Am Anfang der Woche nur Insidern bekannt, nun kennt ihn ganz Tennis-Österreich: Filip Misolic hat nach einer nicht für möglich gehaltenen Aufholjagd am Freitag bei seinem ersten ATP-Tour-Turnier das Halbfinale erreicht. Der erst 20-jährige Steirer lag gegen den serbischen Favoriten Dusan Lajovic mit 2:6, 3:5 zurück, drehte das Match aber noch zum 2:6, 7:6(5), 6:3-Sieg. Da das Viertelfinale vom Donnerstag nachgeholt wurde, muss Misolic am Freitag noch einmal auf den Court.
Nicht vor 15.45 Uhr trifft er im zweiten Halbfinale auf den Bezwinger von Dominic Thiem, den Deutschen Yannick Hanfmann. Misolic hat damit 90 ATP-Punkte sowie 27.885 Euro Preisgeld sicher, im Ranking wird er sich um Position 158 wiederfinden. Bei einem weiteren Sieg am Freitag, sollte es eine angekündigte Schlechtwetter-Front zulassen, ist er fix Top 150.
"Das Gefühl ist unglaublich, ich kann es selbst noch nicht glauben, dass ich im Semifinale von Kitzbühel stehe", meinte Misolic erfreut. Er sei am Anfang richtig nervös gewesen. Als er kurz vor dem Aus stand, wollte er einfach noch nicht aufhören. "Ich wollte noch auf dem Platz sein, ich wollte das Publikum genießen und die Kraft, die es mir gibt."
Er wollte sich nun mental und physisch so gut wie möglich regenerieren. Mindestens 90 Minuten hat er dazu Zeit. Sollte das erste Halbfinale zwischen Albert Ramos-Vinolas und Roberto Bautista Agut länger dauern, kann ihm dies nur recht sein.
Im am Schluss fast vollen Stadion verfolgten die begeisterten Fans bei zurückgekehrtem Sonnenschein zunächst die vermeintlich einseitige Partie: Nach einem Break zum 1:2 vergab Misolic zunächst noch zwei Rebreakchancen, doch ab dem 3:2 für den Weltranglisten-80. machte der Lokalmatador im ersten Satz keinen Punkt mehr. Mit drei zu Null-Games in Folge stellte Lajovic auf 6:2.
Wieder ein Break zum 1:2 im zweiten Durchgang schien die Niederlage zu besiegeln. Doch Misolic steckte auch nach einer vergebenen Rebreakchance zum 3:3 nicht auf. Der Steirer sah sich bei 3:5 dennoch vor dem Aus. Er blieb mit eigenem Aufschlag noch dran und erarbeitete sich bei 4:5 bei Service Lajovic mit einem 0:4 drei Breakbälle. Misolic schaffte tatsächlich das Rebreak zum 5:5.
"Jetzt geht's los" skandierte das Publikum – und es sollte recht behalten. Das Match war auf einmal völlig offen. Misolic hatte nach 88 Minuten bei 6:5 zwei Satzbälle, doch Lajovic rettete sich ins Tiebreak. In diesem führt Misolic schon 4:1 und 5:3, Lajovic glich aus, doch es kam nicht zum ersten Matchball, sondern der Außenseiter aus Graz nutzte seine dritte Chance zum Satzgleichstand.
Im dritten Durchgang gelang Misolic gleich im ersten Game das Break, bei 4:3 fand dann aber der Gegner nach einem Doppelfehler zwei Rebreak-Möglichkeiten vor. Misolic stellte auf 5:3 und mit einem neuerlichen Break und dem ersten Matchball machte er die Sensation perfekt.
"Ich habe es cool gefunden, in dem Moment zu sein. Ich musste lächeln, weil es so knapp war", meinte Misolic noch auf dem Platz zu seinem Lächeln bei 6:5 im zweiten Satz. "Es war ein Riesenspaß, vor euch zu spielen", bedankte er sich bei den rund 5000 Fans.
Begeistert ist auch die Ex-Nummer 7 der Frauen, die heutige TV-Expertin Barbara Schett: "Er taugt mir total, wie der sich auf dem Platz präsentiert, er macht das cool vom Kopf her. Er ist ein Kämpfer, bewegt sich gut, hat eine Mörder-Rückhand. Der wird ja auch noch besser, er hat mich echt überrascht. Er wird definitiv unter die ersten 100 kommen", streute die Tirolerin dem Steirer Rosen.