Jahrelang bot sich den österreichischen Tennisfans beim Überfliegen der ATP- und WTA-Weltrangliste dasselbe Bild: Dominic Thiem hielt die rot-weiß-rote Fahne in den Top 100 zumeist einsam hoch, nach einer heimischen Dame suchte man in diesen Gefilden vergeblich. Zumindest nach dem 19. Jänner 2015. An diesem Tag beendete Yvonne Meusburger ihre Karriere und hinterließ eine Lücke, die (zu) lange nicht geschlossen werden konnte. Bis zum 12. September 2022. Denn seit dem vergangenen Montag bekleidet Julia Grabher Position 97 im Ranking – und kann damit einen Punkt von ihrer To-do-Liste streichen.
Es war kein kometenhafter Aufstieg, den die 26-Jährige seit ihrem Profidebüt im Jahr 2014 hingelegt hat, sondern viel mehr ein stetiger. Jahr für Jahr machte die Dornbirnerin, die für ihren Beruf vor drei Jahren nach Wien übersiedelt ist, sowohl spielerisch als auch in der Rangliste kleine Fortschritte, doch heuer scheint endgültig der Durchbruch gelungen zu sein. Zwei ITF-Turniere konnte die Sandplatzspezialistin 2022 bereits gewinnen, mit dem Sieg am vergangenen Sonntag beim WTA-Challenger im italienischen Bari feierte sie ihren größten Triumph. Doch es ist keiner, auf dem sich Grabher ausruhen will – ganz im Gegenteil. Bereits heute spielte die Rechtshänderin trotz Müdigkeit und Reisestrapazen 800 Kilometer Luftlinie weiter östlich beim Turnier in Bukarest und zog dort ins Achtelfinale ein.
„Diszipliniert“, so beschreibt sie auch ihr Trainer Günter Bresnik, bei dem die 26-Jährige in der Südstadt trainiert. „Sie hat über einen langen Zeitraum hart an sich, ihrem Spiel und an ihren Schwächen gearbeitet“, lobt der Star-Coach seinen Schützling und hebt vor allem die Vorhand und die Athletik hervor. Und was wünscht sich der 61-Jährige von Österreichs Nummer eins, die momentan auch die Männer in der Weltrangliste hinter sich lässt: „Dass sie konstant so weiterspielt und bei den nächsten vier Grand Slams im Hauptbewerb steht.“