Die Karten sind in Flushing Meadows klar verteilt: Novak Djokovic könnte mit einem Triumph bei den US Open nicht nur als erster Spieler seit Rod Laver vor 52 Jahren den Grand Slam fixieren, sondern würde zugleich mit seinem 21. Major-Titel zum alleinigen Rekordmann aufsteigen. In Abwesenheit von Roger Federer, Rafael Nadal und Titelverteidiger Dominic Thiem (allesamt verletzt) gelten Daniil Medwedew, Stefanos Tsitsipas und Alexander Zverev als jene Herrschaften, die dem „Djoker“ auf seinem Weg zur endgültigen Tennis-Unsterblichkeit wohl noch am ehesten ein Bein stellen könnten.

Vor allem auf den Auftritt von Zverev darf man gespannt sein. Hatte der Deutsche im vorjährigen Endspiel gegen Thiem noch im Tiebreak des Entscheidungssatzes das bittere Nachsehen, so strotzt der 24-Jährige derzeit vor Selbstvertrauen. Nach seinem Triumph bei den Olympischen Spielen, wo er im Halbfinale überraschend Djokovics Traum vom möglichen Golden Slam platzen ließ, schnappte sich der Hamburger auch den Masters-Titel von Cincinnati und gilt damit als heißer Anwärter auf die Tennis-Krone im „Big Apple“.

Zusätzlichen Rückenwind erhielt Zverev, der heute gegen US-Raketenaufschläger Sam Querrey ins Turnier startet und im Halbfinale auf den Weltranglistenersten Djokovic treffen könnte, erst letzten Freitag, als ihn ein Gericht von den Vorwürfen des körperlichen und mentalen Missbrauchs seiner Ex-Freundin Olga Scharipowa freisprach. „Das Gericht ist unseren Argumenten gefolgt und stellt fest, dass die erhobenen Anschuldigungen verleumderisch und falsch sind. Ich bestreite kategorisch und eindeutig, Olga missbraucht zu haben“, verlautbarte der Weltranglistenvierte in den sozialen Medien. Zudem erwirkte Zverev eine einstweilige Verfügung, die es der Russin oder anderen Personen untersagt, gegenteilige Behauptungen aufzustellen.

Die 24-jährige Scharipowa, die als Fotografin arbeitet, hatte in Zusammenarbeit mit dem renommierten US-Tennisjournalisten Ben Rothenberg erst kürzlich wie bereits vor knapp einem Jahr schwere Vorwürfe gegen Zverev vorgebracht. So hätte sie der Tennisstar unter anderem 2019 während des Shanghai-Masters im Hotelzimmer am Hals gepackt, gegen die Wand geworfen und geschlagen. Ein anderes Mal soll Zverev gesagt haben, er wünschte sich, sie würde sterben.

Nach dem nun gefällten Urteil schrieb Scharipowa, die laut eigenen Angaben mit ihren Anschuldigungen nur auf das Thema häusliche Gewalt aufmerksam machen wolle, auf Instagram: „Alle deine Erfolge und dein Geld werden dir nicht helfen, mich zum Schweigen zu bringen, und du weißt es. Ich habe die Wahrheit gesagt und du gehst vor Gericht, um dort mit einer Lüge zu gewinnen? Schöner Versuch, mich zu treffen, aber ich habe nichts zu befürchten.“