Es war wohl einer der bittersten Momente von Dominic Thiem in seinem bisherigen Tennisleben. So knapp war der Österreicher bei den ATP Finals in London am erhofften Titel dran, doch musste sich der Österreicher am Ende nach einer 2:35-Stunden dauernden Tennisschlacht dem griechischen Jungstar Stefanos Tsitsipas mit 7:6, 2:6 und 6:7 geschlagen geben. "Es war ein unglaubliches Match und so knapp. Aber so ist das nun einmal im Tennis. Stefanos hat es sich verdient", hatte der Lichtenwörther noch am Platz bei der Siegerehrung gesagt.

Knapp eine Stunde später stellte sich der frustrierte Niederösterreicher in der O2-Arena noch den Fragen der Journalisten:

Im Tiebreak des dritten Satzes stand es 4:4. Was ist von da an schiefgegangen?
DOMINIC THIEM: In Tiebreaks im dritten Satz eines Finales spielt immer auch Glück eine Rolle. Die Chancen stehen da 50:50. In vielen Matches der letzten zwei, drei Monate hatte ich immer ein knappes Ende für mich. Diesmal war es eben anders. Es war von uns beiden ein großartiges Match. Wir hätten uns wohl beide den Sieg verdient, aber das geht im Tennis eben nicht. Bitter war vor allem nach dem Gewinn des ersten Satzes gleich das Break zu Beginn des zweiten Satzes. Das war nicht optimal, ein Schlag ins Gesicht.

Haben Sie die Verkühlung noch gespürt?
THIEM: Nein, von den ganzen Matches, die ich diese Woche gespielt habe, habe ich mich heute am besten gefühlt. Aber es war nicht einfach diese Woche. Jedes Match war eine Überwindung. Aber das macht mich zuversichtlich für die Zukunft. Denn ich werde wieder einmal krank sein und ich habe mir hier in London bewiesen, dass es auch gehen kann, wenn ich nicht ganz gesund bin.

Kann man den Verkühlungen auch noch anders entgegenwirken, außer mit einer behutsameren Turnier- und Reiseplanung?
THIEM: Ich habe mich schon einmal austesten lassen - hinsichtlich Ernährung gibt es nichts, was ich nicht vertrage. Aber ich bin auch ganz glücklich mit meiner Gesundheit. Auch andere Spieler sind immer wieder einmal verkühlt. Der Mensch ist eben hin und wieder krank - das ist auch gut so. Und bei dem ganzen harten Training und Reisen ist es normal, dass man ab und zu erkrankt. Wichtig ist, dass ich bei den großen Turnieren keine Ausfälle mehr habe.

Thiem hatte nach dem Match schwer an der Niederlage zu kauen
Thiem hatte nach dem Match schwer an der Niederlage zu kauen © AFP

Was nehmen Sie von dieser Woche mit?
THIEM: Sehr viel! Ich bin stolz auf meinen Auftritt hier. Es war ein großes Finale, das ich auch gewinnen hätte können. Es war nicht so wie bei den zwei French-Open-Finali, wo ich letztendlich ohne Chance war. Außerdem hat es mir gezeigt, dass ich auch auf schnellem Hartplatz bestehen kann. Somit gehe ich auch mit einem sehr guten Gefühl in die Saisonvorbereitung, weil ich genau weiß, was ich verbessern muss.

Ist es die bitterste Niederlage, die Sie je in Ihrer Karriere einstecken mussten?
THIEM: Möglicherweise. Aber es ist nicht das Ende der Welt. Wie gesagt, ich habe zuletzt auch viele enge Matches gewonnen und habe es so überhaupt erst hier hergeschafft. Tennis kann eben brutal sein.

Alex Zverev hat gesagt, Sie oder Tsitsipas können die Übermacht der großen Drei nächstes Jahr durchbrechen.
THIEM: Es ist immer eine Ehre, so etwas von einem anderen Spieler zu hören. Ich denke, dass ist sicher möglich. Wir alle spielen gutes Tennis - so wie auch Sascha. Wir werden 2020 wahrscheinlich eine neuen und jungen Grand-Slam-Sieger sehen.

Wie würden Sie Ihren Fortschritt auf Hardcourt in diesem Jahr beschreiben?
THIEM: Sehr gut. Vor allem ab den US Open und dem Laver Cup hat sich mein Spiel auf diesem Belag extrem weiterentwickelt. Den ehrlich gesagt liegt mir der Hardcourt in Indian Wells, wo ich gewonnen habe, sehr gut. Er ist sehr langsam, beinahe so wie Sand. Aber hier, in Wien, Peking und Schanghai, wo es viel schneller ist, habe ich auch sehr tolles Tennis gespielt. Ich habe mich bei der Vorhand, am Netz und bei der Spieleröffnung verbessert. Jetzt werde ich diese Niederlage verdauen und dann alles daran setzen, um mich noch weiter zu verbessern.

Letzte Frage: Was war für Sie der größte Höhepunkt in diesem Jahr?
THIEM: Das war Wien - das war ein emotionaler Wahnsinn und Traum für mich. Ich glaube, ich würde das österreichische Double nicht einmal mit einem Sieg hier in London eintauschen wollen.

Wie geht es bei Thiem jetzt weiter? Heute Abend ist er samt Familie und Manager Herwig Straka bei "Sport & Talk im Hangar-7" auf Servus TV zu Gast, danach geht es in den wohlverdienten Urlaub. Bereits Anfang Dezember startet in Miami die Saisonvorbereitung, am 20. Dezember geht es weiter nach Australien, wo Thiem am 3. Jänner in Sydney mit dem ATP Cup seine neue Saison startet.

Ahc ja, wer vom Tennis für heuer noch nicht genug hat: Heute startet in Madrid das Davis-Cup-Finale. Allerdings ohne österreichische Beteiligung ...