Unaufhörlich und unaufhaltsam nagt der Zahn der Zeit naturgemäß auch an Roger Federer und Rafael Nadal - die Karriereenden der beiden Tennis-Superstars rücken von Saison zu Saison näher. 40 Mal standen sich der 38-jährige Schweizer (wird am Sonntag 39 Jahre alt) und der um vier Jahre jüngere Spanier seit dem ersten Aufeinandertreffen im Jahr 2004 beim Masters in Miami auf der ATP-Tour gegenüber - zahlreiche Schaukämpfe (zumeist für den guten Zweck) kamen noch dazu. Unvergessene Matches wie die Wimbledon-Finali 2007 und 2008 oder den Fünfsatzkrimi im Endspiel der Australian Open 2017 lieferten die beiden Ausnahmekönner am Fließband - und das nicht nur gegeneinander.

Ob es jemals wieder zu einem Kräftemessen der beiden bislang erfolgreichsten Spieler aller Zeiten kommt, ist derzeit fragwürdiger denn je. Für die heurige Saison sieht es denkbar schlecht aus, sowohl Federer als auch Nadal verzichten auf eine Teilnahme bei den US Open, die ab dem 31. August im Flushing-Meadows-Park ohne Zuschauer ausgetragen werden sollen.

Während der rekonvaleszente Eidgenosse nach seinem Eingriff am rechten Knie schon Anfang Juli sein Comeback für 2021 avisierte, sagte am Dienstag auch der „Stier von Manacor” per Twitter ab - mit durchaus harten Worten: "Es ist eine Entscheidung, die ich nie treffen wollte - aber ich muss auf mein Herz hören und auf das Reisen derzeit lieber verzichten. Die Covid-Fälle steigen an, es sieht so aus, als hätten wir das noch nicht unter Kontrolle." Damit würde es zum ersten Grand-Slam-Turnier seit den US Open 1999 kommen, an dem keiner der beiden teilnimmt.

Doch ob das größte der vier Major-Turniere im New Yorker Stadtteil Queens tatsächlich über die Bühne gehen wird, steht weiter in den Sternen. Absagen kann man freilich immer noch, und so mancher Star wird dies vielleicht auch noch tun. Stan Wawrinka, Nick Kyrgios, Fabio Fognini, Gael Monfils oder die Weltranglisten-Erste der Damen, Ashleigh Barty sowie Belinda Bencic hatten ihren New-York-Trip schon vor Nadal gecancelt.

Von der Absagenflut könnten einige Akteure profitieren: Novak Djokovic etwa, der im ewigen Kampf um den inoffiziellen Titel des "Größten aller Zeiten" (GOAT) den 18. Grand-Slam-Titel seiner Karriere feiern und damit weiter Boden auf Federer (20) und Nadal (19) gutmachen könnte. Oder Dominic Thiem, der von den Top-Ten-Spielern wohl die meiste Spielpraxis aufweist, als schärfster Herausforderer des Serben gilt und somit gute Chancen auf seinen ersten Grand-Slam-Triumph hätte. Und nicht zu vergessen Serena Williams. Die Tennis-Queen scheiterte zuletzt einige Male beim Versuch, ihren 24. großen Titel zu holen und damit mit Margaret Court gleichzuziehen. Viele weitere Absagen würden der US-Amerikanerin wohl in die Karten spielen.

Sollten die US Open stattfinden, werden sich die Gewinner aber wohl eine Frage besonders oft gefallen lassen müssen: Ist dieser Titel gleich viel wert, wie wenn es keine weltumspannende Pandemie und die daraus resultierenden Absagen gegeben hätte?