Heute um 21 Uhr schlägt in der Londoner O2-Arena für Dominic Thiem die Stunde der Wahrheit. Nach seiner 3:6, 6:7-Auftaktniederlage gegen Kevin Anderson muss der Österreicher sein zweites Gruppenspiel gewinnen, um die Chance auf den erstmaligen Halbfinaleinzug zu wahren. Dass ihm bei diesem Unternehmen ausgerechnet Roger Federer gegenüberstehen wird, macht die Sache nicht leichter.

Allerdings sprechen ein paar Faktoren dafür, dass Thiem die Sensation gelingen könnte. Erstens agierte Federer bei seinem ersten Auftritt ernüchternd schwach und musste gegen Kei Nishikori eine unerwartete 6:7, 3:6-Niederlage zur Kenntnis nehmen. Zweitens ist Thiem der einzige der acht Spieler in London, der gegen den Superstar eine positive Bilanz aufweist. 2:1 führt der 25-Jährige im „Head to Head“ – allerdings rührt das letzte Duell aus dem Jahr 2016. Und drittens steht hinter der körperlichen Verfassung des Schweizers, der in London seinen 100. Turniersieg fixieren will, ein kleines Fragezeichen. So sagte der „Maestro“, der das ATP-Finale bereits sechs Mal gewonnen hat (Rekord), die gestrige Trainingseinheit ohne Angabe von Gründen ab. So etwas heizt natürlich die Gerüchteküche an ...

Sollte Federer heute nicht antreten können, würde Ersatzmann Karen Chatschanow zum Zug kommen. Das würde die Aufgabe für Thiem allerdings nicht wirklich erleichtern, ist er dem Russen doch erst vor wenigen Tagen im Paris-Halbfinale glatt unterlegen. Chatschanow gewann anschließend auch gegen Novak Djokovic und somit sein erstes Masters-Turnier.

Doch zurück zu Federer: Der sagte bezüglich des Thiem-Matches nur, dass „wir schon länger nicht mehr gegeneinander gespielt haben. Ich weiß nur, dass ich viel besser spielen muss als gegen Nishikori.“ Und Thiem selbst? „Federers Partie gegen Nishikori ist extrem gekippt, dazu gab es viele Fehler auf beiden Seiten. Aber das hat keine Aussage. Wenn er aber auch gegen mich nicht sein bestes Tennis spielt und ich an die Leistung vom zweiten Satz gegen Anderson anschließen kann, sehe ich eine Chance.“ Ob er sich einen Plan zurechtgelegt habe? „Gegen Roger ist es wichtig, ihn nicht ins Spiel kommen zu lassen. Sobald er in der Offensive ist, gibt er es nicht mehr her. Also werde ich versuchen, von Anfang an aggressiv zu spielen.“ Dass Federer das Training ausließ, spielt laut dem Österreicher keine Rolle: „Das macht er öfter. Er verlernt ja das Tennisspielen nicht so schnell.“

Einen erfolgreichen Start legte unterdessen Oliver Marach im Doppel hin. Mit dem Kroaten Mate Pavic, der sich nach seinem Bauchmuskeleinriss wieder fit präsentiert hat, siegte der topgesetzte Grazer gegen die französischen Angstgegner Herbert/Mahut, gegen die sie heuer das French-Open- und das Rotterdam-Finale verloren haben, mit 6:4, 7:6. „Ich habe heute wirklich unglaublich serviert, der Sieg ist verdient“, freute sich der Steirer, der anschließend mit Pavic den Pokal für Platz eins in der Doppel-Weltrangliste am Jahresende überreicht bekam.