Nach der Niederlage im Wien-Achtelfinale gegen Daniil Medwedew hat Dominic Thiem seine Tennis-Saison doch überraschend vorzeitig beendet. Sein Saisonziel Top 100 wird sich damit voraussichtlich knapp nicht ausgehen, sehr wohl aber das Hauptfeldticket für die Australian Open im Jänner. Grund dafür ist die ATP-Arithmetik, wonach er nun in Wien anders als zuvor kommuniziert die vollen 45 Punkte anschreibt statt nur 25. Thiems Fokus liegt ab sofort auf der Vorbereitung für 2023.
Das Antreten am Wochenende per Wildcard in der Qualifikation des Masters-1000-Turniers von Paris-Bercy ist damit auch kein Thema, falls es das überhaupt jemals gewesen sein sollte. "Es war doch anstrengend die letzten Wochen", verwies Thiem auf sein zuletzt sehr dichtes Programm. "Ich habe seit Juli sehr viel gespielt. Daher ist die Saison vorbei für mich. Auch weil ich gute Nachrichten von der ATP erhalten habe. Ich habe 550 Punkte, da sollten sich die Australian Open ausgehen. Wenn ich das schaffe, ist es egal, ob ich (das Jahr, Anm.) in den Top 100 abschließe."
Keine Turniere, dafür intensive Vorbereitung
Mit seinem Team habe er beschlossen, dass seine Vorbereitung auf die nächste Saison darunter leiden würde, falls er noch zwei, drei Wochen etwa auf Challenger-Ebene anhängen würde. "Daher werde ich vollen Fokus auf die Vorbereitung legen, damit ich voll ready sein werde Anfang 23." Er werde nun zehn Tage bis zwei Wochen Urlaub machen und Mitte November zunächst mit einem kurzen Fitness-Block in die Vorbereitung starten. "Anfang Dezember werde ich in die Emirate fliegen, dort die Vorbereitung machen und von dort nach Australien."
In Asien habe er sechs bis sieben Exhibition-Matches Anfang Dezember - darunter in Saudi-Arabien - und dann noch einmal um die Weihnachtszeit eingeplant, so Thiem. Partien gegen Leute wie den Russen Karen Chatschanow, den Kroaten Borna Coric oder eventuell in Saudi-Arabien wieder gegen Medwedew oder den Deutschen Alexander Zverev seien das, was er benötige. "Das habe ich schon vor ein paar Jahren gebraucht, aber jetzt wahrscheinlich noch mehr, dass ich mit solchen Spielern die Vorbereitung mache."
2022 schließt Thiem nun ohne Titelgewinn auf der Tour ab, wie es schon 2021 der Fall war. Hatte er im Vorjahr aber nur bis Juni gespielt, ehe ihn die Handgelenksverletzung stoppte, war er heuer erst Ende März in Marbella eingestiegen. Er bilanziert heuer mit drei Halbfinaleinzügen - in Gstaad, Gijon und Antwerpen sowie auf Challenger-Ebene einem Finale in Rennes.
Medwedew nach Sieg gegen Sinner
Das Achtelfinale der Erste Bank Open gewann Daniil Medwedew in einer sehr gut mit Tennisfans gefüllten Wiener Stadthalle in 98 Minuten 6:3,6:3. Thiem muss so weiter auf die Rückkehr in die Top 100 warten, mit einem Sieg hätte er das Ziel erreicht. Medwedew trifft im Wien-Viertelfinale auf Jannik Sinner (7:5, 6:3 gegen Francisco Cerundolo).
Das sechste Duell der beiden war in den ersten sieben Games auf hohem Niveau, dem Publikum wurde großartiger Sport geboten. Thiem hielt seinem Nachfolger als US-Open-Sieger mit einer sehr guten Länge in seinem starken Schlag-Repertoire Paroli, ein Doppelfehler besiegelte aber den Aufschlagverlust zum 3:4. Der 29-Jährige ließ eine Breakchance auf das 4:4 aus, fortan verlor er die Präzision, den Satz und schließlich das Match. Im zweiten Satz war das Break des Jung-Vaters zum 3:1 vorentscheidend. Thiems Bemühen um das Rebreak blieb letztlich erfolglos.
Thiem hat "ein bisserl nachgelassen"
Dominic Thiem gab zu, dass er das hohe Tempo gegen Medwedew nicht mitgehen konnte. "Die ersten sieben, acht Games waren richtig gut, dann habe ich es nicht geschafft, das hohe Niveau durchzuspielen." Er habe "ein bisserl nachgelassen" und ist "einen Level abgefallen".
Medwedew sei ein extrem unangenehmer Gegner, der sich "für seine Größe sehr gut bewegt und jeden Ball so spielt, dass du eigentlich nichts drauf machen kannst", meint Thiem. Er erklärte nach der Niederlage, was ihm derzeit noch fehlt: "Ich erspiele mir gegen Topspieler zu wenige Breakchancen. Dann bin ich bei eigenem Aufschlag so sehr unter Druck, dass es nicht mehr reicht."
Schon vor dem Schlager des Tages waren bei diesem ATP-500-Event zwei Gesetzte ausgeschieden. Der Russe Andrej Rublew (3) unterlag dem Bulgaren Grigor Dimitrow ebenso 3:6,4:6 wie der Brite Cameron Norrie (7) dem US-Amerikaner Marcos Giron. Die beiden Sieger treffen nun am Freitag aufeinander. Der als Nummer fünf gesetzte Pole Hubert Hurkacz kam gegen den Finnen Emil Ruusuvori mit 7:5,4:6,6:3 weiter und könnte gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas (2) um ein Halbfinalticket spielen müssen.