Es ist bereits dunkel, als mein Kollege und ich aus der Ankunftshalle des Hamad International Airports ins Freie treten. Mit unseren Wintermänteln, die wir uns über die Armbeuge geworfen haben, wirken wir irgendwie deplatziert. Anders als im nasskalten München, das wir vor rund sieben Stunden verlassen hatten, weht hier in Doha ein angenehm laues Lüftchen über die Dächer der unzähligen wartenden Taxis. 20 Grad zeigt mein Smartphone an. Aushaltbare Temperaturen im Januar.
Anlass unserer Reise ist das Trainingslager des FC Bayern, der bereits zum zehnten Mal in Folge seine Winter-Zelte in Katar aufschlägt. Sechs Tage wird der Rekordmeister fortan an der Aspire Academy für die Bundesliga-Rückrunde schuften. Traditionell hatte die abermalige Reise ins Emirat bei einigen Fans für Unmut gesorgt. "Und wieder fliegen mit Kafala Airways (in Anlehnung an FCB-Platinsponsor Qatar Airways) die Menschenrechte davon", war beispielsweise am letzten Hinrundenspieltag in der Südkurve der Allianz Arena auf einem Banner zu lesen.
Kritik am "Kafala-System"
Hintergrund der Kritik: "Kafala" bezeichnet ein umstrittenes System der Bürgschaft, im Prinzip die vollständige Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber, das besonders in den arabischen Golfstaaten das Arbeits-, Aufenthalts- und Familienrecht reglementiert. Davon betroffen sind unter anderem die etlichen Arbeitsmigranten, die seit vielen Jahren an der Errichtung der Stadien für die WM-Endrunde im Jahr 2022 oder anderen Infrastruktur-Projekten beteiligt sind. Als menschenunwürdig, mitunter gar todbringend, wurden die Bedingungen besonders für die zahlreichen Arbeiter aus armen südostasiatischen Ländern wie Nepal, Indien, Sri Lanka oder Bangladesch bezeichnet, der Begriff "moderne Sklaverei" erhielt in diesem Zusammenhang mehrfach Einzug in die Medienlandschaft.
Seit Katar den Zuschlag für das prestigeträchtigste Fußball-Turnier der Welt erhalten hat, wird über die Ausbeutung der Arbeitsmigranten geschrieben und gesprochen, immer wieder machten Verantwortliche des Wüstenstaats Zugeständnisse, gelobten Besserung. Vor drei Jahren erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch noch, dass die bis dato in Kraft getretenen Änderungen im Arbeitsrecht kaum positive Auswirkungen mit sich gebracht hätten.
"Katar hat offensichtlich kein Interesse an echten Reformen des Arbeitssystems, und das bedeutet, dass es zu immer mehr Menschenrechtsverletzungen und immer mehr Ausbeutung kommen wird. Arbeitsmigranten werden weiter leiden", wurde Joe Stork, stellvertretener Leiter der Nahost-Abteilung von Human Rights Watch damals auf der Homepage der NGO zitiert. Er schob nach: "Katar behauptet, es habe das Kafala-System abgeschafft, aber es hat nur seinen Namen geändert."
Katar-Expertin von Amnesty International bleibt skeptisch
Das bestätigte zuletzt, kurz bevor der Münchner Tross sich in Richtung Doha aufmachte, auch Katar-Expertin Regina Spöttl von Amnesty International. Der Abendzeitung sagte sie: "Katar sagt zwar, dass das Kafala-System abgeschafft wurde. Tatsächlich blieb es bisher unter einem neuen Namen in Kraft." Spöttl ergänzte allerdings: "Seit ein paar Wochen sind positive Signale aus Katar zu vernehmen. Es gab eine Zusammenarbeit mit der International Labour Organization (ILO) der Vereinten Nationen, um ein neues, verbessertes Arbeitsgesetz zu entwerfen. Das scheint in die richtige Richtung zu gehen. Im Januar 2020 soll das Gesetzt in Kraft treten." Dennoch sehe Amnesty International das Ganze "sehr skeptisch". Im Laufe der vergangenen Jahre sei immerhin "viel Verbesserung versprochen - aber nicht eingehalten" worden.
