Die Tennis-Erfolgsgeschichte von Rafael Nadal hat seit Sonntagabend ein Kapitel mehr. Der Spanier triumphierte zum vierten Mal bei den US Open und holte sich den 19. Grand-Slam-Titel seiner Karriere, womit ihm nur noch ein Erfolg auf Rekordsieger Roger Federer fehlt. Im Finale von Flushing Meadows siegte der Ranglistenzweite in einem Krimi gegen den Russen Daniil Medwedew mit 7:5, 6:3, 5:7, 4:6, 6:4.
Seinen dritten Matchball verwandelte der Mallorquiner erst nach 4:49 Stunden. Für Nadal war es der "emotionalste" Titelgewinn seiner Karriere. "Die Fans haben mir unglaubliche Energie gegeben", dankte der 33-Jährige dem Publikum. Die Partie bezeichnete er als "verrückt". "Ich habe immer wieder die Kontrolle gehabt, sie dann wieder verloren, die Nerven haben eine Rolle gespielt", sagte Nadal.
Nur ein Titel fehlt ihm jetzt auf Grand-Slam-Rekordsieger Roger Federer, mit 4 US-Open-Titeln zog Nadal mit John McEnroe gleich. "Der Titel ist extrem wichtig für mich", betonte der Weltranglistenzweite. Seinem Gegner streute er Rosen: "Jeder hat gesehen, warum er die Nummer vier der Welt ist und das mit 23 Jahren. Er erlebt einen super Sommer, spielt wirklich toll und wird sicher noch viele Chancen haben, hier den Titel zu gewinnen."
"Um jeden Ball gekämpft"
Medwedew gratulierte Nadal zu seinem 19. Grand-Slam-Titel. "Das ist unglaublich", meinte der 23-Jährige. Er habe in einem sehr harten Match um jeden Ball gekämpft. "Leider ist es am Ende nicht für mich ausgegangen", so Medwedew. "In diesem Jahr hat sich viel verändert für mich, ich danke allen, die daran beteiligt waren", schilderte der Russe. Er entschuldigte sich auch noch einmal beim Publikum für seinen Ausraster in früheren Turnier-Runden. "Was ich gesagt habe, war nicht so nett. Jetzt sage ich aber etwas Anderes. Wegen eurer Energie habe ich es noch in den fünften Satz geschafft und gekämpft wie ein Löwe."
Nach den French Open triumphierte Nadal zum zweiten Mal in dieser Saison bei einem der vier Major-Events. Bei den US Open hatte der 33-Jährige zuvor auch schon 2010, 2013 und 2017 den Titel geholt. Nadal erhöhte sein Karriere-Preisgeld auf mehr als 115 Millionen US-Dollar (104,29 Mio. Euro) und wird dem bereits im Achtelfinale gescheiterten Branchenprimus Novak Djokovic (9.865 Punkte) im am Montag erscheinenden neuen Ranking mit 9.225 Zählern sehr nahe rücken.
Medwedew, der für das Finale 1,9 Millionen Dollar (1,72 Mio. Euro) kassierte, wird ÖTV-Star Dominic Thiem auf Rang vier ablösen. Der in New York als Nummer fünf gesetzte 23-Jährige lieferte bei seiner Grand-Slam-Final-Premiere eine starke Leistung ab, zog trotz beeindruckender Aufholjagd aber am Ende hauchdünn den Kürzeren. Es war das vierte Finale für Medwedew in Folge, bis auf Cincinnati ging er dabei immer als Verlierer vom Platz. Nadal hat er trotzdem etwas voraus: Mit 50 Match-Siegen ist der Russe vor Nadal (46) die Nummer eins in der laufenden Saison.
