War das die endgültige Geburt eines neuen Tennis-Superstars? Die 21-jährige US-Amerikanerin Sofia Kenin holte sich sensationell ihren ersten Grand-Slam-Titel. Die russisch-stämmige Nummer 12 der Welt, die Nummer 14 des Turniers, besiegte im Damen-Endspiel der Australian Open die favorisierte Spanierin Garbine Muguruza mit 4:6, 6:2, 6:2.
Im ersten Satz hatte die routinierte Spanierin noch das bessere Ende für sich, danach aber setzt sich immer mehr Kenin durch, die mit ihrem präzisen Spiel ihr Gegenüber zur Verzweiflung brachte und damit auch der vor dem Turnier so hoch gehandelten Cori "Coco" Gauff den Rang ablief.
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"Ich habe von diesem Moment geträumt, seit ich fünf Jahre alt bin. Ich habe so hart gearbeitet, um so weit zu kommen", erklärte die 1,70 m große Rechtshänderin, deren Eltern mit ihr wenige Wochen nach der Geburt aus Russland nach Florida ausgewandert waren, schon nachdem Finaleinzug. Und nach dem Finale meinte sie in der noch ungewohnten Siegesrede: "Mein Traum ist nun offiziell wahr geworden. Wenn du einen Traum hast, dann lebe ihn, und er kann auch wahr werden. Das waren die besten zwei Wochen meines Lebens."
Kenin hatte 2019 ihren Durchbruch. Sie gewann im Vorjahr alle ihre bisherigen drei WTA-Titel und kletterte im Ranking bis auf Platz 12. Schon vor dem Finale ist ihr der erstmalige Einzug in die Top Ten sicher. Ihr vor Melbourne 2020 bestes Major-Resultat war übrigens das Achtelfinale in Paris gewesen. Und ab Montag wird sie die Nummer 7 der Welt sein. Das große Ziel Kenins ist aber die Nummer eins der Welt zu werden - wie auch das der unterlegenen Muguruza, die das schon war. "Wir werden sicher noch mehr Finali gegeneinander haben", versuchte Kenin, ihrer besiegten Gegnerin Trost zu Spenden. Muguruza war von der Niederlage emotional sichtlich gezeichnet, gab sich aber als faire Verliererin: "Gratulation, du hast ein fantastisches Match, ein fantastisches Turnier gespielt", sagte sie in Richtung Kenin.
Muguruza auf dem Weg zurück
Muguruza hatte sich von ihrem Tief erfangen, auch indem sie zu ihrer früheren Trainerin Conchita Martinez zurückgekehrt ist. Im ersten Satz des Endspiels schien Muguruza ihrer Favoritenrolle gerecht zu werden. Ihr glückte gegen eine da nervös wirkende Kenin ein Break zum 2:1, bei 4:2 vergab sie aber drei Bälle auf ein Doppelbreak. Kenin verkürzte und konterte mit dem Rebreak zum 4:4 - und zwar durch einen von insgesamt acht Doppelfehlern Muguruzas. Noch agierte die Außenseiterin aber zu inkonstant, weshalb sie ihren Aufschlag postwendend erneut verlor und kurz danach auch den Satz.
Mit dem zweiten Durchgang begann allerdings die Wende. Auffallend, dass Kenin ihre Breakchancen konsequent nutzte, für ihre fünf Breaks benötigte sie sechs Versuche. Einer saß zum 3:1 im zweiten Satz, der zum 6:2 bedeutete den Satzausgleich. Kenin war da schon die bessere Spielerin, setzte sich aber sichtlich zu sehr unter Druck. Entscheidend jedenfalls, dass sie bei 2:2 mit fünf Punkten in Folge drei Breakchancen Muguruza zunichtemachte. Breaks zum 4:2 und 6:2 beendeten die Partie.
Ein Doppelfehler zum Abschluss
Nach 2:03 Std. war es ein Doppelfehler Muguruzas, mit dem das Damen-Turnier zu Ende ging. Für Kenin wurde damit die berühmte US-amerikanische Tellerwäsche-Legende wahr. Ihre Eltern waren einst aus Moskau in die USA ausgewandert, als die Tochter noch ein kleines Kind war. In der neuen Heimat Florida arbeitete die junge Dame fortan für den großen Traum, bei ihren dritten Australian Open war es nun soweit. Das Paris-Viertelfinale 2019 war ihr bisheriges Major-Maximum gewesen.
Kenin kassiert für ihren Erfolg ein Preisgeld von umgerechnet 2,5 Millionen Euro, womit sie ihre bisherige Karriere-Entlohnung beinahe verdoppelt. Für Muguruza fallen umgerechnet 1,25 Millionen Euro ab. In der Weltrangliste übernimmt Kenin von Serena Williams die Position als beste US-Amerikanerin.