Informationen, die in mir im Vorfeld des Trips natürlich eine gewisse Befangenheit auslösten. Wie viel würde ich von alledem mitbekommen, wenn ich mich arbeitsbedingt vornehmlich zwischen eigenem Hotel und Bayern-Trainingsplatz aufhalte? Erst einmal ankommen, denke ich - und schon sitzen wir im Taxi, das uns vom Flughafen in unsere Unterkunft bringt. Der Rand der Schnellstraße, die ins Zentrum Katars führt, ist gesäumt von abertausenden bunten Lichtsäulen, in der Ferne erstreckt sich die nicht minderbunte Skyline, deren pompöses Ausmaß mit jedem Kilometer erkennbarer wird.
Wir halten vor einem modernen Gebäude, das in warmes Licht gehüllt ist - unser Hotel. Zwei Pagen wuchten unsere großen Koffer aus dem Auto und geben uns zu verstehen, dass diese bei ihnen in den besten Händen seien und wir uns bezüglich des Gepäck-Transportes in die jeweiligen Zimmer nicht weiter kümmern müssen. Die Empfangstheke, an der ein freundlich dreinschauender Mann uns willkommen heißt, erscheint mit Blick in die Eingangshalle nahezu mickrig. Ein überdimensionaler Kronleuchter baumelt von der 60 Meter hohen Decke, cremefarbene Sessel und Sofas, die akkurat um kleine Glastische platziert wurden, versprühen einen Hauch von Edelbar-Atmosphäre. Davor steht - zu meiner Überraschung, da Katar islamisch geprägt ist - ein riesiger, mit goldenen und silbernen Kugeln behangener Weihnachtsbaum.
Der Rezeptionist nimmt meinen Reisepass entgegen, fasst die Buchung noch einmal zusammen und händigt mir schließlich die Öffnungskarte für mein Zimmer aus. Es könne morgens wegen der Baustelle "etwas lauter" werden, entschuldigt er sich im Voraus. Als ich mein Gemach erreiche, ist der Page samt Koffer bereits da. Er zeigt mir ein kleines Panel, mit dem ich das Licht ein- und ausschalten, den Service rufen und die Raumtemperatur regulieren kann.
Ein Eldorado für Kran-Liebhaber
Letzteres ist besonders wichtig, da die auf Hochtouren laufende Klimaanlage das Zimmer auf gefühlte fünf Grad heruntergekühlt hatte. Ich lasse mich ins Bett fallen und erfahre nach einer kurzen Nacht, was der Rezeptionist mit seiner Baustellen-Prophezeiung gemeint hatte. Es ist 7:30 Uhr, Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch den Vorhang, gleich vor meinem Zimmer wird gebohrt und gehämmert, was das Zeug hält.
Männer in Blaumännern und neongelben Warnwesten huschen emsig umher, die Szenerie ist gespickt mit Kränen und anderen Baumaschinen. Nach einer wohltuenden Dusche treffe ich mich mit meinen Reporterkollegen zum Frühstück, im Anschluss geht es mit dem Taxi, das ähnliche Temperaturen aufweist wie mein Zimmer zu Beginn (Klimaanlagen erfreuen sich offensichtlich auch im Winter enormer Beliebtheit in Katar), zum ersten öffentlichen Bayern-Training.
Der Weg zum Al Aziziyah Boutique Hotel, in dem die Mannschaft samt Mitarbeitern untergebracht ist, führt über mehrspurige, staubige Straßen. Halbfertige Brückenpfeiler, Bauzäune, Warnschilder und vor allem Kräne wohin das Auge blickt. Doha ist eine einzige Großbaustelle, es ist sicht- und spürbar, dass die WM ihre Schatten vorauswirft. Zu unserer Linken durchschneidet plötzlich das Khalifa International Stadium, eine von acht Austragungsstätten des Turniers, die Landschaft. Hier fand zuletzt, im Oktober 2019, die Leichtathletik-WM statt, die aufgrund der quasi nicht vorhandenen Stimmung sowie der hohen Temperaturen für reichlich Kontroversen gesorgt hatte. Dahinter ragt "The Torch", ein gemäß des Namens in Fackeloptik gehaltenes Luxushotel, 300 Meter in den Himmel.
