Stattet man der offiziellen Homepage von Dominic Thiem einen Besuch ab, informiert der Österreicher in seinem bis dato letzten Posting darüber, dass er bei den ATP-Finals diesmal "leider nur als Zuschauer" dabei sein kann. Nein, der Lichtenwörther erweist sich damit hinsichtlich des vom 11. bis 20. November 2022 terminisierten Saisonfinales in Turin nicht als Prophet, sondern wurde vielmehr seine Seite seit Anfang November 2021 einfach nicht mehr aktualisiert. Ein Stillstand, der die letzten Monate im Tennisleben des Österreichers treffend widerspiegelt.

Genauer gesagt sind es mit heute 301 Tage, seitdem der Österreicher sein letztes Match auf der ATP-Tour bestritten hat. Das war am 22. Juni 2021, als er sich beim Rasenturnier auf Mallorca eine folgenschwere Handgelenksverletzung zuzog. Seitdem stand der US-Open-Champion 2020 vor allem durch immer wieder verschobene Comeback-Versuche und das mitunter für Aufsehen sorgende Umkrempeln seines Teams in den Schlagzeilen.

Der erste "Gehversuch" nach der langen Verletzungspause am 29. März dieses Jahres endete für den noch eingerosteten Thiem beim Challenger-Turnier in Marbella bereits in der ersten Runde, eine anschließende Corona-Infektion bremste den Rückkehrer ein weiteres Mal aus. Heute soll es aber endlich so weit sein: Im zweiten Match nach 11 Uhr (Sky Austria, live) schlägt Thiem bei den Serbia Open in Belgrad gegen den Australier John Millman erstmals wieder auf der großen Tour auf.

Großtaten darf man sich vom 28-Jährigen ("Ich bin bereit, auch wenn ich mir über mein Spiel und meinen körperlichen Zustand nicht sicher bin") freilich noch keine erwarten. Vielmehr geht es für den Niederösterreicher in dieser Phase darum, sich Schritt für Schritt wieder an die Weltspitze heranzutasten. Dieser Prozess soll laut Thiem spätestens 2023 abgeschlossen sein – da glaubt der Österreicher, wieder um große Titel mitspielen zu können.

Ein möglicher Fahrplan

Doch zurück in die Gegenwart: Bis zu seinem Lieblingsturnier, den French Open (ab 22. Mai), will die aktuelle Nummer 54 im Computer jede Woche ein Turnier spielen und wichtige Matchpraxis sammeln. Fixiert ist bisher sein nächstwöchiger Auftritt in Estoril, danach würden sich noch die Masters-Events in Madrid und Rom sowie das ATP-250er in Lyon (oder Genf) anbieten.

Dass Österreichs Tennis eine erfolgreiche Rückkehr des 17-fachen Turniersiegers wie einen Bissen Brot nötig hat, zeigt ein Blick auf die Weltrangliste. Dort ist derzeit Thiems Spezi Dennis Novak als Nummer 148 als zweitbester ÖTV-Spieler gereiht, gefolgt von Jurij Rodionov (162) und dem zuletzt lange außer Gefecht gesetzten Sebastian Ofner (216). Abgesehen von ein paar kurzen Ausreißern nach oben dümpelt dieses Trio nun allerdings schon seit einigen Jahren jenseits der Top 100 vor sich hin, ein erhoffter Durchbruch scheint immer unrealistischer. Eine ernüchternde Erkenntnis für die "Alpenrepublik", die in der Vergangenheit doch stets auf zumindest zwei bis drei Spieler innerhalb der einhundert besten Spieler der Welt verweisen konnte.

Ach ja, für Thiems Auftritte im Netz soll nun übrigens eine Wiener Agentur verantwortlich zeichnen. Bleibt nur zu hoffen, dass der ehemalige Weltranglistendritte effektiver arbeitet als seine Angestellten ...