Beim Auftaktmatch von Dominic Thiem ist Ex-Manager Günter Bresnik fünf Reihen hinter Ihnen gesessen.
HERWIG STRAKA: Ich weiß nicht, ob er sich da etwas Gutes getan hat, es dürfte nicht angenehm gewesen sein. Für mich hat es keinen Unterschied gemacht.
Beim Wechsel von Bresnik zu Ihnen als Thiem-Manager soll sogar ein Gang vor das Gericht im Raum gestanden sein.
Keine Trennung verläuft reibungslos. Die Gespräche zwischen Günter und mir waren aber von Respekt geprägt. Und das hat dazu beigetragen, dass es eine für alle Seiten tragbare Lösung gegeben hat. Ein Gang vor das Gericht wäre eine Option gewesen, aber die schlechteste.
Wo sehen Sie Thiem in der Weltsportart Tennis positioniert?
Sportlich gesehen hat er das Potenzial für die Top drei. Meine Aufgabe ist es, seine Persönlichkeit zu komplettieren. Also das zu ergänzen, was er auf dem Platz liefert. Dass er abseits der Courts ebenso Weltklasse ist und Ziele und Inhalte hat, für die er steht. Das ist wie bei einem Unternehmen – da hat man ein Image, und das muss man konsequent leben.
Werden Sie die Marke Thiem mehr national oder international ausrichten?
Ich denke, man braucht beides. Man soll nie die Herkunft vergessen, regionale Partner sind wichtig. Aber man muss Dominic aus finanziellen Gründen auch international platzieren. Ich werde aber nicht den Fehler wie Alex Zverev machen, der gesagt hat, ich ignoriere den deutschen Markt und will nur international gesehen werden. Das ist falsch.
In der Weltrangliste ist Thiem die Nummer vier. Und wirtschaftlich gesehen?
Aktuell hat er den Nachteil, dass er in einem kleinen Markt aufgewachsen ist. In Spanien oder Deutschland sind die Sponsorenverträge von Natur aus höher. Deshalb muss er international mehr Fuß fassen. Aktuell ist er in diesem Bereich vielleicht Top zehn, aber da sehe ich noch viel Potenzial.
Federer ist der große Sir, Nadal der große Kämpfer – als was kann man den Typ Thiem verkaufen?
Das müssen wir erst definieren, aber du kannst ihn nur als etwas verkaufen, das auch authentisch ist. Ich kann nicht sagen, er muss jetzt der große Kämpfer werden – das muss sich von Dominic heraus ergeben.
Thiem hat das Image des netten, höflichen, normalen Typs.
Normal ist zu wenig, du brauchst Ecken und Kanten. Bist du im Geschäftsleben in der Mitte, verlierst du immer. Du musst entweder das eine oder das andere Extrem sein. Dominic muss ein Profil bekommen, soll aber deswegen nicht sein Wesen ändern.
Sie sind Turnierdirektor in Wien, Board-Direktor der ATP und Manager von Thiem – droht da eine Wettbewerbsverzerrung?
Es gibt Leute, die sind jetzt neidisch und sagen, es gibt durch meine Board-Position einen Interessenkonflikt. Aber das sagen Leute, die mich nicht kennen. Denn ich bin integer – deshalb bin ich auch gewählt worden. Ich habe das auch mit Dominic besprochen und wir haben gesagt, dass wir das ganz sauber trennen. Er wird deswegen nicht für weniger Geld beim Turnier in Wien antreten. Und: In dem Moment, wo ich im Board sitze, habe ich nur die Board-Position zu vertreten und darf nicht an Dominic denken. Und in dem Moment, wo ich einen Deal für Dominic aushandle, geht es nur um ihn.
Wo platzieren Sie Thiem unter allen österreichischen Sportlern?
Meiner Meinung nach steht er einiges über Marcel Hirscher. Nicht national, aber international. Ich sehe auch David Alaba und Marko Arnautovic hinter Dominic – die haben den Nachteil des Mannschaftssports.
Alexander Tagger aus Paris