Marino Vanhoenacker sitzt schweigend in der Mitte des Podiums und lächelt milde. Es ist Tradition geworden, dass wenige Stunden vor dem Ironman am Sonntag die aussichtsreichsten Sieganwärter offiziell vorgestellt werden. Nicht einmal ansatzweise wird daran gezweifelt, dass dem belgischen Triathleten der achte Sieg bei seinem achten Start in Klagenfurt zu nehmen sein wird. Die Konkurrenten von denen der 39-Jährige flankiert wird, wirken fast ehrfürchtig. Als Legende will Vanhoenacker trotzdem nicht gelten.

Überhaupt versucht er, die Favoritenrolle sogar etwas zur Seite zu schieben. Es gelingt ihm nicht wirklich. Vanhoenacker verweist darauf, was bekannt sein dürfte: „Ein Ironman hat eigene Gesetze. An so einem Tag kann alles passieren“, erklärt er. Doch er dürfte letztendlich selbst nicht daran zweifeln, dass tatsächlich ein anderes Prozedere eintreten könnte, als „Sieger Vanhoenacker“.

Fragender Blick

Der Belgier, der Kärnten längst als seine zweite Heimat wertschätzt, gilt wohl als der große Gejagte. Allein: Es fehlen die Jäger. Als sein Landsmann Burt Aernouts anklingen lässt, dass er sich vielleicht und eventuell an die Fersen des Favoriten heften möchte, erntet er einen fragenden Blick Vanhoenackers, der sein Selbstvertrauen wie Vanilleeis auf einem Griller schmelzen lässt. Der Brasilianer Thiago Vinhal zeigt hingegen mehr Fingerspitzengefühl. Diplomatisch weicht er den Fragen aus und betont dafür charmant: „Ich werde vielleicht nicht der schnellste Athlet sein. Zumindest aber der Glücklichste, weil ich bei diesem wunderschönen Rennen hier starten darf.“

Aus rot-weiß-roter Sicht gilt Michael Weiß wohl als größter Lichtblick. Zukunftshoffnung Paul Reitmayr mischt erstmals auf der Langdistanz mit.

Ironman: Die Erwartungen der Favoriten

Als ähnliches Kaliber wie Vanhoenacker erweist sich Mirinda Carfrae. Bei ihrem ersten Europa-Auftritt dürfte ihr der Sieg kaum zu nehmen sein. Die Australierin gilt als große Gejagte. Nicht nur aufgrund ihrer Referenzen von drei Weltmeistertiteln auf Hawaii. Unterstützung erhält die 35-Jährige nicht nur vom Veranstalter, der ihr zwei Betreuer zur Seite gestellt hat. Carfraes Ehemann und Ironman-Athlet Timothy O’Donnell steht mit Rat und Tat zur Seite. Vor allem Tat: „Er ist mein Wasser-Träger“, scherzt sie.

Ob ein neuer Weltrekord aufgestellt werden kann, hängt speziell von der Witterung ab. Wenngleich Christian Kresse (Kärnten Werbung) einen zusätzlichen Anreiz bietet: „Wem das gelingt, darf so lange gratis in Kärnten Urlaub machen, solange der Rekord gültig ist.“

Dieser Satz ließ sogar die Augenbrauen von Carfrae und Vanhoenacker nach oben schnellen.

MARTIN QUENDLER