"Mindestens zwei" neue Spieler brauche er noch, hatte Trainer Hansi Flick ob der anhaltenden Verletzungsproblematik des FC Bayern München neulich fordernd angemerkt. Für exakt zwei aktuelle Spieler ist diese Verletzungsproblematik unterdessen eine große Chance: für die beiden 20-jährigen Michael Cuisance und Jann-Fiete Arp.
Beide kamen im vergangenen Sommer als Perspektivspieler mit Bundesligaerfahrung zum FC Bayern (vom Hamburger SV und Borussia Mönchengladbach) und leben dort seitdem in einer Mischform: Sie sind einerseits weniger als gestandene Profis, aber andererseits mehr als aufstrebende Nachwuchsspieler. Sie sind also genau die Spieler, die so eine Verletzungsproblematik bei den Profis nutzen sollten.
"Unser Kader ermöglicht es, dass auch junge Spieler so große Chancen haben, wie vielleicht selten zuvor beim FC Bayern", sagte Arp neulich bei Sport1 . "Ich freue mich, wenn die verletzten Spieler wieder zurückkommen, aber Ausfälle öffnen auch immer wieder neue Türen."
Flick kritisiert Mannschaft: "Einen Ticken überfordert"
Als der FC Bayern am Samstag für das einzige Testspiel seiner Wintervorbereitung beim 1. FC Nürnberg gastierte, war die Tür dann tatsächlich offen. Flick schickte in der ersten Halbzeit seine verbliebenen gestandenen Profis aufs Feld, wechselte zur Pause beim Stand von 1:1 aber komplett durch.
Arp und Cuisance waren fortan, neben Torhüter Sven Ulreich, die bekanntesten unter den Unbekannten auf dem Platz. Statt sich aber für Einsätze beim Rückrundenauftakt am Sonntag bei Hertha BSC zu empfehlen, gingen sie mit der restlichen Mannschaft unter. In der zweiten Halbzeit folgten vier weitere Gegentore, der FC Bayern verlor letztlich 2:5 und Flick merkte an, dass die Spieler "einen Ticken überfordert" gewesen seien.
Jann-Fiete Arp: Drei Pässe, null Schüsse
Arp war zunächst auf dem rechten Flügel einen Ticken überfordert und später auch neben Joshua Zirkzee im Sturmzentrum. Während seinen 45 Minuten auf dem Platz berührte er den Ball lediglich zehn Mal, genau drei Pässe und genau null Schüsse kamen dabei heraus. Arp war im Spiel ähnlich unscheinbar wie beim vorangegangenen Trainingslager in Doha, wo er bei Trainingsspielen sichtlich Schwierigkeiten hatte, mit dem Tempo der Kollegen mitzuhalten.
Während der Hinrunde hatte sich Arp gezwungenermaßen noch kaum ans Mannschaftstraining gewöhnen können. Zunächst fehlte er krank, dann wegen eines Kahnbeinbruchs in der linken Hand und anschließend wegen einer knöchernen Absprengung der Speiche im linken Unterarm verletzt.
Genutzt hat er diese Mannschaftstrainings-Abstinenz anfangs immerhin, um ein enges Verhältnis zum damaligen Co-Trainer Flick aufzubauen. "Ich habe mit ihm öfter zu zweit trainiert, wenn ich nicht mit der Mannschaft trainieren konnte", sagte Arp. "Er hat mir klargemacht, dass ich Ruhe mitbringen und ich mir nicht den großen Druck machen soll."
Michael Cuisance: Verschossener Elfer in Nürnberg
Auch Cuisance litt in der Hinrunde unter wiederkehrenden Verletzungsproblemen. Mal war es die Leiste, mal das Sprunggelenk. Ansonsten hätte Cuisance laut Flick "den einen oder anderen Einsatz mehr" bekommen. So blieb es bei zwei Einwechselungen in der Bundesliga für insgesamt 30 Minuten und einigen Startelfeinsätzen für die Reservemannschaft in der 3. Liga.
Mit seiner Leistung in der zweiten Halbzeit in Nürnberg empfahl er sich kaum für weitere Einsätze. Cuisance agierte im zentralen Mittelfeld, verzeichnete dort zwar eine gute Passquote, aber auch eine verheerende Zweikampfquote von unter 20 Prozent. Seine elf Ballverluste waren die zweitmeisten auf Seiten des FC Bayern. Als dem FC Bayern ein Elfmeter zugesprochen wurde, übernahm er Verantwortung - und verschoss. Nach solchen Negativerlebnissen hadert Cuisance sichtlich, sie scheinen ihm sehr zuzusetzen.
Dieses Verhalten war auch schon beim Trainingslager in Doha zu beobachten. Cuisance fehlte da manchmal die nötige Leidenschaft und Präsenz, die nötige Körpersprache. Was ihm jedoch nicht fehlt, das ist fußballerisches Talent. "Er ist am Ball sehr stark und hat ein gutes Spielverständnis", lobte Flick in Doha. "Er kann im Training gut mithalten."
Doch das reicht noch nicht, um die durch die Verletzungsproblematik entstandene große Chance zu nutzen - und durch die aktuell offene Türe zu gehen.