bislang größte Herausforderung. Im Fokus steht vor allem das Running Game der 49ers, das zum Besten der Liga gehört. Die Chiefs dagegen stellen mittlerweile fast schon traditionell eine der schlechtesten Laufverteidigungen. Wie bereits in der Analyse von Adrian Franke angesprochen, ist 21-Personnel dabei ein elementarer Bestandteil. Doch gerade gegen diese Formation sah die Verteidigung diese Saison vergleichsweise gut aus und erlaubte nur 4,2 Yards pro Play (-20.4 Prozent DVOA).
Um das Outside Zone Running Game in den Griff zu bekommen, sind die Defensive Ends von entscheidender Bedeutung. Sie müssen sich diszipliniert an ihre Gap-Verantwortlichkeiten halten und die Läufe von außen nach innen drängen, wo der Runner von den schweren Jungs erwartet wird. Einer davon ist Mike Pennel, der erst Mitte Oktober verpflichtet wurde und nicht jedem ein Begriff sein dürfte. Allerdings ist er einer der Hauptgründe, warum sich die Run Defense gesteigert hat.
Mit ihm auf dem Feld erlaubte man nur -0,09 EPA pro Versuch (Platz 10 gegen den Run), ohne ihn dagegen 0,05 (Platz 30). Neben Outside Zone setzen die 49ers auch stark auf Inside/Split Zone gepaart mit Motion und Misdirection, um der Defense das Lesen des Plays zu erschweren. Hier profitiert man vom guten Spielverständnis von Frank Clark und Terrell Suggs, die sich davon nicht in allen Fällen verwirren lassen und dadurch das ein oder andere Play frühzeitig stoppen - und damit die 49ers in lange 2nd und 3rd Downs zwingen.
Im Passing Game müssen die Chiefs vor allem die Mitte des Feldes wegnehmen und kurze Pässe auf George Kittel oder Deebo Samuel verhindern, da der größte Schaden, neben Play Action, durch Yards after Catch entsteht. Dabei wird Tyrann Mathieu, der in herausragender Form ist, eine zentrale Rolle spielen.
Chiefs: Blitzes als Erfolgsrezept gegen Garoppolo?
Ein anderes Mittel, auf das die Chiefs setzen werden, sind Blitzes. Diese wurden im Laufe des Jahres gezielt eingesetzt und waren ziemlich effektiv. Gerade gegen Jimmy Garoppolo, der gegen den Blitz im Mittelfeld liegt und bereits 7 Interceptions geworfen hat, könnte das zum Erfolg führen.
Die bisherigen Niederlagen der 49ers haben eines gemeinsam - das Running Game war nicht effizient. Deshalb hat oberste Priorität, das Laufspiel zu stoppen und sie zum Passen zu bewegen. Zu guter Letzt müssen auch Patrick Mahomes und Co. ihren Teil zur Defense beitragen, indem früh Punkte erzielt und so die 49ers unter Zugzwang gesetzt werden.
Super Bowl: San Francisco 49ers Offense
mySPOX-UserLazyLi0n : Spätestens seit dem NFC Championship Game ist die Rushing Offense der 49ers in aller Munde. Jimmy Garoppolo wurde in vielen US-Medien vom Game-Manager zur Hand-Off-Maschine degradiert und die Lombardi Trophy befindet sich bereits in Missouri.
Wenn man sich jedoch die Offense der Niners in allen Facetten ansieht, könnte man behaupten, dass diese das weitaus größere Mismatch im Vergleich der Offenses gegen die Defenses darstellt.
Dass die Chiefs sich wie die Vikings oder gar die Packers geradezu überrennen lassen, sollte mit zwei Wochen der Vorbereitung nicht passieren. Die Chance darauf, dass die 49ers den Ball effizient laufen können, ist jedoch sehr hoch.
Seit Woche 12, also seitdem die Matchup-Waffen George Kittle und Kyle Juszczyk wieder fit sind, stellt San Francisco die beste Rushing Offense nach DVOA. Dem entgegen steht die drittschlechteste Rushing Defense der Chiefs. Darüber hinaus sind sie laut Footballoutsiders das drittschlechteste Team im Verteidigen von Outside Zone Runs, der Grundlage von Kyle Shanahans Offense.
Chiefs-Fokus aufs Laufspiel als Vorteil für Garoppolo?
Die Chiefs werden alle Ressourcen dazu verwenden müssen, den Run der 49ers zu stoppen. Dafür wird Steve Spagnuolo wohl auch vermehrt einen Safety in die Box ziehen müssen, was Jimmy Garoppolo entgegenkommen sollte. Garoppolo warf in dieser Saison für durchschnittlich 11,4 Y/PA gegen Cover-3 bei 1st und 2nd Down und verwandelte 76 Prozent seiner 3rd-Down-Versuche in neue 1st Downs gegen Cover-1, beides Ligabestwerte. Beides sind auch die bevorzugten Coverages der Chiefs in eben diesen Situationen (alles per Warren Sharp).
Shanahan wird darüber hinaus die Linebacker der Chiefs attackieren, die Ihre Aufmerksamkeit nicht nur den Outside Zone Runs zuwenden müssen - Shanahan hat im Laufe der Saison ein extrem vielseitiges Run Game etabliert. Mit Gap Scheme Runs, Counter und Trap Plays sowie End Arounds und Jet Sweeps und zusätzlicher Pre-Snap-Motion soll die gegnerische Defense möglichst auf allen Ebenen unter Druck gesetzt werden. Die Linebacker Anthony Hitchens und Damien Wilson sind alles andere als gut in Coverage und Garoppolo wirft bevorzugt über die Mitte des Feldes. Hier sollten sich genug Gelegenheiten ergeben, um San Franciscos Playmaker in Szene zu setzen.
Laut Footballoutsiders verteidigt Kansas City Nummer-1- und Nummer-2-Receiver sowie Tight Ends solide bis gut. Gegen weitere Receiver und Running Backs gehört man jedoch zu den schlechtesten Teams der Liga. Hier dürften Kyle Jusczcyk und die Running Backs vermehrt ins Passspiel eingebunden werden und auch für viele Yards nach dem Catch gut sein - die Chiefs ließen diese Saison die meisten eben dieser zu.
Sollten die 49ers trotz all dieser positiven Vorzeichen früh im Spiel in einen größeren Rückstand oder in einen Shootout geraten, hat Shanahan in diesen Situationen gezeigt, dass er seinen Gameplan anpassen kann und aggressiver, sprich Pass-lastiger, agiert. Garoppolo zeigte in dieser Saison ebenfalls, dass er nicht nur Game Manager sein, sondern - entgegen vieler Meinungen - ein Spiel in der entscheidenden Phase an sich reißen kann.