Dominic Thiem eilt derzeit auf der Weltbühne von einem Sieg zum nächsten. Und man sollte meinen, dass sich der heimische Tennisverband (ÖTV) im Fahrwasser des Weltranglistenvierten dessen Erfolge positiv zunutze macht. Aber das Gegenteil ist der Fall – der zweitgrößte Verband Österreichs versinkt aufgrund interner Reibereien auf Funktionärsebene derzeit im Chaos.
Die bei der Generalversammlung am 22. März in Ehrenhausen anberaumten Neuwahlen des Präsidiums wurden am Sonntagabend überraschend abgeblasen. Das aktuelle Präsidium inklusive Noch-Präsidentin Christina Toth bleibt vorerst im Amt, derweilen sollen die Statuten geändert werden, um künftig die neun Landespräsidenten ins Präsidium hieven zu können. Will Toth nicht weitermachen, soll ein Interimspräsident installiert werden.
Unternehmensberatung wurde engagiert
Dabei verfolgte der ÖTV bis vor Kurzem noch ganz andere Pläne. So wurde im Vorjahr die Unternehmensberatung Infora engagiert, um ein Modell für einen Reorganisationsprozess auszuarbeiten. Das Ergebnis: Sechs Personen (davon kein Landespräsident) sowie ein neuer Sportdirektor, der Geschäftsführer und drei Personen aus dem Kuratorium hätten unter dem Slogan „Die neuen Elf“ ein externes Präsidium bilden sollen. Dieser Vorschlag wurde auch am 7. Dezember 2019 bei einer Sitzung in Wien von den neun Landespräsidenten und der ÖTV-Präsidentin beschlossen und verabschiedet.
Bis zum 6. März hätten die Wahlvorschläge bei der Wahlkommission unter der Leitung von Kärntens Landespräsidenten Hugo Fürstler eingehen sollen. Da am selben Wochenende aber in Premstätten Davis Cup gespielt wird (Österreich matcht sich mit Uruguay um ein Finalticket), lud Fürstlter die Landespräsidenten bereits vergangenen Samstag zu einem Treffen nach Linz, wo über eine Vorauswahl der Kandidatenvorschläge abgestimmt werden sollte. Der Wiener Präsident Christian Barkmann führte dieses Prozedere aber ad absurdum, wollte er doch seine Namenliste nicht bekannt geben.
Das daraus resultierende Chaos nützten wiederum andere Landespräsidenten – allen voran Oberösterreichs Hans Sommer –, um die Präsidiumslösung in eine andere Richtung zu lenken. Angelehnt an das Modell des österreichischen Fußballbundes (ÖFB) sollen alle neun Landespräsidenten durch Statutenänderungen als Vizepräsidenten in das künftige ÖTV-Präsidium gehoben werden, dazu hole man sich ein oder zwei externe Personen mit an Bord.
Geendet hatte die Sitzung schlussendlich mit der mündlichen Vereinbarung, sich bis 24. Februar eine Bedenkzeit zu geben und dann darüber abzustimmen, für welches Modell man sich entscheide: „Die neuen 11“ oder eben die Landespräsidenten-Variante.
Beschluss wurde übergangen
Dieser Beschluss wurde nun aber übergangen, preschte der ÖTV doch mit der Aussendung vor, dass man sich auf keine Wahlvorschläge einigen hätte können. „Das bedeutet, dass das bestehende Präsidium die Geschäfte des ÖTV bis auf Weiteres weiterführen wird. Bis dahin werden die neu zu erstellenden Statuten so adaptiert, dass alle neun Landesverbands-Präsidenten Mitglieder des ÖTV-Präsidiums werden und der ÖTV-Präsident von einer weiteren Person besetzt wird“, steht in der Aussendung.
Nachgefragt bei Christian Zulehner, dem Vorsitzenden des Länderkuratoriums, bestätigt dieser den aktuellen Stand: „Bis Mitte des Jahres sollten die neuen Statuten stehen, dann sind wir handlungsfähig. Ob ein Landespräsident auch zum Präsidenten gewählt werden kann, mus erst geklärt werden. Sonst wird es ein Externer.“
Allerdings regt sich innerhalb der Landespräsidenten bereits Widerstand gegen diese Vorgehensweise, wäre der aktuelle Beschluss des Länderkuratoriums doch nicht rechtens, weil dieser aufgrund der Abwesenheit eines Landespräsidenten sowie der ÖTV-Präsidentin nicht beschlussfähig gewesen sei. Fortsetzung folgt!