Nach circa 15 Minuten haben wir unser Ziel erreicht, wir halten in der Einfahrt des opulenten Bayern-Hotels und werden mit unseren Akkreditierungen ausgestattet, die in den kommenden Tagen unseren Einlass gewährleisten. Nach einer Begrüßung seitens der Münchner Presseabteilung geht es raus auf die Trainingsanlage der Aspire Academy, die von Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge einst als "beste Trainingsanlage der Welt" gepriesen wurde.
© FC Bayern
FC Bayern in Doha: Perfekte Bedingungen mit sommerlichem Flair
Tatsächlich lassen die Bedingungen keine Wünsche offen, der Rasen ist perfekt gemäht und gewässert, alles ist hochmodern, Palmen allerorten lassen den kalten Winter in Deutschland schnell in Vergessenheit geraten. Wir sind hautnah dabei, wenn sich die Bayern-Stars aufwärmen, Torschussübungen absolvieren und in diversen Spielformen am Feinschliff für den Angriff auf Herbstmeister RB Leipzig arbeiten. Auch einige mitgereiste Fans aus München erfreuen sich an den Gegebenheiten, lachen, wenn Thomas Müller auf dem Feld einmal mehr den Spaßvogel gibt, applaudieren, wenn Philippe Coutinho einen Ball in den Winkel schlenzt oder Manuel Neuer die Kugel aus dem Eck fischt.
Anderthalb Stunden dauern die Mittagseinheiten, danach erfüllen die Spieler auf ihrem Weg zurück ins Hotel Autogramm- und Selfiewünsche. Täglich gegen 13 Uhr Ortszeit finden kleine Medienrunden statt, über deren Teilnehmer wir stets am Vorabend informiert werden. Ein über die restlichen fünf Tage immer wiederkehrender Ablauf, der es den Journalisten ermöglicht, sich mit den jeweiligen Redaktionen in der Heimat bestmöglich abzustimmen und der dazu beiträgt, das eigene Tagwerk zeitlich grob sondieren zu können. Aufstehen, duschen, Frühstück, Training, schreiben, Medienrunde, weiterschreiben, Abendessen, gegebenenfalls weiterschreiben, schlafen gehen. Viel Zeit, großartig um die Häuser zu ziehen, Land und Leute kennenzulernen, bleibt nicht.
Mit Ausnahme des Dienstags, an dem keine Medientermine für uns eingeplant sind, weil ohnehin alles im Zeichen der Vorstellung Oliver Kahns in der Allianz Arena steht. Drei Kollegen und ich haben uns im MIA Park, einer Erholungsanlage direkt am Wasser, verabredet. Das Areal ist mit zahllosen pedantisch sauberen Grünflächen gespickt, ein kleines Restaurant lockt mit günstigem Essen, Getränken und bequemen Sesseln mit Blick auf die Skyline. Alles an diesem - zugegebenermaßen retortenhaften - Ort vermittelt: Hier ist die Welt in Ordnung, die von den Medien thematisierten Missstände sollen in weite Ferne gerückt werden. Der perfekte Moment, ein Bier zu öffnen - eigentlich.
Wer in Katar dem güldenen Gerstensaft frönen möchte, wird recht bald feststellen, dass es sich dabei um ein schwieriges, beinahe unmögliches Unterfangen handelt. In der Öffentlichkeit ist es strikt verboten, Alkohol zu trinken, lediglich lizensierten Bars, Diskotheken und Hotels ist es erlaubt, Bier, Wein oder Gin auszuschenken. Vor einem Jahr hat sich die Gemengelage für Trinkfreudige aufgrund der so genannten "Sündensteuer" noch einmal verschärft.
