Mit Sinja Kraus und Julia Grabher versuchten heuer bei den Upper Austria Ladies zwei – jeweils mit einer Wildcard ausgestatteten – Österreicherinnen ihr Glück, für beide war erwartungsgemäß in der ersten Runde Endstation. Damit bleibt Patricia Mayr-Achleitner im Jahr 2013 die letzte heimische Spielerin, die in Linz ein Match im Hauptbewerb gewinnen konnte
Eine ernüchternde Situation, wenngleich Turnierbotschafterin Barbara Schett auch Positives orten konnte. „Für Sinja war es eine gute Erfahrung, sie hat gute Ansätze und ein starkes Selbstvertrauen. Das gefällt mir, weil es mich an mich erinnert“, lacht die ehemalige Weltranglisten-Siebente, die als Eurosport-Kommentatorin mit dem Tennissport nach wie vor eng verbunden ist. Grabhers Auftritt hat die Tirolerin beeindruckt, ob es aber jemals für die Top 50 reichen wird, bezweifelt Schett.
"Es braucht Trainer mit Tour-Erfahrung"
Dass es aus Österreich derzeit keine Spielerin in den Top 100 gibt, sei natürlich schade, "doch liegt es nicht an den Spielerinnen alleine, sondern auch an der Betreuung und den Trainern. Da braucht es einen Idealismus und Coaches, die selbst einmal auf der Tour gespielt haben. Weil die mentale Komponente eine sehr entscheidende Rolle spielt - und das kann einem kein Trainer, der selbst nie auf der Tour war, vermitteln", betont die Österreicherin, die selbst nie Trainerambitionen hatte. "Erstens will ich nicht mehr auf dem Platz stehen und zweitens bin ich viel zu ungeduldig."
Dass es beim ÖTV jetzt wieder eine eigene Mädchengruppe gibt, befürwortet die Innsbruckerin: "Wir waren damals in der Südstadt auch eine Gruppe von fünf, sechs Mädels, die sich untereinander messen konnten. Das hat mich extrem motiviert, weil ich immer die Beste sein wollte und wusste, wo ich stehe." Allerdings sei es auch nötig, aktiv an die Kinder heranzutreten. "Die Zeiten, wo die Eltern mit den Kindern auf den Tennisplatz gegangen sind, gibt es so leider nicht mehr. Dabei wollen Kinder immer das machen, was die Eltern tun", sagt die Mutter eines zwölfjährigen Sohnes, "der sehr sportlich ist, aber sicher kein Tennisprofi wird."
Der Mix macht es aus
International gesehen spielt es für Schett keine Rolle, dass es bei den Damen derzeit keine dominanten Zugpferde wie bei den Herren gäbe. "Die Leistungen von Djokovic, Nadal und Federer sind einmalig und wird es bestimmt nie wieder geben. Aber ich werfe immer einen Blick auf das gesamte Tennis – und so gesehen ist der Mix aus der Situation bei den Damen und der bei den Herren sehr interessant. Und ich finde es bei den Damen sehr erfrischend, wenn immer wieder ein neues Siegergesicht auftaucht. So wie Emma Raducanu bei den US Open, als Damen-Tennis sogar die besseren Einschaltquoten hatte. Und das, obwohl Djokovic um den Grand Slam gespielt hat.“
Die Gefahr, dass das Herren-Tennis nach dem Ende der Ära der großen Drei in ein Loch fallen könnte, sieht Schett nicht: "Es gibt so viel neue Persönlichkeiten und unterschiedliche Spieler. Man darf sich eben nicht immer an den "Big Three" orientieren. Wie spannend es sein kann, haben die Erste Bank Open in Wien gezeigt." Auch´wenn dort Dominic Thiem nicht mit von der Partie war: "Ich bin auf seine Rückkehr sehr gespannt. Er wird es zu Beginn noch etwas schwierig haben, weil er jemand ist, der viele Matches braucht. Und er muss auch erst wieder das Selbstvertrauen in seinen Körper nach dieser schweren Verletzung finden. Er hat auf alle Fälle das Zeug, um wieder nach vorne zu kommen. Auch, wenn die anderen natürlich ebenfalls nicht geschlafen haben."
2022 kommt das Schett-Buch
Schett fliegt am 26. Dezember wieder nach Australien ("Wir bauen in Noosa gerade ein Haus") und wird ab Mitte Jänner aus Melbourne für Eurosport von den Australian Open berichten. Die Österreicherin ist auch überzeugt davon, dass Djokovic dort seinen Titel verteidigen wird. "Ich bin überzeugt davon, dass er längst geimpft ist, es aber keinem sagt", vermutet Schett, die übrigens nächstes Jahr ein Buch herausgeben wird. "Darin geht es um mich und viele Schmankerl, die ich in meiner Karriere und danach erlebt habe."