Am 1. April 1989, kurz nach Mitternacht, drohte eine der größten Tenniskarrieren der Welt zu zerbrechen. Mit einem Sieg über Yannick Noah zog Thomas Muster ins Finale von Key Biscayne ein, wo er auf den damaligen Weltranglisten-Ersten Ivan Lendl treffen hätte sollen. Hätte. Denn, als Muster vor dem Hotel seine Tasche aus dem Kofferraum holen will, macht es einen Knall. Ein Betrunkener fährt den damals 21-jährigen Steirer mit seinem Pontiac um.

„Ich hatte bis dahin nie eine Verletzung und wusste nicht, was ein Kreuz- oder Seitenband ist. Nach dem Aufprall konnte ich nicht aufstehen, weil das Knie weggekippt ist. Trotzdem habe ich gesagt: ,Das geht schon wieder bis Sonntag’“, erinnert sich Muster an den Schreckensmoment vor 30 Jahren zurück.

Doch hätte der Unfall, der in sechs Monate außer Gefecht setzte, auch etwas Positives gehabt: „Es hat mir gezeigt, wie sehr ich den Sport liebe und vermisse. Und er hat mir geholfen, meine körperlichen Defizite auszumerzen.“ Wie das? „Ich war damals vier oder fünf Monate auf Therapie bei Willi Dungl in Gars am Kamp. Da ist mir relativ schnell fad geworden. Und als ich einmal auf einem Tennisplatz war, hab ich mir einen Stuhl geben lassen, ein paar Bälle geschlagen und gemerkt, dass das gar nicht schlecht geht. Also habe ich einen Tischler gebeten, mir jene Bank zu zimmern, die zu meinem Trainingsgerät wurde und mit den Fotos um die Welt gegangen ist. Dem Dungl hat das nicht so getaugt“, lacht der Paris-Triumphator 1995.

Doch das unkonventionelle Training machte sich schnell bezahlt. „Vor allem für Rumpf und Oberkörper. Als ich wieder auf die Tour zurückgekehrt bin, hatte ich einen unglaublichen Oberkörper.“ Am 1. Jänner 1990 gewann Muster in Adelaide bereits wieder ein Turnier. „So gesehen ist Key Biscayne gar keine böse Erinnerung, sondern war eine Bereicherung für mein Spiel.“