Sportlicher Besuch beim Kleine-Zeitung-Salon in Wien. Tennis-Ass Dominic Thiem, der sich nach seiner Viruserkrankung wieder fit gemeldet hat und am Mittwoch zum Davis-Cup-Team in Finnland stoßen wird, gab im Gespräch mit Kleine-Chefredakteur Hubert Patterer einen interessanten Einblick in seine Sport- und Gedankenwelt.
Das sagte Dominic Thiem über ...
... seine Trennung von Langzeit-Betreuer Günter Bresnik:
Die Trennung ist mir natürlich sehr schwer gefallen, immerhin haben wir 15 Jahre zusammengearbeitet. Wir haben tolle Erfolge gefeiert und eine intensive Beziehung aufgebaut. Aber es war ein notwendiger Schritt für die persönliche Entwicklung und für die Entwicklung am Platz. Aber das ist im Sportgeschäft alltäglich, dass es zu Veränderungen kommt. Seit dieser Schritt vollzogen ist, läuft es bei mir sehr gut. Ich fühle mich in vielen Sachen freier, rund um den Platz ist alles besser organisiert. Das von der Loslösung noch Narben geblieben sind, ist ganz normal. Es war eben eine besondere Konstellation. Aber die Zeit wird alle Wunden heilen. Wir sind ja nicht im großen Krach auseinandergegangen, es war keine Scheidung. Wir grüßen uns ganz normal, wenn wir uns sehen.
... die Phase nach dem Paris-Finale:
Die Monate bis dahin waren sensationell, danach die Erstrunden-Niederlage in Wimbledon war bitter. Doch gegen eine Querrey kann man verlieren. Der Triumph in Kitzbühel war dann wiederum etwas Besonderes, weil ich mir da einen Traum erfüllt habe und Emotionen hatte, die ich bis dahin noch nie erlebt habe. Doch das alles hat sehr viel Substanz gekostet. Die Wochen danach sind in die Hose gegangen, aber ich habe nächstes Jahr in New York meine nächste Chance.
... was ihm zu den großen drei Djokovic, Nadal und Federer fehlt:
Die Konstanz. Denn im direkten Vergleich gibt es keine Unterschiede, ich habe sie alle schon geschlagen. Aber sie können eben jederzeit ihr bestes Tennis abrufen - das fehlt mir noch ein bisschen. Und bei einem Grand Slam muss man für den Titel eben immer zwei von ihnen schlagen und das ist mir noch nicht gelungen. Aber ich warte weiter auf meine Chance.
... über seine Anfälligkeit für Erkrankungen:
So oft bin ich nicht krank, doch hat jede Krankheit große Auswirkungen auf meinen Beruf. Andere haben Probleme bei den Muskeln, davon bin ich bis dato Gott sei Dank so gut wie verschont geblieben. Ganz ausschalten kann ich meine Anfälligkeit nie, aber wir arbeiten daran. Es sollte eben nicht vor oder bei großen Turnieren passieren. Daher wollen wir die Planung für nächstes Jahr neu gestalten, mehr auf große Turniere konzentrieren und die Pausen besser einteilen.
Hier gibt's den Livestream zum Nachschauen:
... über sein Antreten beim Davis Cup am kommenden Wochenende gegen Finnland:
Wir haben uns das mit der Zusage gründlich überlegt. Ich spiele immer gerne Davis Cup, man spielt in einem Team und für Österreich. Und ich sehe es als gute Vorbereitung für den Rest des Jahres. Ich muss wieder in den Spielrhythmus kommen.
... über die Ibiza-Affäre:
Eigentlich höre ich von den Kollegen auf der Tour meist nur Positives über Österreich, aber in diesem Fall haben sie mich teilweise schon gehänselt. Aber ich interessiere mich ehrlich gesagt nicht so sehr für Politik.