Kugelstoßerin Schwanitz prangert Bierpreis in Katar an
Umgerechnet 14 Euro muss man für einen halben Liter Bier in den autorisierten Etablissements berappen. Eine Tatsache, die während der Leichtathletik-WM von Kugelstoßerin Christina Schwanitz beanstandet wurde. "Hier kostet ein Bier fast 14 Euro. Die haben doch eine Meise - und einführen darf man auch nichts", sagte sie der ARD . "Dieses Jahr ist es das erste Mal in meiner kompletten Karriere, dass ich einen Wettkampf ohne Alkohol bestreite. Das ist fürchterlich."
Schwanitz' Aussage hatte schnell einen gewissen Kult-Charakter und sorgte sicherlich für Lacher. Hinsichtlich der Weltmeisterschaft, bei der erfahrungsgemäß gerne der eine oder andere Liter in die durstigen Fan-Schlünde fließt, könnte die prekäre Alkoholsituation in Katar aber zu einem Problem werden. Besonders in dem Wissen, dass sich abertausende Schlachtenbummler sämtlicher Nationen im Epizentrum Doha aufhalten werden, in dessen Dunstkreis alle acht Spielstätten verortet sind.
Helmut Spahn, Sicherheitschef bei der FIFA, sieht in dem konzentrierten Fanaufkommen nicht nur Nachteile: "Dadurch ist dieses Land besser zu kontrollieren als zum Beispiel ein Riesenland wie Russland", sagte er der Sportschau und hob positiv hervor, dass auf die Anhänger weniger Kosten zukommen: "Du musst einen Flug buchen, dann bist du hier. Und du brauchst ein Hotelzimmer, von dort aus kannst du alle Spiele besuchen."
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FIFA-Sicherheitschef stellt Fanzonen und billigere Bierpreise in Aussicht
Bezugnehmend auf das Alkoholverbot erklärte Spahn, dass die FIFA in Zusammenarbeit mit den Organisatoren sicherstellen wolle, "dass Fußballfans, die gerne ein Bier trinken", dies auch tun können. Eigens für die WM eingerichtete Fanzonen sollen den Gästen die Gelegenheit bieten, Alkohol zu konsumieren. "Und man wird auch beim Preis noch mal nachjustieren", stellte der 58-Jährige in Aussicht. Ein kleiner Hoffnungsschimmer am Horizont für alle Bier-Aficionados, die planen, das Turnier im November 2022 zu besuchen. Spahn machte überdies aber auch deutlich: "Wir können nicht immer unsere Kultur überstülpen und sagen: Okay, Alkohol gehört zum Sport. Man könnte eigentlich ein gegenteiliges Argument aufmachen." Ob die vielen WM-Besucher aus aller Herren Länder diese Ansicht teilen werden, ist mindestens fragwürdig.
Unsere Gruppe bleibt im MIA Park jedenfalls bierlos. Egal, es ist ohnehin Zeit fürs Abendessen. Wir fahren mit dem Taxi (fünf Grad, Klimaanlage bis auf Anschlag) zurück ins Hotel und schmieden Ausgeh-Pläne. Der Fahrer, der Augenblicke zuvor beinahe in einen Pickup gekracht wäre, erfreut sich an unserer Sprache, sie klinge "lustig", wie er sagt. Er redet gebrochenes Englisch, unsere Fragen zu seiner Arbeit als Taxifahrer in Katar bügelt er souverän und lächelnd ab. Wieder im Hotel angekommen, entschließen wir uns, ein Restaurant in der Nähe zu suchen. Nach zwei Minuten Fußweg hat die Gegend plötzlich nicht mehr viel mit dem schillernden und prachtvollen Doha gemein. Über eine sandige Baustelle, auf der zwei Arbeiter mit Eimern herumhantieren, geht es in die nächste Seitenstraße.
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Doha: Eine Stadt mit zwei Gesichtern
Ein nicht sonderlich einladender McDonalds, der zwar geöffnet hat, sich aber ganz augenscheinlich noch im Bau befindet, ein kleines Einkaufszentrum, ein Dutzend Läden mit kaltem, weißem Neonlicht, die allesamt dasselbe Geschäftsmodell (Handyhüllenverkauf) verfolgen, bestimmen das Straßenbild. Es wirkt, als habe jemand diesen Teil der bunten Metropole mit einem grauen Schleier überzogen.
