Alexander Zverev hat bereits am Donnerstag, 1.30 Uhr Ortszeit beim Grand-Slam-Turnier in Melbourne für eine große Überraschung gesorgt. Der als Nummer sechs gesetzte Deutsche besiegte im Viertelfinale Co-Favorit Carlos Alcaraz in 3:05 Stunden mit 6:1, 6:3, 6:7(2), 6:4 und verhinderte ein Halbfinale der Top 4. Zverev war beim Stand von 6:1, 6:1, 5:3 nur zwei Punkte vom Sieg entfernt gewesen, ehe sich der Spanier noch aufbäumte. Zverev trifft jetzt auf den Russen Daniil Medwedew.
Dieser war nach Novak Djokovic und Jannik Sinner mit viel Mühe ins Halbfinale eingezogen. Nach 3:59 Stunden rang er den Polen Hubert Hurkacz mit 7:6(4), 2:6, 6:3, 5:7, 6:4 nieder.
Medwedew war nach dem Match, seinem zweiten Fünfsatz-Thriller im Turnierverlauf, ausgelaugt. „Ich bin völlig am Ende. Nicht, dass mir im zweiten Satz schon das Benzin ausgegangen wäre, aber ich war schon da ziemlich müde. Im vierten konnte ich mich kaum mehr konzentrieren. Ich habe mich schon damit abgefunden, dass ich nach dem Match wohl nach Hause gehe und machte einfach, was möglich war. Irgendwie habe ich es geschafft“, war Medwedew nach seinem 100. Spiel bei einem Grand-Slam-Turnier erleichtert.
Das Match bot den Zusehern nicht nur fantastische Ballwechsel, sondern eine ungewohnte Szene: Nach einem verlorenen Punkt warf Hurkacz seinen Schläger auf die andere Seite des Netzes, was Medwedew mit einem bösen Blick quittierte. Nachdem der Wurf wohl eher unabsichtlich passierte und sich der Pole umgehend entschuldigte, hatte der Vorfall keine Konsequenzen. Hier sehen Sie die Szene im Video:
Für Olympiasieger Zverev, der immer noch seinem ersten Major-Titel hinterherläuft, sich aber in prächtiger Form präsentierte, ist es das zweite Halbfinale beim „happy slam“ in Australien. Mit dem Sieg über Alcaraz gelang ihm auch die Revanche für die Viertelfinal-Niederlage bei den US Open 2023. Durch die Niederlage von Alcaraz ist das Rennen um die Nummer eins nach den Australian Open entschieden. Selbst wenn Djokovic im Halbfinale verliert und Medwedew den Titel holt, bleibt der Serbe vorne.
Bereits zuvor hatte sich im Frauen-Turnier die ukrainische Qualifikantin Dajana Jastremska für das Halbfinale qualifiziert. Die 23-Jährige setzte sich gegen die ebenfalls überraschend im Viertelfinale stehende, 19-jährige Tschechin Linda Noskova mit 6:3,6:4 durch. Jastremska steht als erste Qualifikantin seit 46 Jahren im Halbfinale „down under“. Sie verwandelte in der Rod Laver Arena nach 1:19 Stunden ihren ersten Matchball und machte ihren bisher größten Erfolg perfekt.
Im Halbfinale trifft Jastremska am Donnerstag auf die als Nummer zwölf gesetzte Chinesin Zheng Qinwen. Diese setzte sich gegen die Russin Anna Kalinskaja nach verlorenem ersten Satz mit 6:7(4),6:4,6:1 durch. Zheng steht erstmals in einem Major-Halbfinale und ist dort Favoritin. Die Weltranglisten-15. darf sich fix über das Erreichen eines Meilensteins freuen, steht sie doch unabhängig vom weiteren Turnierverlauf als neue Top-Ten-Spielerin fest. Das andere Halbfinale bestreiten in einer Wiederholung des US-Open-Endspiels Titelverteidigerin Aryna Sabalenka aus Belarus und US-Open-Champion Coco Gauff aus den USA.
„Es ist schön, Geschichte zu schreiben. 1978 war ich noch nicht einmal geboren“, sagte Jastremska nach ihrer souveränen Leistung. „Es hat sich gar nicht so angefühlt, dass ich richtig gut gespielt habe. Aber ich bin überglücklich, dass ich im Halbfinale stehe.“ Jastremska widmete ihren überraschenden Siegeszug ihren vom russischen Angriffskrieg gebeutelten Landsleuten. „Ich bin stolz auf unsere Kämpfer in der Ukraine“, schrieb Jastremska nach der Partie auf die Linse der Fernsehkamera. Im Tennis ist es üblich, dass die Sieger nach dem Spiel Botschaften auf die Kameras schreiben.
„Sie verdienen wirklich unseren Respekt. Ich versuche immer, etwas über die Ukraine zu schreiben“, sagte Jastremska. „Ich denke, das ist meine Mission hier. Ich will einfach ein Signal an die Menschen in der Ukraine senden, dass ich wirklich stolz auf unser Land bin.“ Auch andere ukrainische Spielerinnen wie Marta Kostjuk oder Elina Switolina hatten ihre Erfolge in Melbourne dazu genutzt, auf die nach wie vor schwierige Situation in der Heimat hinzuweisen. „Der Krieg läuft immer noch. Es sterben immer noch Menschen“, hatte Kostjuk zum Beispiel gesagt.