... sein Verhältnis zu den Medien:
Ich denke, das Verhältnis ist gut. Ich lese sehr gerne die Zeitung, man kann sie ja mittlerweile überall auf der Welt online konsumieren. Über mich selbst lese ich aber nie etwas, weil oft Kommentare unter Geschichten stehen, auf die ich gerne verzichte. Natürlich gehört Kritik auch dazu und sie ist teilweise auch berechtigt. Aber die niveaulosen Kommentare sind verzichtbar. Als kränkend empfinde ich es aber nicht, man darf es nur nicht an sich heran lassen.
... über sein Reisegepäck:
Ich habe sechs Schläger dabei. Bei jedem Wechsel der Bälle wechsle ich auch den Schläger. Dauert die Partie länger, lasse ich ein paar Schläger während des Spiels neu bespannen. Außerdem brauche ich viele Schuhe, weil ich einen hohen Verschleiß habe. Musik habe ich am Handy und ich gebe zu, dass ich gerne Schlager höre. Musik ist wichtig und pusht mich vor einem Match. Aber ich mag deutsche Musik prinzipiell. Ich kenne die Leute von Revolverheld ganz gut, Wir sind Helden taugt mir auch. Aber es gibt auch gute österreichische Sachen.
... über die Begleitung der Eltern zu Turnieren:
Es ist wichtig, dass Leute in der Box sitzen, zu den ich Vertrauen habe. Denn es kann schon sehr einsam werden auf dem Platz, wenn es über vier oder fünf Stunden geht. Die Familie ist eine der wichtigsten Dinge im Leben - das ist unabhängig von dem, was man macht.
... über seine größten Schwächen:
Das Return- und das Netzspiel haben noch das größte Verbesserungspotenzial. Von Schwächen kann man auf diesem Niveau nicht mehr sprechen.
... über seine Beziehung zu Freundin Kiki Mladenovic:
Wir sehen uns bei den kombinierten Turnieren und zwei, drei Wochen abseits davon. Es hilft auf alle Fälle, wenn der Partner das gleiche macht, weil sie es versteht, wenn man wieder für mehrere Wochen wegfliegen muss.
... über seinen Umgang mit Niederlagen:
Es gibt verschiedene Arten von Niederlagen. Welche, wo man komplett am Boden zerstört ist. Welche, wo man viel Positives mitnehmen kann. Und jene, wo man zuerst frustriert ist, man aber später einen anderen Zugang findet. Zuerst empfindet man pure Leere und fragt sich: Was hätte ich anders machen können und bekomme ich jemals wieder die Chance? Doch nach ein paar Tagen später kommt die Erkenntnis, dass man doch was Großes geschafft hat.
... über Geld:
Ich weiß nicht, wie viel ich verdient habe - darum kümmert sich die Familie. Ich kann nur eine gute Sache wirklich gut - und das ist Tennisspielen. Geld war für mich noch nie eine Triebfeder, aber es macht natürlich einige Sachen leichter. Etwa einen gesunden Lebensstil zu führen, denn das ist leider teuer. Luxus ist für mich, Essen einkaufen zu können, ohne auf den Preis achten zu müssen.
... über eine mögliche "Steuerflucht":
Wir haben in Österreich einen fairen Steuersatz, daher muss ich auch nicht über einen Wohnsitz im Ausland nachdenken.
... über seinen größten Traum:
Das ist natürlich der Gewinn eines Grand-Slam-Turniers. Egal wo. Ich denke oft darüber nach, wie schön es wäre. Und dafür trainiere ich auch hart.
... über den Rücktritt von Marcel Hirscher:
Ich habe ihn leider noch nie kennengelernt. Es ist traurig, wenn ein so außergewöhnlicher Sportler seine Karriere beendet. Aber für ihn beginnt jetzt ein anderes schönes Leben. Aber ich kann ihn verstehen - man muss täglich an seine Grenzen gehen und sehr viel arbeiten für die schönen Momente. Das zehrt extrem.
... über sein Karriereende:
Ich weiß noch nicht, wann ich aufhöre. Aber irgendwann muss man den richtigen Zeitpunkt finden. Es darf nicht zu früh und auch nicht zu spät sein.