Mit einem Privatjet seines Sponsors flog Dominic Thiem gestern von London zurück nach Wien. Nach dem Erreichen des Endspiels beim Saisonkehraus in der O2-Arena (ab 2021 werden die ATP Finals in Turin gespielt) stehen nun ein paar Tage Erholung auf dem Programm. Jubelndes Empfangskomitee gab es für den Österreicher keines, dafür wurde Turniersieger Daniil Medwedew in seiner Heimat in den siebenten Himmel gelobt. Zu Recht, holte der 24-Jährige doch als erster Russe seit Nikolaj Dawidenko 2009 den Titel. Und das, ohne dabei ein einziges Match zu verlieren.
Wie es bei Thiem nun weitergeht, steht derweilen noch in den Sternen. Alles hängt davon ab, wann und ob überhaupt aufgrund der Corona-Pandemie in Australien die Saison 2021 gestartet werden kann. Danach richtet sich auch, wann Österreichs „Sportler des Jahres“ in den Flieger Richtung Down Under klettert. Derzeit wackelt der ATP Cup Anfang Jänner gewaltig. Plan ist es, alle Vorbereitungsturniere für die Australian Open (18. bis 31. Jänner) im Bundesstaat Victoria (also die Region rund um Melbourne) auszutragen.
Bei der abschließenden Pressekonferenz in London hatte Thiem nochmals das Tennisjahr 2020 Revue passieren lassen. Auf die Frage, wer für ihn die besten fünf Spieler der Saison waren, antwortete Thiem, dass man sich da an der Weltrangliste orientieren könne. Mit einer Ausnahme: „Sorry, Roger“, richtet der 27-Jährige sein Wort in Richtung des in dieser Saison verletzten Federer, „aber du gehörst für mich heuer nicht zu den Top fünf. Diesen Platz hat sich definitiv Andrej Rublew verdient. Er hatte heuer eine unglaubliche Saison und hat mit fünf Turniersiegen auch die meisten Titel gefeiert.“
"Sie haben den Sport auf einen neuen Level gehoben"
Apropos Federer: Dem Schweizer traut Thiem aber auch 2021 noch Großes zu. So, wie natürlich auch Novak Djokovic und Rafael Nadal. Aber: „Die Zukunft des Tennis ist angekommen. Wir haben es jetzt schon mehrfach bewiesen, dass wir die Legenden schlagen können.“ Natürlich würden die „großen Drei“ weiter um Titel mitspielen können, „aber irgendwann werden sie aufhören. Das Tennis hat ihnen so viel zu verdanken – sie haben den Sport auf einen neuen Level gehoben. Für uns wird es in den kommenden Jahren eine große Herausforderung sein, all die Menschen und Fans, die dank Federer, Nadal und Djokovic zum Tennis gekommen sind, weiter für diesen Sport begeistern zu können.“
Die Hauptrolle wird dabei natürlich Thiem selbst spielen. Er ist der Einzige, der die großen Drei jeweils bereits fünf Mal in die Knie zwingen konnte, und wird daher auch als erster Nachfolger gehandelt. Dessen ist sich der Niederösterreicher bewusst, doch übt sich der Weltranglistendritte in Bescheidenheit. „Natürlich will ich 2021 im Ranking weiter nach oben klettern. Aber es wird verdammt schwer: Federer kehrt zurück, die anderen drängen nach. Mal sehen, was 2021 bringt.“