Der Osttiroler Felix Gall machte am Samstag auf dem von mehreren sturzbedingten Aufgaben geprägten 14. Teilstück fünf Plätze gut. Im Kampf um Gelb behauptete Titelverteidiger Jonas Vingegaard einmal mehr seine knappe Gesamtführung vor Tadej Pogacar. Der Däne führt vor der nächsten Bergetappe mit erneut über 4000 Höhenmetern zehn Sekunden vor dem Slowenen.

Den Etappensieg nach 152 km am Samstag in Morzine sicherte sich fünf Sekunden vor Pogacar und Vingegaard der Spanier Carlos Rodriguez. Der Ineos-Profi setzte sich damit an die dritte Stelle. Gall kam nicht ganz zwei Minuten nach dem Toptrio gemeinsam mit dem in der Anfangsphase in einen Massensturz verwickelten Ex-Giro-Sieger Jai Hindley an. Insgesamt beträgt der Rückstand des AG2R-Fahrers zwölfeinhalb Minuten.

Gall steuert auf eine erst sehr selten von Österreichern erreichte Tour-Marke zu. Top-Ten-Ergebnisse im Schlussklassement der Frankreich-Rundfahrt hat es in der Neuzeit bisher erst zweimal gegeben. Peter Luttenberger war 1996 Fünfter, Georg Toschnig 2004 Siebenter. Bis Paris ist es aber noch sehr weit, es folgt auch noch ein Zeitfahren, das Gall nicht liegt. Am Sonntag kann er auf der dritten harten Kletterpartie in Serie wieder seine hervorragende Bergform ausspielen. "Es war ein Megatag und eine große Überraschung, dass ich da mitfahren kann. Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht weiß, was die nächsten Tage passiert. Ich gebe jeden Tag 100 Prozent, aber das ist ein komplett neues Level, auf dem ich fahre", sagte Gall nach der 14. Etappe – und weiter: "Ich bin nicht der Einzige, der erschöpft, müde und am Limit ist. Aber ich muss schauen, was mein Körper und mein Kopf zu all dem in den nächsten Tagen sagen. Da braucht man schon eine ordentliche Schmerztoleranz."  

Zwei gewonnene Positionen von Gall waren dem Sturzpech von Louis Meintjes und Romain Bardet zuzuschreiben. Der mit einem Schlüsselbeinbruch ausgeschiedene Südafrikaner gehörte in der Anfangsphase zu den Opfern eines Massensturzes in einer Abfahrt, der einen 20-minütigen Neutralisationsstopp des gesamten Feldes zur Folge hatte. Von den rund 30 in den Crash involvierten Fahrern erlitten zahlreiche Prellungen und Abschürfungen, auch der bisherige Gesamt-Dritte Hindley war lädiert. Nach der Wiederaufnahme des Rennens erwischte es in einer anderen Abfahrt den ehemaligen Tour-Zweiten Bardet. Insgesamt gab es sieben Aufgaben.

Das Jumbo-Team von Vingegaard ließ auf dem Teilstück mit fünf Bergwertungen keine Fluchtgruppe aussichtsreich weit wegkommen. Die letzten Ausreißer wurden bereits im vorletzten langen Anstieg gestellt. Das Tempodiktat der Gelb-Schwarzen dezimierte das Feld schon 60 kam vor dem Ziel rapide. Gall hielt sich bergauf wieder bravourös, verlor in der langen Highspeed-Abfahrt Richtung Les Gets wie Simon Yates jedoch zwischenzeitlich den Anschluss.

Vor dem finalen Hors-Kategorie-Berg Col de Joux Plane schaffte es Gall aber wieder zurück in die Spitzengruppe mit Felix Großschartner als Unterstützer von UAE-Chef Pogacar. Während Großschartner und auch einige der Kapitäne bald nicht mehr mitkamen, blieb Gall bis fünf Kilometer vor dem höchsten Punkt an den Topstars dran und hielt danach sein hohes Tempo.

Vorne entbrannte wenig später die Fortsetzung des Schlagabtausches von Vingegaard mit Pogacar, die einen gewonnenen Zwischensprintbonus für den Dänen und einen für den Slowenen im Ziel, aber wieder keine entscheidenden Abstände brachte. Vingegaard vergrößerte seinen Vorsprung nach vierstündiger Arbeit um eine läppische Sekunde. Ineos-Profi Rodriguez entwischte den beiden Topstars mit einer risikoreichen Abfahrt, der 22-Jährige fuhr seinen ersten Grand-Tour-Etappenerfolg ein.