Alles Gute zum 55. Geburtstag! Wie werden Sie Ihren Freudentag verbringen?
HERWIG STRAKA: Nachdem der Tag unter der Woche ist, gibt es keine Alternative als zu arbeiten. Es steht auch vonseiten der ATP ein wichtiger Boardcall an. Dabei geht es um die Vision von Chairman Andrea Gaudenzi, in absehbarer Zeit auf der Tour einige Dinge zu verändern. Eines der langfristigen Ziele ist es, das Preisgeld fair anzupassen. Am Ende soll die Verteilung zwischen Turnieren und Spielern beim Verdienst und dem Mitspracherecht bei 50:50 liegen. Das ist zwar schwierig umzusetzen, aber es ist eine Strategieänderung im Sinne der Spieler. Deshalb ist die Kritik vonseiten der Spieler in der vergangenen Zeit für mich auch nicht ganz nachvollziehbar.
Nochmals zurück zu Ihrem Geburtstag: Große Party wird es wohl keine geben, oder?
Nein, ich feiere zuhause mit meiner Frau. Meine Töchter sind ja in der Weltgeschichte unterwegs. Aber Party darf es aufgrund von Corona derzeit ohnehin keine geben. Und ich habe als Veranstalter gelernt, dass man gewisse Dinge nicht beeinflussen kann. Darum versuche ich eben, das Beste aus der Situation zu machen. Natürlich bin ich nicht glücklich mit Allem, was gerade im Kampf gegen Corona passiert. Andererseits können Fehler immer passieren. Denn nur der, der nichts tut, macht keine Fehler.
Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Lebenssituation: Stehen Sie dort, wo Sie heute stehen wollten?
Zurückblickend bin ich sehr zufrieden mit dem, was ich erreicht habe. Im internationalen Tennis bin ich heute schon eine gewisse Größe. Das ehrt und freut mich und hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet. Aber ich habe noch weitere Ziele, wie zum Beispiel das Unternehmen weiter ausbauen.
Haben Sie in Ihrem Leben immer die richtigen Entscheidungen getroffen? Welche war die Beste, welche die Schlechteste?
Man kommt im Leben an viele Kreuzungen: Ich bin in der Mehrzahl richtig abgebogen, aber nicht immer. Der Entschluss, ins Tennis-Business einzusteigen, war richtig, aber auch mutig. Natürlich gab es auch falsche Entscheidungen, aber die gehören dazu und aus denen kann man lernen. Aber es war keine Entscheidung dabei, die so falsch war, dass ich sie heute bereuen würde.
Würden Sie sich ab und zu mehr Ruhe wünschen?
Ich würde mir gerne mehr Zeit wünschen, um meine privaten und beruflichen Beziehungen intensiver pflegen zu können. Mehr Ruhe brauche ich nicht, ich möchte noch lange in meinem Leben weiterarbeiten. Und wenn man regelmäßig unter Strom steht, achtet man auch mehr auf seine Gesundheit.
Für Eventagenturen sind die Zeiten besonders schwierig. Wie läuft die Planung der Projekte?
Wir planen all unsere Sportevents so, als würden sie normal stattfinden. Und wir sind guter Hoffnung, dass es im Herbst einigermaßen funktionieren wird. Bei unseren Projekten in Deutschland ist die Situation ein wenig anders, weil diese schon im Juni stattfinden. Dort planen wir auch ohne Fans. Das Problem ist, dass große Veranstaltungen eine sehr lange Anlaufzeit benötigen. Lokale können nach dem Lockdown gleich am nächsten Tag wieder aufsperren. Das funktioniert in unserem Geschäft nicht.
Im Davis Cup wird das Finale auf mehrere Spielorte aufgeteilt, einer könnte Innsbruck sein. Wie stehen die Chancen?
Wir haben gute Karten und sind der bevorzugte Verhandlungspartner für Kosmos (Rechteinhaber, Anm.). Aber es gilt noch viele Details zu klären.
Die Vorbereitungen auf die Erste Bank Open Ende Oktober in Wien laufen auch bereits?
Natürlich, und ich bin grundsätzlich optimistisch. Aber auch da weiß keiner, wie es wird und man kann es nicht beeinflussen. Wir müssen alle Szenarien durchspielen, aber ich rechne mit einer 50-prozentigen Auslastung.
Wie geht es Dominic Thiem? Welchen Einfluss hatten seine Fußprobleme oder die mentale Komponente auf die zuletzt mäßigen Ergebnisse?
Es war ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Er hat 2020 wichtige Meilensteine erreicht, die er sich nicht erträumt hätte. Und wenn man am Gipfel steht, geht es auch wieder einmal bergab. Nach Australien hat er eine leichte mentale Delle abbekommen – und dann tut auch gleich der Körper mehr weh. Aber es ist kein Grund, pessimistisch zu werden. Er ist jetzt dabei, sich zu sammeln und Energie zu tanken und wird beim Start der Sandplatzsaison wieder voll angreifen.
Zuletzt wurde die Kritik an der ATP immer lauter. Es geht um Preisgeld-Reduktionen und die eingefrorene Weltrangliste.
Es gibt vonseiten mancher Spieler das Interesse, die Vereinigung zu destabilisieren. Aber das ist persönlichen Interessen und Animositäten geschuldet. Das ist sehr schade, ist die ATP doch eine Organisation, in der die Spieler 50 Prozent Mitentscheidungsrecht haben. Das gibt es sonst nirgends. Aber es ist für uns auch durchaus vorstellbar, die neugegründete Spielergewerkschaft PTPA als Serviceorganisation für die Spieler mit an Bord zu nehmen – allerdings ohne Entscheidungsgewalt.
Wo liegt die Problematik bei der Preisgeldreduktion?
Reduziert man das Preisgeld in Zeiten von Corona nicht, wird es auch keine Turniere mehr geben. Das ist wie bei einer Firma: Entweder du reduzierst die Gehälter und baust ein paar Stellen ab, oder die Firma geht pleite. Alles andere wäre wirtschaftlicher Selbstmord. Die meisten Spieler haben dafür auch das nötige Verständnis, nur manche müssen in die Märtyrerrolle schlüpfen. Vasek Pospisil ist eben einer dieser Kritiker.
Und wie sieht es bei der eingefrorenen Weltrangliste aus? Der Laie hat längst den Überblick verloren.
Wir haben den Status bis August verlängert und werden ihn auch weiter verlängern, so lange wir glauben, dass Corona einen Einfluss auf die Spieler hat. Denn wir wollen die Athleten nicht dazu zwingen, während einer Pandemie Turniere spielen zu müssen. Andererseits haben wir jetzt die Punkte halbiert, weil es fairer ist und nicht sein kann, dass sich Spieler auf Punkten ausruhen, die sie im Jahr 2019 gemacht haben.