Roger Federer, die Tennis-Legende, der Tennis-König. Kein Spieler vor ihm hat die Szene so geprägt wie der mittlerweile 38-jährige Schweizer, der des Spielens nach wie vor nicht müde wird. Und der trotz seines vorangeschrittenen Alters beim heute startenden ATP-Finale in der Londoner O2-Arena noch immer zu den großen Favoriten zählt. Als Nummer drei gesetzt trifft der Eidgenosse zum Auftakt nicht vor 21 Uhr (MEZ/Servus TV live) auf Österreichs Ausnahmekönner Dominic Thiem.
Die Zahlen, die der 20-fache Grand-Slam-Sieger (Rekord) in London servieren kann, sind beeindruckend. Zum bereits 17. Mal steht Federer am Jahresende unter den besten acht Spielern der Welt. 2002 war er das erste Mal dabei, zehnmal stand er im Endspiel, sechsmal konnte er beim Saisonfinale bereits triumphieren. Das ist nur einer der vielen Bestmarken, die sich der Maestro im Laufe seiner einzigartigen Karriere an die Brust geheftet hat.
Für Thiem hat der Tennis-König nur lobende Worte übrig und sagt: "Er ist die Nummer 5, hat ein wunderbares Jahr und mich zweimal geschlagen". Damit spricht er die Duelle in Indian Wells (Finale) und Madrid (Viertelfinale) an, wo der Österreicher jeweils die Oberhand behielt. Hier in London ist allerdings wohl der Schweizer zu favorisieren, kommt ihm der schnelle Hallenbelag doch sehr entgegen.
Wie der Superstar, der zumindest noch nächstes Jahr seine Karriere inklusive Olympische Spiele in Tokio fortsetzen will, so tickt? "Ich habe erwartet, dass er viel arroganter ist", sagt Juan, ein langjähriger Bodyguard des Schweizers, der nun dem Tennis-Portal "Punto de Break" ein Interview gab, über das erste Treffen mit Federer im Jahr 2008. Es gäbe Kunden, die sofort eine Barriere aufbauen, kaum mit einem sprechen. Jenen sei "der Erfolg in den Kopf gestiegen", so Juan.
Nicht so Federer. "Es gibt nur wenige Spieler, die wie Roger Federer mit den Füßen auf dem Boden bleiben. Er hat Millionen auf dem Konto und lukrative Sponsorendeals, aber das merkt man ihm im Gespräch nicht an. Deshalb genießt er den Respekt seiner ganzen Umgebung." Die Spieler der jüngeren Generation würden sich hingegen mitunter weit arroganter geben - vor allem gegenüber Sicherheitspersonal. "Für die meisten jungen Spieler bist du ein Stück Scheiße. Das sind Jugendliche, die sich als Götter hingeben und für die alles, was nach ihnen kommt, keinen Wert hat", urteilt Juan hart.
Der Umgang mit den Fans sei mitunter schwierig - vor allem bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking. "Die meisten Menschen akzeptierten kein Nein, sie zeigten keinen Respekt. Es gab Situationen, da dachten wir: Wenn sie jetzt Federer in die Hände kriegen, ziehen sie ihn hier aus."
Am Media Day am Freitag in der O2-Arena sagte Federer zur Ausgangssituation in seiner Gruppe: "Der Druck ist sofort da - vor allem, wenn du weißt, dass du Weltnummer 5 Dominic Thiem, gegen den du dieses Jahr zweimal verloren hast, quasi unbedingt schlagen musst, weil später in der Gruppe noch Novak Djokovic wartet." Aber: "Hier wird best of three gespielt, der Belag ist sehr schnell und liegt mir. Hier in London ist es wie fast überall bei Hallenturnieren: als kehrte ich nach Hause zurück. Indoor ist einfach nostalgisch für mich. In der Halle hatte ich meine ersten Erfolge, konnte mein Ranking verbessern."
Wichtig sei auch, dass er sich auch am Saisonende noch fit fühle, während viele andere Spieler angeschlagen seien. "Vielleicht nimmt man gegen Ende der Saison generell etwas mehr Schmerztabletten. Es ist kalt draußen, was die Probleme noch verstärkt. Je mehr Probleme du hast, desto mehr Kompromisse musst du eingehen. Dann brauchst du viel positive Energie, um noch gut zu spielen. Aber ich fühle mich jetzt wunderbar, das ist ein Privileg."
Alexander Tagger aus London