Eine Stunde lang wirkte das Finale des Frauen-Turniers bei den US Open in New York wie eine Einbahnstraße in Richtung Sieg für Iga Swiatek. Letztlich musste die Nummer eins der Tenniswelt aus Polen dann doch ein wenig zittern, ehe der Erfolg gegen die Tunesierin Ons Jabeur, ab morgen die Nummer zwei der Tenniswelt, feststand: 6:2, 7:6 (5) hieß es am Ende für die 21-jährige Polin. Für Swiatek war der Triumph im Arthur Ashe Stadium der dritte Sieg bei einem Grand Slam Turnier, nachdem sie 2020 und in diesem Jahr schon in Paris gewonnen hatte. Und Ons Jabeur verpasste zum zweiten Mal nach Wimbledon die Chance auf den ersten Grand-Slam-Triumph für eine Afrikanerin.
Swiatek begann wie aus der Pistole geschossen und lieferte eine nahezu perfekte Vorstellung: Kaum Fehler, aggressiv und zielgenau ließ sie ein ums andere Mal eine schier ratlose und verzweifelte Gegnerin zurück. Nur einmal keimte in Satz eins auf - dann, als Jabeur das Break zum 2:3 gelang. Doch Siwatek zog das Tempo einfach noch einmal an, führte schon 6:2, 3:0 und war auf bestem Weg, den Siegespokal im Eilzugstempo abzuholen. Doch dann wurde Jabeur endlich lockerer, holte auf, wehrte bei 4:5 einen Matchball ab und zwang ihre Gegnerin sogar noch ins Tiebrak. Doch dort agierte Swiatek nach dem 4:5 abermals reif, machte drei Punkte in Serie - und holte sich als erste Polin den Sieg in New York.
"Ich hätte vor dem Turnier nicht daran geglaubt, dass das möglich ist", meinte Siwatek, "es war eine herausfordernde Zeit." Aber mit der Hilfe ihres Teams ("Sie haben mich getragen, mir geholfen, auch wenn ich manchmal stur bin. Aber ohne sie wäre ich nicht hier!") kämpfte sie sich ins Turnier. "New York", sagte sie, "das ist einfach anders. Dieses unglaubliche Publikum, der dauernde Lärm, die Stadt. Ich bin stolz, dass ich das alles in den vergangenen zwei Wochen gut gemanagt habe." Und wie - denn Swiatek, die nach dem Karriereende von Ashleigh Barty zu Saisonbeginn die Nummer eins der Welt geworden war und nach dem Karriereende von Serena Williams wohl die Last zu tragen hat, in die Rolle des Superstars zu schlüpfen, ist die erste Spielerin seit Angelique Kerber im Jahr 2016, die zwei Grand Slams in einem Jahr für sich entschieden hat.
Was das in Polen auslösen wird, wurde sie bei der Siegerehrung gefragt. "Ich weiß es nicht, ich muss einmal nachschauen", sprudelte es da aus ihr heraus - um zu ergänzen: "Aber wohl viel, denn es waren ja hier im Stadion schon sehr viele aus meiner Heimat." Swiatek, die mit ihren 21 Jahren unglaubliche Reife ausstrahlt, kann sich vorstellen, was los sein wird. Seit ihrem ersten Grand-Slam-Titel in Paris vor zwei Jahren ist sie in Polen absoluter Superstar. Das wird nach dem nächsten Finalsieg - Swiatek hat nun das dritte Finale auch gewonnen, hat die letzten zehn Finalspiele auf der WTA-Tour gewonnen und in ihrer gesamten Karriere zwölf von 13 Finali - nicht kleiner werden.
Jabeur war nach der Niederlage den Tränen nahe, schon in Wimbledon war sie im Finale gestanden, hatte dann aber verloren. "Aber", versprach der Publikumsliebling, "das war erst der Anfang. Ich will dieses Turnier gewinnen, ich komme wieder." Die Reise der Tunesierin ist aber ohnehin schon beeindruckend: In Nordafrika boomt Tennis, "ich hoffe, dass ich für viele eine Inspiration bin, so wie die großen Stars Inspiration für mich gewesen sind", meinte die 27-Jährige.
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