Es war für Dominic Thiem der Supergau, als er am Sonntag auf der von ihm so heiß geliebten Tennis-Bühne von Paris gleich in der ersten Runde in fünf Sätzen über den spanischen Außenseiter Pablo Andujar stolperte. Ausgerechnet bei den French Open, wo er bereits zweimal im Endspiel und zweimal im Halbfinale gestanden ist und sich hinter dem in Roland Garros als unschlagbar geltenden König Rafael Nadal den Titel als „Prinz von Paris“ erarbeitet hat. Doch nach einer bis dato äußerst holprigen Saison, in der sich vor Thiem mächtige Hürden aufgetürmt haben (Turnier-Blasen, Motivationsloch, Verletzungen), kam das frühe Scheitern letztendlich auch nicht völlig überraschend.
Am „Tag danach“ versprüht man im Thiem-Team aber bereits wieder Optimismus – zumindest nach Außen hin. „Wir haben uns lange besprochen. Das Werk’l läuft derzeit nicht ganz rund, aber wir sind weit entfernt von einem Drama“, beschwichtigt Manager Herwig Straka. Fakt sei, dass Thiem zu wenig Matchpraxis habe. „Die wollte er in Paris sammeln, doch ist das nicht geglückt. Aber er war immer so, dass er holprig in Grand Slams gestartet ist.“ Und diesmal sei es eben schiefgegangen.
Das bittere Scheitern des Weltranglistenvierten werde auf alle Fälle keine Auswirkungen auf sein Team haben. „Es ist nicht sein Bestreben, im sportlichen Bereich etwas zu ändern“, betont Straka. Und im Mentalen? „Ein Mentaltrainer ist aktuell kein Thema. Natürlich spielt sich beim Tennis viel im Kopf ab. Aber ein Mentaltrainer kann da auch nicht so schnell eine Lösung herbeiführen.“
Dass es bei Thiem derzeit aber vorrangig im psychischen Bereich klemmt (Stichwörter Selbstvertrauen und Motivation), steht außer Frage. Und diesbezüglich taucht stets der US-Open-Triumph 2020 auf. So hat ausgerechnet sein bis dato größter Erfolg bei Thiem einen mentalen Knacks ausgelöst. Denn mit dem Erreichen seines Lebensziels hat der Niederösterreicher auch die Orientierung hinsichtlicher neuer Ziele verloren. „Dominic befindet sich in einem Lernprozess. Jetzt ist es wichtig, dass er konsequent weiterarbeitet. Und es ist seit seiner Auszeit auch schon einiges vorwärtsgegangen“, sagt der Straka, der glaubt, dass sein Schützling die Talsohle nun erreicht habe: „Er hat bei den French Open in der ersten Runde verloren. Weiter runter kann es wohl nicht mehr gehen.“
Bleibt noch die Frage, ob Thiems Beziehung zu Lili Paul-Roncalli ein Auslöser für die Krise sein könnte. Straka: „Ich wüsste nicht, dass ihn das in irgendeiner Form belastet.“