Nach dem Gewinn des 23. Grand-Slam-Titels bei den French Open hat Roger Federer den neuen Rekord-Champion Novak Djokovic in den höchsten Tönen gelobt. "Es ist schier unglaublich", sagte Federer am Mittwoch beim Tennisturnier in Halle in einer Medienrunde über den Serben. "Was er gemacht hat, ist natürlich absolut gigantisch", sagte der 41-jährige Schweizer, der im vergangenen September seine Karriere beendet hatte und nun endlich Zeit zum Skifahren hat.
Im Winter stand Federer seit langer Zeit wieder auf Skiern. Was für einen Schweizer eigentlich alltäglich ist, hatte Federer jahrelang aus Angst um seine Gesundheit nicht gekonnt. Nach dem Ende seiner Karriere genoss der 41-Jährige die Zeit im Schnee in vollen Zügen. "Ich stand zuletzt 2008 auf Skiern. Dann sind die Kinder auf die Welt gekommen, und die haben mich nie Ski fahren gesehen. Von daher war das für mich wirklich ein Traum, mit ihnen auf die Piste zu gehen", sagte Federer.
Ersten Auftritt nach Karriereende
In Halle absolviert der "Maestro" seinen ersten Auftritt bei einem Turnier, seit er im September beim Laver Cup seine eindrucksvolle Karriere beendet hatte. Danach zog sich Federer ein bisschen aus der Öffentlichkeit zurück, obwohl es zahlreiche Anfragen von Sponsoren, Turnieren und Medien gab. Allein bei seiner Stiftung seien innerhalb von sechs Monaten 1200 Anfragen eingegangen, berichtete die langjährige Nummer eins der Welt. "Vielleicht lag der Fehler auch ein bisschen bei mir. Weil ich vielen Leuten gesagt habe, meldet euch, wenn ich aufgehört habe. Und jetzt kommt eben die Welle rein", sagte er mit einem Schmunzeln.
Gut gelaunt, gelöst und gelassen präsentierte sich Federer neun Monate nach dem Ende seiner Karriere. Der Schritt in den Ruhestand sei ihm nicht besonders schwergefallen, sagte er. In den letzten Jahren seiner Laufbahn wurde er immer wieder von Knieverletzungen zurückgeworfen. Dreimal musste sich Federer am Knie operieren lassen, noch heute ist der Körper noch nicht wieder hundertprozentig hergestellt. "Klar würde man das vielleicht gerne noch einmal erleben. Aber solange man weiß, dass der Körper das nicht auf diesem Level kann, hast du auch nicht das Bedürfnis, draußen auf dem Platz zu stehen", sagte Federer, der sich aktuell selbst für einen Showkampf nicht bereit fühlen würde.
Stattdessen rücken andere Dinge in den Mittelpunkt, wie eben Skifahren mit seiner Familie, Reisen oder Zeit für die eigene Stiftung. "Da sind einfach viele Dinge, die man im Tour-Alltag nicht machen kann, weil keine Zeit da und alles irgendwie vorgezeichnet ist." Zuletzt zog es die gesamte Federer-Familie nach Lesotho, wo sich die Roger Federer Foundation um benachteiligte Grundschulkinder kümmert. "Es war sehr berührend, die Kinder einmal selbst zu treffen."
Keine Langeweile in der Tennis-Pension
Langweilig wird dem 20-maligen Grand-Slam-Turnier-Sieger nicht. "Es macht Spaß, weil kein Tag so ist wie der andere." Das aktuelle Tennisgeschehen hat er dennoch weiter im Blick. "Ich bin überrascht, wie viel mir die Resultate bedeuten", sagte Federer, der in seiner Karriere 103 Turniere gewonnen hat. "Ich schaue nicht ganze Matches, sondern nur Highlights. Aber ich bin immer vier-, fünfmal am Tag dabei und checke die Ergebnisse. Das hätte ich nie gedacht, dass mich das so interessieren würde."
Auch den French-Open-Sieg von Djokovic hat Federer natürlich mitbekommen. Bei der Frage, ob der Serbe nun der größte Tennisspieler der Geschichte sei, hielt sich Federer aber bedeckt. "Es ist schwierig zu sagen. Die ganze Diskussion ist schwer zu beantworten. Ich habe zu einem Freund gesagt: Was ist denn schwieriger – mit 17 Wimbledon zu gewinnen wie Boris Becker oder mit 36 die French Open wie Novak? Ich weiß es nicht", sagte Federer, der den Tennissport mit seiner Leichtigkeit und Eleganz selbst geprägt hat wie kaum ein anderer – und damit auch ein Kandidat für den Titel "Bester Spieler der Geschichte" ist.