Als Dominic Thiem den Außenplatz Nummer sechs betrat, wurde der Österreicher von tosendem Applaus und „Dominic“-Sprechchöre empfangen. Ja, das tennisaffine französische Publikum hat nicht vergessen, welch’ heroische Leistungen der Österreicher bereits in Roland Garros serviert hat. Zweimal Finale (2018, 2019), zweimal Halbfinale (2016, 2017) – schöne Erinnerungen an vergangene Tage, die Thiem niemand mehr nehmen kann. Allerdings liegt die Betonung auf „vergangen“, denn von den damaligen Darbietungen ist der mittlerweile 29-Jährige noch weit entfernt.
Vor den Augen von Skisprung-Weltmeister Stefan Kraft und dessen Frau Marisa, die in Paris ihre sechswöchige Weltreise ausklingen lassen („Jetzt ist es wieder Zeit, sich dem Training zu widmen“), nahm Thiem seine Anhänger gegen den Argentinier Pedro Cachin auf eine wahre Tennis-Achterbahn mit. Ließ der 17-fache Turniersieger zwischendurch immer wieder seine alte Klasse aufblitzen, dominierten großteils jedoch teils haarsträubende Eigenfehler. Das Resultat eines unübersehbaren Mangels an Selbstvertrauen. Doch woher sollte es der Niederösterreicher auch haben?
84 unerzwungene Fehler
Hoffnung keimte auf, als Thiem beim Stand von 3:6, 2:6, 5:6 und Aufschlag Cachin den dritten Durchgang überraschend noch mit 7:6 für sich entscheiden konnte. Viermal konnte der Österreicher bis dato einen 0:2-Satzrückstand wettmachen, ein fünftes Mal sollte es Thiem an diesem Tag jedoch nicht gelingen. Zwar sicherte er sich auch den vierten Satz mit 6:4, doch riss der Faden im Entscheidungssatz (2:6) auf unerklärliche Weise wieder völlig. Und so war nach 3:48-Stunden und 84 unerzwungenen Fehlern die bittere Niederlage besiegelt. Damit setzte es für den Lichtenwörther in Roland Garros die dritte Erstrundenniederlage in Serie und die fünfte in Folge bei einem Grand Slam.
Die vergangenen Wochen waren laut Thiem mit Neo-Trainer Benjamin Ebrahimzadeh darauf abgestimmt, bei den French Open voll da zu sein. Und der US-Open-Sieger 2020 hatte hier in Paris auch betont, bereit zu sein. Doch bei allem Respekt vor Cachins Leistung – er war es nicht. „Es ist eine der schmerzhaftesten Niederlagen seit Langem. Die ersten beiden Sätze waren verkrampft, dann habe ich gut zurückgefightet, am Ende aber den letzten Schritt nicht geschafft und mich nicht belohnt. Es ist eine Frage des Selbstvertrauens. Ich habe die letzten eineinhalb Jahre meinen Job nicht richtig gemacht, die letzten sechs Wochen aber sehr wohl. Doch diese Zeit hat noch nicht gereicht, um solche Matches zu gewinnen“, resümierte Thiem enttäuscht.