Das hat sich Dominic Thiem wohl ganz anders vorgestellt. Und die Tennis-Fans natürlich auch. Aber Dominic Thiem, der in Montreal zuvor endlich seinen "Montreal-Fluch" abgelegt und Siege gegen Denis Shapovalovund Marin Cilicgefeiert hatte, ging im Viertelfinale des ATP-1000-Masters-Turniers in Kanada unter. Gegen den Russen Daniil Medwedew setze es ein 3:6, 1:6. Aber: Thiem litt unter einer starken Verkühlung, wie er später erklärte.
Das Positive: So gut wie in diesem Jahr war Thiem eben noch nie auf kanadischem Boden. Das Negative: Thiem wirkte gegen den 23-jährigen Gegner im Vergleich zu den Vortagen saft- und kraftlos. Man vermisste den Willen, die Härte in den Schlägen, die Präzision. Gleich die ersten drei Punkte gab Thiem bei eigenem Aufschlag ab, das Aufschlagspiel gleich dazu. Und nie hatte man das Gefühl, dass der Niederösterreicher diesen schlechten Auftakt wettmachen könnte. Medewedew war in allen Belangen überlegen.
Thiem schien nicht bei 100 Prozent
Nicht ganz zu unrecht meinte der Sky-Kommentator zwischendurch: "In dieser Verfassung hat Thiem gegen keinen einzigen Top-Ten-Spieler eine Chance." Es war so, auch seinen Aufschlag zum 3:6 gab Thiem ab. Und im zweiten Satz kam es noch dicker: Thiem, antriebslos, ohne positive Emotion, schien einfach nicht auf hundert Prozent zu sein. Man war fast an das Vorjahr erinnert, als er mit einem Infekt zu kämpfen hatte. Da half auch ein "Tweener" nicht.
Logische Folge: Medwedew hatte leichtes Spiel. Zu leichtes. Einen einzigen Punkt machte Thiem in den ersten drei Spielen des zweiten Satzes. Ein Faktum, dass man bei einer gesunden Nummer vier der Welt nicht vermuten würde. Viel besser wurde es danach auch nicht - es gab die beinahe die Höchststrafe, Medwedew hatte bei 5:0 im zweiten Satz schon einen Matchball, doch das Ehrenspiel holte sich Thiem wenigstens. Aber: Ganze fünf Punkte machte Thiem etwa mit seinem zweiten Aufschlag, Breakball gab es für ihn keinen einzigen. Und den Matchball machte Medwedew mit einem Ass mit dem zweiten Aufschlag.
Bleibt nur zu hoffen, dass Thiem tatsächlich nur einen schlechten Tag hatte und nicht wirklich wieder einen Virus eingefangen hat. Man wird es nächste Woche beim nächsten ATP-1000-Masters ins Cincinnati sehen.
"Von mir war es sehr solide, aber ich kann nicht sagen, wie es ihm ging", meinte der 23-jährige Medwedew nach dem Spiel, fügte aber an: "Ich kann mir vorstellen, dass ihn das heute mehrere Leute fragen, ob er voll da war. Aber das soll er beantworten." Und zu seinem Spiel meinte der Russe, der erstmals in den Top Zehn der Welt steht und das mit einer bärenstarken Form untermauert, meinte weiter: "Es funktioniert alles sehr gut im Moment. Es ist mein Spiel, wenig Fehler zu machen und irgendwie bin ich gerade on fire. . . "
Thiem löst auf: "Ich war verkühlt"
Ein wenig nach dem Spiel löste Thiem das Rätsel und bestätigte die Vermutungen. Fit war er definitiv nicht, er litt unter einer Verkühlung, die er sich bald nach der Ankunft aus Kitzbühel zugezogen hatte. "Gestern und vorgestern war es noch okay, ich bin auch relativ locker in die Matches reingegangen. Das hat gut funktioniert. Heute war es am Platz ein bisschen schlechter. Außerdem hat er richtig gut gespielt", erklärte der Niederösterreicher.
Am dritten, vierten Tag sei die Verkühlung immer am Höhepunkt. "Außerdem hat das Ganze mit dem Herreisen und mit dem Jetlag rein in die Verkühlung Kraft gekostet. Heute war ich einfach komplett hin", gestand er. Aber er wollte die Partie nicht w.o. geben, sondern es wenigstens versuchen: "Jetzt werde ich schauen, dass ich bis Cincinnati wieder voll fit werde."
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