In Sommer hat Sie eine langwierige Wadenverletzung geplagt - sind Sie mittlerweile wieder bei 100 Prozent?
Simona Halep: Es war die bisher schwerste Verletzung in meiner Karriere. Ich konnte rund vier Monate kein Match spielen und es war auch nicht einfach, nach dem Comeback gleich wieder voll meinem Körper vertrauen zu können. Ich habe viel Zeit investiert, bin jetzt aber wieder schmerzfrei, frei im Kopf und bereit, hier in Linz hoffentlich ein paar gute Matches zu spielen.
Sie haben im September geheiratet - hat das Ihre Sichtweise auf das Tennis verändert?
Halep: Es hat sich nichts geändert, außer dass ich jetzt immer bester Laune bin (lacht). Ich trainiere sogar mehr und mein Ehemann ist oft an meiner Seite, um mich zu unterstützen. Ich will noch drei bis vier Jahre spielen, soweit es mein Körper zulässt. Aber ich liebe den Sport und das viele Reisen nach wie vor.
Ist es ein realistisches Ziel, 2022 wieder auf den Tennis-Thron zu steigen?
Halep: Ich würde sagen, für nächstes Jahr sind die Top zehn mein Ziel. Ich habe das jeden Tag, wenn ich auf den Platz gehe, in meinem Kopf. Mal schauen, ob es ich es schaffe.
Wie sehen Sie die aktuelle Situation im Damen-Tennis? Ist es gut, dass es so viele unterschiedliche Siegerinnen gibt, oder fehlen dem Sport dominante Topstars, wie es sie im Herren-Tennis die letzten 15 Jahre gegeben hat?
Halep: Es stimmt, dass derzeit keine Spielerin die Tour so beherrscht, wie es Serena Williams getan hat. Aber ich finde es gut, dass es viele verschiedene Siegerinnen gibt, weil es grundsätzlich für mehr Spannung und Abwechslung sorgt.
Wären Sie gerne noch einmal wie Emma Raducanu 18 Jahre alt und könnten Ihre Karriere neu starten? Wenn ja, was würden Sie anders machen?
Halep: Könnte ich nochmals einen Neustart machen, würde ich an meiner Einstellung etwas ändern und noch mehr an mich selbst glauben. Aber ansonsten glaube ich, alles getan zu haben, was ich konnte und dass es in die richtige Richtung gegangen ist. Ich bin sehr zufrieden, wie ich bin und darüber, was ich erreicht habe.
Um Raducanu herrscht derzeit ein extremer Hype. Haben Sie einen Ratschlag für sie?
Halep: Ihr Triumph bei den US Open war unglaublich und ich glaube nicht, dass es das so schnell wieder geben wird. Ich bin nicht in der Position, ihr Ratschläge zu geben. Aber ich habe letzte Woche in Cluj mit der englischen Presse gesprochen und ihnen gesagt, sie sollten Emma genießen und keinen Druck auf sie ausüben. Sie ist noch sehr jung und es wird noch viel auf sie zukommen. Aber sie hat alles, um sehr bald in den Top zehn zu stehen.
Sie sind mit dem Zug nach Linz angereist. Ist das Ihr Beitrag zum Klimaschutz?
Halep: Es ist nichts Außergewöhnliches, ich bin schon öfter mit dem Zug zu einem Turnier gefahren. Ich bin ein ganz normaler Mensch und trenne mein Privatleben von meinem Tennisleben. Ich bin mit meinem ganzen Team unterwegs - da haben wir viel Spaß. Außerdem mag ich keine Privatjets. Einerseits, weil ich mich fürchte, damit zu fliegen. Andererseits, weil ich ein normaler Mensch bleiben will.
Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an Österreich denken?
Halep: Ich liebe das Land, das Essen und den Schnee. Ich war vor zwei Jahren auf Urlaub in Wien und vor drei Jahren in Sölden. Dort war ich aber nicht Skifahren, weil mir das als professionelle Tennisspielerin nicht erlaubt ist. Das muss ich respektieren.
Sie sind schon lange auf Tour - was denken Sie über die Entwicklung des Sports und unterstützen Sie den Plan, dass die WTA und die ATP vereint werden sollen?
Halep: Ich würde die Vereinigung begrüßen, weil es für alle Beteiligten mehr Unterstützung bedeuten würde. Was unseren Sport im Allgemeinen betrifft, würde ich vielleicht ein paar Kleinigkeiten ändern. Ich finde es nicht richtig, dass Spielerinnen vor dem Aufschlag-Game der Gegnerinnen ein Medical-Timeout nehmen dürfen. Toilettenpausen nach einem beendeten Satz sind okay. Auch, wenn es nicht immer für Begeisterung bei der Gegnerin sorgt.
Wie sind Sie mit der Tennis-Blase umgegangen?
Halep: Es war eine sehr schwierige Situation, quasi ein Jahr lang nur den Tennisplatz und das Hotelzimmer sehen zu können. Ich habe damit sehr gekämpft, es kann schon sehr deprimierend sein. Aber jetzt sind wir wieder halbwegs zur Normalität zurückgekehrt. Wenn man geimpft ist, kann man sich frei bewegen. Ich kann das Gott sei Dank!