Wir gehen zu einem Imbiss, der ähnlich kalt und grell ausgeleuchtet ist wie die Handyhüllenläden nebenan. "Sieht zwar nicht toll aus, aber schmeckt fantastisch", versichert mein Kollege, der die Bayern schon zum vierten Mal nach Katar begleitet. Er hat recht. Für 40 Katar-Riyal pro Kopf, was ziemlich exakt zehn Euro entspricht, bekomme ich zwei vorzügliche Vorspeisen und im Anschluss einen herausragenden Shawarma-Kebap. Grund genug, dass der Laden nachfolgend zu unserem Stammlokal avanciert.
Restlos gesättigt machen wir uns gegen 23 Uhr Ortszeit auf, fahren ins Diplomatenviertel, das im Nordwesten der Stadt liegt. Eine andere, eine bonbonfarbene Welt. In einer der vielen hochgezogenen Nobelherbergen kehren wir ein, um schließlich doch noch in den Genuss eines 14-Euro-Bieres zu kommen. Es werden zwei. In München wären dafür sieben zu haben gewesen, in meiner Heimatstadt elf. Bitter. Da es am nächsten Morgen schon im Bayern-Trainingslager weitergeht, kommt eine feuchtfröhliche Nacht ohnehin nicht infrage.
Die Woche in Katar vergeht für mich wie im Flug. Nach sechs aufreibenden Tagen und Nächten stehe ich am Freitag um fünf Uhr vor dem Hotel und warte auf meinen Kollegen, während die anderen Mitstreiter noch schlafen. Sie werden erst am Nachmittag gen Deutschland zurückkehren und die Bayern noch abschließend nach Nürnberg begleiten, wo ein Testspiel gegen den Club steigt. Als ich im Flieger sitze, lasse ich das Erlebte Revue passieren. Ein interessanter Trip mit vielen Eindrücken. Ich hätte mir gewünscht, mehr mit den Menschen vor Ort in Kontakt zu treten, was wegen fehlender Zeit aber nicht zu bewerkstelligen war.
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Beckenbauer sah "keinen einzigen Sklaven" - und erntete Kritik
Franz Beckenbauer sagte vor sechs Jahren: "Ich habe noch keinen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Ich weiß nicht, woher diese Berichte kommen. Ich war schon oft in Katar und habe deshalb ein anderes Bild, das - glaube ich - realistischer ist." Der Kaiser wurde dafür berechtigterweise kritisiert, das sollte nach den reichlich vorhandenen Investigativ-Berichten über den WM-Ausrichter und den Einschätzungen der zuständigen Menschenrechtler klar sein.
In der kurzen Zeit, die ich in Doha verbracht habe, entstand für mich das subjektive Bild eines Staates, der sich nach außen aufgeschlossener präsentieren möchte, darum bemüht ist, für die anwesenden Touristen den schönen Schein zu erhalten. Inwiefern diese Wahrnehmung bröckelt, wenn man an der Oberfläche kratzt, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich kann nur denjenigen Gehör schenken, die die Missstände am eigenen Leibe erfahren haben.
Betroffene sehen kaum Verbesserungen
Eine Woche, nachdem der FCB sein Trainingslager in Katar beendet hat, sprechen zwei nepalesische Wanderarbeiter, die auf Einladung des Fanclubs "Club Nr. 12" und mithilfe der Rosa-Luxemburg-Stiftung nach München gekommen sind, um von den widrigen Arbeitsbedingungen zu erzählen. Bei der Podiumsdiskussion "Katar, Menschenrechte und der FC Bayern - Hand auf, Mund zu?" schildern sie ihre Erlebnisse, sprechen stellvertretend für fast zwei Millionen Arbeitsmigranten.
Sie sagen, dass von den Reformen und Verbesserungen, die eingangs skizziert wurden, kaum etwas bei den Betroffenen ankäme. Weil nur wenige Arbeitgeber um Anwendung bemüht seien und die Arbeitnehmer nicht um ihre neuen Rechte wissen würden. Der Fanclub hatte auch Vertreter des FC Bayern zu der Diskussion geladen. Der für den Verein reservierte Stuhl bleibt an diesem Abend aber leer.