Anfang Mai, genauer gesagt am 7., war Schluss. Camila Giorgi stellte still und heimlich ihr Arbeitsgerät in die Ecke und verschwand wenig später völlig von der öffentlichen Bildfläche. Das plötzliche Untertauchen nährte eine Vielzahl an Spekulationen, immerhin hätte sich die ehemalige Nummer 26 der Weltrangliste in ihrer Heimat gleich mehreren Fragen der italienischen Justiz stellen müssen. Der Themenkatalog ist vielfältig: Steuerhinterziehung, Impfpass-Fälschung, Mietrückstand, Diebstahl.
Mietrückstand (100.000 Euro) und Diebstahl rühren noch aus jener Zeit, als die vierfache Turniersiegerin mit ihrer Familie (allen voran ihr dominanter Vater und Trainer Sergio) in einer Villa in Calenzano logierte und diese von einem Tag auf den anderen halb leergeräumt verließ. In Sachen Steuerhinterziehung wurde vom italienischen Finanzamt ein Vollstreckungsbescheid für Giorgis Preisgelder in Höhe von 446.000 Euro erlassen. Aber: Der Rücktritt verhinderte die Überweisung des Geldes von den Turnierveranstaltern ans Finanzamt. Dort hätte Giorgi, die mit „Giomila“ ihr eigenes Mode-Label führt, übrigens schon für den 13. April eine Vorladung gehabt, doch ließ sie den Termin verstreichen.
Anfang Juni ließ Giorgis Anwalt Edmondo Tomasellito verlauten, die 32-Jährige würde nach Italien zurückkehren und den zuständigen Stellen Auskunft geben. Nun, knapp dreieinhalb Monate später, meldete sich ihr Rechtsvertreter wieder zu Wort und erklärte: „Camila Giorgi ist in Rom. In den letzten Monaten ist sie wegen ihrer Arbeit viel herumgereist. Kurz gesagt, von einem Weglaufen kann nicht die Rede sein, wie es einige behauptet haben.“ Auch, dass sie verschwunden war, sei Blödsinn – Giorgi habe sich einige Zeit in den USA aufgehalten und sei dann nach Italien zurückgekehrt, um sich Arbeitsprojekten zu widmen. So wie derzeit in Rom einem Model-Auftrag.
Dort kann die Italienerin dann gleich bleiben, steht doch am 5. November ein Gerichtstermin an. Verhandelt wird die Beschuldigung, Giorgi habe während der Corona-Pandemie mehrere Corona-Tests gefälscht, um den für internationale Reisen benötigten grünen Pass zu erhalten. Wie es danach beim ehemaligen Tennis-Ass weitergeht, ist offen. Doch gut möglich, dass auch ihr ehemaliger Vermieter aus Calenzano im Gerichtssaal unter den Zuschauern Platz nehmen wird. Einen Versuch wäre es wert – jetzt, wo Giorgi endlich wieder einmal da ist ...