Ein Großaufgebot an Prominenz aus Wirtschaft und Sport ist am Samstagabend in der Wiener Innenstadt Zeuge der Geburt einer neuen Bewegung im österreichischen Tennis geworden. Wie bereits von der Kleinen Zeitung berichtet, soll die von der steirischen Landesverbandspräsidentin Barbara Muhr gemeinsam mit Wolfgang Thiem initiierte Bewegung "Future for Tennis" dem nachhinkenden Nachwuchs u.a. auch eine Finanzspritze ermöglichen.
Muhr war ein halbes Jahr im Kreis der Vizepräsidenten des ÖTV, hat diese Position im Oktober zurückgelegt und nun im "Austrian Tennis Committee" (ATC) eine Vielzahl von Unterstützern aus Wirtschaft und Sport vereint. Bei der Veranstaltung, zu der u.a. auch Dominic Thiem vorbeischaute, fanden sich im Palais Szechenyi u.a. Thomas Muster, Wolfgang Thiem sowie etwa der Wiener Großbäcker Kurt Mann, Lotterien-Vorstand Bettina Glatz-Kremsner und der Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich, Jürgen Roth, ein. In erster Linie handelt es sich vorerst um ein "Angebot" an den Österreichischen Tennisverband (ÖTV), sollte dieses nicht angenommen werden, wird es zu einer Privatinitiative kommen.
"Wir möchten für die Jugend da sein"
"Wir haben uns ein bisschen an die Initiative 'Fridays for Future' angelehnt, deswegen auch Future for Tennis. Das ist der Slogan der neuen Bewegung", erklärte Muhr in den Geschäftsräumen des Teppichhändlers und Mitunterstützers Ali Rahimi. "Wir machen dem Österreichischen Tennisverband das Angebot. Wir möchten für die Jugend da sein, wir möchten mit Wolfgang Thiem gemeinsam da sein, wir möchten für neue Strukturen sorgen", so die selbst aus der Wirtschaft kommende Steirerin.
Weiters untermauerte Muhr die Priorität ÖTV. "Der Plan A ist: die Priorität gilt dem ÖTV, weil wir - auch Wolfgang Thiem - überzeugt davon sind, dass bestehende Strukturen da sind. Es gibt eine sehr gute Kooperation mit der Südstadt, wir sind beide überzeugt davon, dass ein nationales Leistungszentrum Sinn macht." Sollte der ÖTV respektive die Landespräsidenten das finanziell vielversprechende Angebot nicht annehmen wollen, sei das legitim. "Aber das ATC stirbt deswegen nicht, das ist sicher keine Eintagsfliege, im Gegenteil. Diese Persönlichkeiten sind felsenfest davon überzeugt, dass sie die Kinder und die Jugend fördern wollen. Dann wird es andere Projekte geben."
30 Personen, zumindest je 10.000 Euro
Aktuell sind über 30 Personen im ATC vertreten, jeder wäre laut Muhr allein zum Einstieg mit zumindest 10.000 Euro dabei. In weiterer Zukunft, gestand Muhr, müsse ein siebenstelliger Betrag das Ziel sein. Zudem bestehe das Potenzial zu einer Verdoppelung der beteiligten Personen.
Mit an Bord sind auch die ehemalige Nummer 1 der Welt, Thomas Muster, und Ex-Nummer 7 der Damen, Barbara Schett-Eagle. Muster sprach von einigen großen Erfolgen des österreichischen Tennis in den vergangenen Jahrzehnten. "Aber die Leute sind alle aus Einzelinitiativen gekommen und nicht aus einem wirklich sattelfesten Programm. Der einzige richtige Ansatz ist, in die Kinder zu investieren. Der Breitensport ist nun einmal das Fundament, um an die Spitze zu kommen", erklärte der 52-jährige Ex-French-Open-Champ.
Muster forderte Arbeit an der Basis, in den Schulen und "ein System aufzustellen, das funktioniert und auf einer gesunden Säule steht. Das passiert eben nicht." Die Leidenschaft der Kinder müsse wieder geweckt werden. "Wir sind in einer Wisch-Gesellschaft - Ipad - und die Körperhaltung ist eher so, dass die Kinder oft vom Turnen befreit sind."
Wolfgang Thiem als Sportdoirektor
Das Angebot des ATC an den ÖTV ist laut Muhr ein Gesamtpaket. Zusätzlich zur Wirtschaftskraft und der Bewegung "Future for Tennis" möchte man Wolfgang Thiem als ÖTV-Sportdirektor installieren sowie ein neues Präsidium. Dafür hätte das ATC auch schon sechs Personen, darunter auch Muhr, parat. Ob die zuständigen Landesverbandspräsidenten da in allen Punkten mitspielen, darf aber angezweifelt werden. Die Zukunft der aktiven ÖTV-Präsidentin Christina Toth ist vorerst bis März 2020 gesichert. Wie lange das Angebot des ATC gilt? "Wir werden nicht ewig warten. Wir sind motiviert. Aus Höflichkeitsgründen warten wir den März 2020 ab, aber das ist das Limit", so Muhr.
Für Wolfgang Thiem war der Abend "ein Zeichen, das man etwas bewegen könnte". Dies sei in der Phase zwischen Muster und seinem Sohn kein Thema gewesen. Er selbst könne seine Erfahrungen im Nachwuchsbereich einbringen. "In Konzepten oder in Strukturen, wie man in den Ländern richtig fördert und den Übergang, den man in die Südstadt macht. Das wäre so mein Part." Die aktuelle Problematik sieht Thiem in der Individualförderung. "Dadurch verwassert das alles. Auch beim ÖTV gab es Direktförderung, aber das ist Geld, was nicht sinnvoll eingesetzt ist."
Thiem setzt weiter auf die Südstadt
Für Thiem ist die Kooperation mit dem ÖTV keine zwingende. "Ich würde auf alle Fälle etwas Privates machen. Ich möchte den Spielern, mit denen ich Kontakt habe, unabhängig von der ganzen Geschichte eine Trainingsstätte bieten", so der Vater des Weltranglisten-Fünften. Trotz einer nötigen Modernisierung der Südstadt ("mehr Plätze, Top-Physiotherapie und Top-Konditionstraining") bleibt es für ihn "immer die Nummer-1-Destination."
Thiem seniors Wunschvorstellung wäre ein einheitliches System der Landesverbände. "Dass die Kinder bis 14 ausgebildet werden und von dort die Besten in die Südstadt kommen. Dort muss mit Burschen und Mädels gemischt gearbeitet werden. Da brauche ich mehr Plätze als drei. Die Veranstaltung zeigt, dass es Möglichkeiten gäbe, sich auch budgetmäßig so zu bewegen, dass ich in diesen Dimensionen denke."