Im Morgengrauen zu schwimmen, mag ja eine romantische Vorstellung sein. Ganz allein im sommerlich-warmen Wörthersee, wenn die Sonne am Horizont hervorblinzelt und das spiegelglatte Wasser nur von bedächtigen Tempi durchpflügt wird. Das lädt zum Träumen ein. Nicht jedoch bei den „Eisernen“. Sie müssen in aller Herrgotts-Früh (um etwa 7 Uhr) in die Fluten hüpfen. 3,86 Kilometer Schwimmstrecke vor der Brust, ein Abenteuer vor ihren Augen.

So ähnlich ergeht es auch mir. Ein Anflug von Verzweiflung soll vor dem Test der Ironman-Schwimmstrecke jedoch nicht unerwähnt bleiben. Wasseraktivitäten verstehe ich als reine Abkühl-Maßnahmen. Ernstzunehmend gekrault hatte ich zuletzt, als mir das Abzeichen des „Fahrtenschwimmers“ verliehen wurde. Unzureichend drückt meine Trainingsvorbereitung noch schmeichelnd aus.

Superheld in Mattschwarz

Mit müden Knochen (unruhiger Schlaf aufgrund von Nervosität) und flauem Magengefühl (Spiegelei und Kaffee zum Frühstück) empfängt mich Ironman-Rennstreckenchef Georg Findenig. Der Klagenfurter hält mir zu Begrüßung einen Neopren-Anzug entgegen. Prompt erfolgt der erste Fauxpas: verkehrt angezogen, Reißverschluss brustseitig. Seine Gedanken muss Findenig nicht laut aussprechen, es reicht seine Miene: „Der schafft das nie!“ Es sollte nicht lange dauern, bis diese Erkenntnis auch mich erreicht.

Nach dem nächtlichen Gewitter hat es merklich abgekühlt. Für einen Schönwetterschwimmer wie mich, der prinzipiell erst ab der 20-Grad-Marke den Sprung ins Wasser wagt, erweist sich dieser Neoprenanzug als pures Geschenk. Nicht nur aufgrund seiner wärmenden Funktion. Am Steg fühlt man sich wie ein Superheld in Mattschwarz.

Husten und Prusten

Quasi hermetisch abgeriegelt erfolgen unter den Augen und Anweisungen des Schwimmtrainers die ersten Kraulversuche. Von einem Superhelden ist keine Spur mehr. Starker Wind lässt riesige Wellen im Gesicht brechen, die Bewegungen ähneln einem Hund. „Für den Rhythmus ist es wichtig, unter dem Wasser auszuatmen“, meint der Boss im Beiboot. Irgendwie logisch.

Doch im Wasser herrschen eigene Gesetze. Zu jedem Atemzug gesellen sich literweise Wörthersee was lautes Husten und Prusten zur Folge hat. In Mund und Nase hinterlassen die Wassermengen ein unangenehmes Kratzen. Die Lungen brennen. Kurzum: Es ist zum Weinen. Nun erweist sich auch der Neopren-Anzug nicht mehr ganz so vorteilhaft. Der Brustkorb fühlt sich mit jedem Armzug an, wie in einem enger werdenden Schraubstock.

Ironman: Wie hart ist das Schwimmen?

Viel schlimmer ist allerdings, dass hinter mir erst mickrige sieben, acht Meter liegen. Wie die 3,86 Kilometer bewältigt werden sollen, bleibt ein Rätsel. Aussichtslosigkeit führt zur bitteren Aufgabe. Veränderte Taktik (klassischer Brustzug) lässt mich wenigstens zum rettenden Eisengeländer des Steges zurückkehren. Eigentlich ist es heller Wahnsinn, dass sich Jahr für Jahr Ungeübte beim Ironman versuchen und später aus dem Wasser gezogen werden müssen.

Das konnte ich gerade noch verhindern. Das rettende Ufer wurde aus eigener Kraft erreicht. Aber ich habe ja auch das „Fahrtenschwimmer“-Abzeichen.

MARTIN QUENDLER