Medwedew hatte den besseren Beginn
Der erste Satz im Arthur Ashe Stadium war extrem ausgeglichen, wobei der Außenseiter den besseren Beginn hatte. Nachdem Medwedew bereits im ersten Game einen Breakball vorgefunden hatte, nahm er dem auf Position zwei eingestuften Nadal zum 2:1 erstmals den Aufschlag ab. Der Spanier schlug in seinem 27. Major-Finale aber postwendend mit einem Rebreak zurück. Bei 3:4 konnte Medwedew noch drei Breakchancen abwehren, bei 5:6 schaffte er es aber nicht mehr ins Tiebreak. Nadal verwertete nach mehr als einer Stunde seinen zweiten Satzball bei Aufschlag Medwedews, der sich einen Volleyfehler leistete. Von der Statistik her war damit quasi die Entscheidung gefallen. Nadal hatte vor dem Finale auf Grand-Slam-Ebene von 234 Matches 230 nach gewonnenem ersten Satz für sich entschieden.
Auch zu Beginn des zweiten Durchganges fehlte Medwedew die nötige Effizienz, leichtfertig vergab er eine Breakchance. Dafür konnte er in der Folge bei 1:2 und 0:40 gleich vier Breakbälle Nadals abwehren. Ein ähnliches Kunststück gelang ihm bei 2:3 nicht mehr, Nadal nahm seinem Gegner zum 4:2 den Aufschlag ab und servierte in der Folge nach 1:50 Stunden verdient zum 6:3 aus. Der Mallorquiner war in dem Durchgang der überlegene Spieler.
Satz drei verlief dann wieder auf des Messers Schneide. Nadal schien mit dem Break zum 3:2 den Sack zuzumachen, Medwedew antwortete aber sofort mit dem Rebreak. Bei 4:4 vergab Nadal eine Breakmöglichkeit mit einem unerzwungenen Fehler. Das sollte sich noch rächen. Medwedew erarbeitete sich bei 6:5 und Aufschlag Nadal drei Satzbälle und verwertete den zweiten zum 7:5. Zu dem Zeitpunkt waren die Zuschauer eher mehr auf der Seite des Außenseiters, der sich in Runden zuvor noch mit dem Publikum angelegt und dafür auch eine Geldstrafe erhalten hatte.
Entscheidendes Break
Medwedew nahm den Schwung sichtlich mit, konnte aber eine Breakchance auf das 2:0 nicht nutzen. Bei 2:2 ließ Nadal wiederum zwei Möglichkeiten ungenutzt, seinem Gegner den Aufschlag abzunehmen. Bis 5:4 Medwedew zeigten beide ihre besten Aufschlagleistungen, dann gelang dem Russen mit einem super Passierschlag das entscheidende Break zum 6:4.
Im Entscheidungsdurchgang ließ der 1,98-Meter-Mann bei 1:0 drei Breakchancen aus. Bei 2:1 ließ sich der bis zum Finale fast drei Stunden länger als Nadal im Einsatz gewesene Russe am Oberschenkel behandeln. Danach hatte Nadal den längeren Atem. Medwedew verspielte ein 40:0 und Nadal, der plötzlich auf viel Slice setzte und damit Erfolg hatte, stellte mit Break auf 3:2 und einem weiteren auf 5:2. Medwedew konnte zwar nach Abwehr von zwei Matchbällen noch auf 4:5 verkürzen und hatte dort auch einen Breakball, Nadal beendete die Partie aber in der Folge mit seinem dritten Matchball.
Nadal setzte damit die beeindruckende Serie der Top-Drei-Spieler fort. Seit dem Erfolg des Schweizers Stan Wawrinka bei den US Open 2016 haben Djokovic (Wimbledon 2018 und 2019, US Open 2018, Australian Open 2019), Nadal (French Open 2017 bis 2019 sowie US Open 2017 und 2019) sowie der bei den US Open im Viertelfinale gescheiterte Federer (Australian Open 2017 und 2018, Wimbledon 2017) alle Grand-Slam-Events für sich entschieden.
Medwedew muss weiter auf seinen sechsten Turniersieg warten, alle fünf Trophäen konnte er sich bisher auf Hartplatz sichern, 2018 in Sydney, Winston-Salem und Tokio, diese Saison vor Cincinnati auch schon in Sofia. Marat Safin bleibt somit der bisher letzte russische Grand-Slam-Sieger (2005 Australian Open) und auch US-Open-Champion (2000).