Titelverteidiger Rafael Nadal ist am Mittwoch in der zweiten Runde der Tennis-Australian-Open ausgeschieden. Der Spanier unterlag Mackenzie McDonald 4:6,4:6,5:7. Der US-Amerikaner beherrschte Nadal im Eröffnungssatz, im zweiten Durchgang zog sich der Favorit bei einem langen Schritt eine folgenschwere Verletzung im Hüftbereich zu. Danach schleppte sich der Grand-Slam-Rekordsieger mehr oder weniger nur noch bis zum Matchball. Die Partie war nach 2:32 Stunden beendet.
"Ich wollte nicht aufgeben, ich bin der Titelverteidiger hier. Bis zum Ende alles geben, egal wie groß die Chancen stehen, ist die Philosophie des Sports", sagte Nadal. Leichte Hüftprobleme hätte er schon vorher gehabt: "Ich hatte Behandlungen, aber es war nicht so ein großes Problem. Jetzt fühle ich mich, als könnte ich mich nicht bewegen." Er sei "ermüdet" und "frustriert", dass das Zurückkehren von Blessuren so einen großen Teil seiner Karriere ausmachen würde: "Ich kann einfach nicht sagen, dass ich im Moment mental nicht zerstört bin, denn dann würde ich lügen."
Schon vor der Verletzung großer Frust
Nadal hatte schon vor seiner Verletzung frustriert gewirkt. Er schimpfte mit der Stuhlschiedsrichterin, auf der Bank schlug er nach einem kassierten Break mit der Hand gegen seinen Schläger. Verletzt humpelte er dann mit schmerzverzerrtem Gesicht zur Bank, wo er sich kurz im oberen Bereich des linken Beins kurz behandeln ließ. Danach verschwand er für eine medizinische Auszeit in die Kabine. Ehefrau Xisca hatte Tränen in den Augen. Das enttäuschende Ende war absehbar.
Nadal hatte im Match schon vor seiner Verletzung frustriert gewirkt. Nachdem die Verletzung im oberen Bereich des linken Beins kurz behandeln worden war, verschwand er für eine medizinische Auszeit in die Kabine. Ehefrau Maria Francisca Perello hatte Tränen in den Augen. McDonald schien mit der Situation überfordert, in seinem bis dahin starken Spiel gab es einen Bruch. Doch er fing sich wieder. Für Nadal ist es das frühestes Out bei diesem Major seit 2016. Er verlor nun sieben seiner jüngsten neun Einzel, das war ihm zuletzt 17-jährig 2003/2004 passiert.
Der nun 36-Jährige hatte vor einem halben Jahr beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon verletzungsbedingt sogar aufgeben müssen. Damals war er zum Halbfinale gegen den Australier Nick Kyrgios wegen eines Risses des Bauchmuskels nicht angetreten. Nadal leidet zudem seit Jahren unter chronischen Fußschmerzen, deswegen hatte er nach eigenen Angaben vor nicht allzu langer Zeit schon über einen Rücktritt nachgedacht. "An den meisten Tagen war ich traurig, ich hatte die Freude am Tennisspielen verloren. Deshalb dachte ich, ich müsste mich zurückziehen", hatte er kürzlich der spanischen Zeitung "Marca" gesagt.
Durch das Aus von Rafael Nadal ist das Rennen um die Weltranglistenführung nach diesem Grand-Slam-Turnier offener geworden. Nadal selbst fallen fast alle 2022 gewonnenen Punkte aus der Wertung, er verlässt die Top fünf. Sein voranliegender, verletzt fehlender spanischer Landsmann Carlos Alcaraz kann nur warten, wie die sonstige direkte Konkurrenz abschneidet. Diese wird durch Casper Ruud, Stefanos Tsitsipas und Novak Djokovic gebildet.
Der Grieche Tsitsipas müsste für die Übernahme der Weltranglistenführung Ende nächster Woche seinen ersten Grand-Slam-Titel holen, Djokovic seinen zehnten Australian-Open- bzw. 22. Major-Gewinn realisieren. Mit Letzterem würde der Serbe mit Nadal gleichziehen. Ruud reicht der Finaleinzug, sofern Tsitsipas nicht das Turnier gewinnt. Auf Djokovic könnte der Norweger in der unteren Rasterhälfte schon vor dem Endspiel treffen. Tsitsipas ist in der von Nadal nun verlassenen oberen Rasterhälfte. Sollte das genannte Trio auslassen, geht Alcaraz als Nummer eins in den Februar.
