Marbella, Belgrad, Estoril und Madrid. Dominic Thiem hat seine ersten vier Auftritte nach seiner rund zehnmonatigen Verletzungspause im Tennis-Zirkus hinter sich, nun folgt beim Masters-1000-Turnier in Rom die fünfte Station. Auch für den Auftritt im "Foro Italico" ist die Erwartungshaltung des 28-jährigen Niederösterreichers freilich noch zurückhaltend. "Wenn man zehn Monate seinen Beruf nicht ausüben kann, ist jeder eingerostet", wiederholte Thiem frühere Aussagen.
Thiem, der kürzlich auch beim Champions-League-Halbfinale in Madrid im Stadion war, hat seine ersten Trainingseinheiten in Rom bereits hinter sich. Im Ö3-Interview noch in der spanischen Hauptstadt hatte sich der US-Open-Sieger 2020 kürzlich über seinen Status quo und neben all dem Fokus auf die voranschreitenden Verbesserungen auch über sein Frustrationslevel geäußert. "Sicher ist es schwer, weil bei jedem Schlag, der misslingt, kommt mir sofort in den Kopf, wie hätte ich den Schlag vor der Verletzung oder in meinen besten Zeiten gespielt. Da ist halt noch so ein großer Unterschied, dass das extrem schwer zu akzeptieren ist", gestand der Lichtenwörther.
Das Wichtigste seien aber die täglichen Verbesserungen. Eine mentale Barriere wegen seiner Verletzung im Handgelenk im vergangenen Juni verspürt er nicht mehr. "Die Kopfsache ist jetzt eigentlich vorbei, auch die Angst, dass irgendwas sein könnte im Handgelenk, ist komplett weg. Aber ich spiele halt teilweise gute Punkte und der letzte Schlag verhungert im Netz oder ist drei Meter out, sicher ist das extrem frustrierend."
Dass er nun am Montag erstmals seit März 2014 aus den Top 100 fliegt, schockt Thiem hingegen gar nicht. "Es war komplett klar, dass das irgendwann passiert. Es ist die logische Konsequenz, so wie die Rangliste funktioniert." Er wisse nicht, wie lange er Nummer 1 in Österreich war. "Aber es ist gut, dass es mal wer anderer wird", scherzte Thiem. Wenn man davon spricht, dass man nach so langen Verletzungen sozusagen das "ABC" neu lernen müsse, dann sieht sich der 17-fache ATP-Turniersieger noch nicht sehr weit. "Ich bin bei D wie Dominic, würde ich sagen. Es ist ja nicht nur die Vorhand, es geht auch darum, wie ich die Punkte gestalte, wie ich mich bewege, wie ich antizipiere, wie ich auch die engen Situationen einschätze. Aber das ist eh klar."
Zuspruch von Rafael Nadal
Zuspruch erhielt er indirekt auch von Superstar Rafael Nadal. Der Spanier, der mit dem Titel bei den Australian Open ein märchenhaftes Comeback nach längerer Verletzungsauszeit hingelegt hatte, lässt einen Vergleich mit Thiem gar nicht erst zu. "Es ist nicht der Moment, Druck auf Dominic auszuüben und es ist auch nicht fair, ihn mit mir zu vergleichen", meinte der 21-fache Major-Sieger kürzlich in Madrid. Es sei wahr, dass es etwas Spezielles in seiner Karriere gewesen sei, wie er viele Male zurückkommen konnte. "Aber es ist nicht etwas Normales, wenn man von einer langen Zeit ohne Matches zurückkommt. Normal ist, dass es ein Prozess ist, und diesen durchläuft Dominic jetzt."
Der Spanier rechnet aber wieder mit Thiem in Zukunft: "Ich habe keinen Zweifel, dass er, wenn er gesund ist, nächste Woche, in Roland Garros und wenn nicht in Wimbledon oder danach zurückkommt. Es geht um Zeit", so Nadal. Wenn Thiem wirklich die Entschlossenheit und die Leidenschaft habe, weiterzumachen, dann bezweifle er nicht, dass Thiem wieder sein früheres Level erreichen werde.