Gauff siegte im Duell der Jungstars
Das interessanteste Frauen-Match des Tages war das Duell der 18-jährigen Coco Gauff (7) mit der 20-jährigen Emma Raducanu. Die Britin ließ bei einer 5:4-Führung im zweiten Durchgang die Chance zum Satzausgleich aus und verlor gegen Gauff letztlich 3:6,6:7(4). "Ich habe mir da einfach nur gesagt, ich muss dranbleiben", sagte Gauff danach über ihren 100. Sieg auf der Tour. Diesen Meilenstein erreichte sie als erste Spielerin vor ihrem 19. Geburtstag (13. März) seit der Dänin Caroline Wozniacki 2009. Raducanu war vor dem Turnier verletzt, bot nun aber eine respektable Leistung.
In den ersten Partien des Tages hatte die topgesetzte Iga Swiatek die Kolumbianerin Camila Osorio 6:2,6:3 besiegt. Mit Jessica Pegula und Maria Sakkari gaben sich auch die Nummern drei und sechs des Turniers keine Blöße. Die US-Amerikanerin gewann gegen die Weißrussin Aliaksandra Sasnowitsch 6:2,7:6(5), die Griechin Sakkari gegen die Russin Diana Shnaider 3:6,7:5,6:3. Die Tschechin Petra Kvitova schied hingegen aus.
Das 5:7,4:6 der zweifachen Wimbledon-Siegerin, als Nummer 15 eingestuft, gegen die Ukrainerin Anhelina Kalinina war lange das letzte Frauen-Ergebnis am dritten Turniertag. Denn auf den Außenplätzen sollte der Spielbetrieb erst nach mehr als sechseinhalb Stunden gegen 17.30. Uhr Ortszeit (7.30 Uhr MEZ) allmählich aufgenommen werden. Regen bei nur rund 16 Grad hatten auf den Frei-Courts keine Matches zugelassen. Einige Erstrunden-Partien müssen noch fertiggespielt werden, da das am Vortag wegen Hitze und dann auch wegen Regens nicht möglich gewesen war.
Swiatek war gegen Osorio 4:0 vorangelegen, als die Südamerikanerin plötzlich erheblich mehr Druck auf die Titelfavoritin ausübte. "Es war physisch wirklich intensiv", sagte Swiatek nach dem Aufstieg. "Camila ist nach jedem Ball gelaufen, sie hat mir nicht viele freie Punkte gelassen." Tatsächlich in Bedrängnis war Sakkari, gegen die 18-jährige Russin Shnaider kam die Hellenin nach Satzrückstand erst nach mehr als zweieinhalb Stunden zum Sieg. "Sie sollte ihr College-Dasein aufgeben und Profi werden", riet Sakkari ihrer Gegnerin im Interview.
Pegula spielte mit einer Nummer 3 auf ihrem T-Shirt, um ihre Unterstützung mit Damar Hamlin auszudrücken. Der Football-Profi der Buffalo Bills hatte am 2. Jänner in einer NFL-Partie einen Herzstillstand erlitten, der Verteidiger ist aber auf dem Weg der Besserung und hat das Krankenhaus vor einer Woche wieder verlassen. Pegulas Eltern Terry und Kim sind die Besitzer der Buffalo Bills. "Er (Hamlin, Anm.) hat sich erholt, das ist toll zu sehen", sagte ihre Tochter erfreut.
Sinner gab sich keine Blöße
Der Italiener Jannik Sinner (Nr. 15) gab sich mit einem 6:3,6:2,6:2 gegen den Argentinier Tomas Martin Etcheverry keine Blöße. Sinner hat bei allen Grand Slams schon das Viertelfinale erreicht, aber nicht mehr. Später kam auch der Kanadier Felix Auger-Aliassime (6) weiter, gegen den Slowaken Alex Molcan aber erst nach Zweisatzrückstand mit 3:6,3.6,6:3,6:2,6:2. In der wetterbedingten Warteschleife waren u.a. die Österreicher Alexander Erler/Lucas Miedler vor ihrem Grand-Slam-Debüt im Doppel gestanden. Sie treffen auf Rohan Bopanna/Matthew Ebden (IND/AUS-10).
Die lange Regenpause hatte ein Flitzer zu einem Auftritt genutzt. Der Mann entledigte sich bis auf Unterhose, Socken und Schuhe seiner Kleider und lief auf dem nassen Platz 7 mit ausgebreiteten Armen eine Ehrenrunde. Beim Schiedsrichterstuhl stoppte er und kletterte hinauf. Als ein Ordner angerannt kam, stieg der Flitzer schnell ab und zeigte den Daumen nach oben. Danach kletterte er über die Bande wieder in den Zuschauerbereich.